Ex-Grüner wird Parlamentschef in Frankreich
27. Juni 2017Ungeachtet der zahlreichen Novizen in der Präsidentenpartei "La République en Marche" (LREM) klappte der Auftakt der Sitzungsperiode der Nationalversammlung reibungslos. Mit 353 von 543 gültigen Stimmen wurde der Abgeordnete Francois de Rugy (Artikelfoto) zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt. Der 43-Jährige war früher Co-Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Nationalversammlung. Zu Jahresbeginn hatte er sich noch bei der Vorwahl der Sozialisten und Linken für die Präsidentschaftskandidatur beteiligt, war aber klar unterlegen.
Bei der Parlamentswahl in diesem Monat war de Rugy dann für "La République en Marche" angetreten. Die Partei des sozialliberalen Präsidenten Emmanuel Macron hatte 308 der 577 Sitze in der Nationalversammlung gewonnen, die verbündete Zentrumspartei MoDem kam auf 42 Plätze.
Die Sozialisten und die bürgerliche Rechte, die über Jahrzehnte hinweg die Geschicke des Landes bestimmten, landeten weit abgeschlagen. Die Opposition in der ersten Parlamentskammer ist zersplittert. Bundestagspräsident Norbert Lammert wünschte de Rugy bei der parlamentarischen Arbeit Erfolg und eine glückliche Hand. Das neue französische Parlament stehe vor besonderen Herausforderungen, da viele Mitglieder zum ersten Mal eingezogen seien.
Endgültiger Bruch mit den Sozialisten
Derweil konnte das Lager des Präsidenten Macron weiteren prominenten Zulauf verbuchen. Ex-Premierminister Manuel Valls kündigte an, die Sozialisten zu verlassen, um die Mehrheit des Präsidenten zu unterstützen. "Ich stelle mit viel Bitterkeit, viel Traurigkeit fest, was aus der Sozialistischen Partei geworden ist", sagte der 54-Jährige im französischen Radiosender RTL.
Die Trennung zwischen Valls und seiner gebeutelten Partei hatte sich schon seit Monaten angebahnt: Bei der Präsidentschaftsvorwahl der Sozialisten unterlag Valls, ein Vertreter des rechten Parteiflügels, im Januar dem Parteilinken Benoît Hamon. Er stellte sich anschließend hinter den unabhängigen Kandidaten Macron und damit gegen Hamon, der ein Wahldebakel erlebte.
Bei der Parlamentswahl trat Valls dann als unabhängiger Kandidat an: Er wurde weder von den Sozialisten, noch von Macrons Partei aufgestellt. Beide Parteien schickten in seinem Wahlkreis aber auch keine Gegenkandidaten ins Rennen. Valls wurde mit einem äußerst knappen Vorsprung in die Nationalversammlung wiedergewählt.
Er war unter Präsident François Hollande von 2012 bis 2014 Innenminister und danach Regierungschef.
SC/uh (afp, dpa)