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Die Uhr tickt

23. Februar 2007

Die Menschheit hat dem Weltklimabericht zufolge höchstens bis zum Jahr 2020 Zeit, um eine Klimakatastrophe zu verhindern. Doch der nötige Umbau ist mit relativ geringen Kosten zu schaffen, glauben Experten.

Eisbären sind durch die Erderwärmung schon jetzt akut bedroht, Quelle: AP
Eisbären sind durch die Erderwärmung schon jetzt akut bedrohtBild: AP

Es ist fünf vor zwölf beim Klimaschutz. Doch Befürchtungen, dass drastische Beschränkungen die Konjunktur gefährden könnten, seien unbegründet, glaubt einer der Autoren des Berichts, der Potsdamer Klimaökonom Ottmar Edenhofer. Marktwirtschaften würden "ungeheuer flexibel reagieren können, wenn es neue Herausforderungen gibt", sagte Edenhofer der Frankfurter Rundschau (Freitagsausgabe, 23.2.07) "Es ist nicht wahr, dass eine CO2-Reduzierung Einbußen am Wachstum bedeutet."

"Verbot von Glühbirnen ist Unfug"

Die Kosten für den Klimaschutz-Umbau in Industrie, Haushalten, Verkehr und Landnutzung schätzte Edenhofer auf etwa ein Prozent des Bruttosozialprodukts. "Der Umbau ist mit relativ geringen Kosten zu schaffen", sagte er der "Frankfurter Rundschau" allerdings müssten die Regierungen möglichst schnell beginnen. Andere UN-Klimaforscher rechnen dem Bericht zufolge mit bis zu vier Prozent des Sozialprodukts.

Die Diskussion über einen Ausstieg aus dem Atomausstieg kritisierte Edenhofer als "Geisterdebatte". Die Atomenergie "kann keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten", sagte er am Donnerstagabend in den ARD-"Tagesthemen". Sie werde auch in Zukunft "nur ein Nischendasein führen". Wichtiger zur Abwendung der drohenden Klimakatastrophe seien drei andere Schritte: die Nutzung erneuerbarer Energien, die Verbesserung der Energiebilanz von Gebäuden und die Abscheidung und unterirdische Lagerung des freigesetzten Kohlenstoffs von Kraftwerken. Ein Verbot von Glühbirnen wie in Australien nannte Edenhofer "völligen Unfug".

Multi-Gas-Strategie

Dem dritten, noch unveröffentlichten dritten Teil des Weltklimaberichtes der Vereinten Nationen zufolge, der am Mittwoch in Teilen bekannt wurde, muss der Ausstoß von Treibhausgasen spätestens bis zum Jahr 2020 substanziell abnehmen, um unumkehrbare Prozesse wie das Abschmelzen der Eisschilde in Grönland und die Übersäuerung der Ozeane noch aufzuhalten. 16 Billionen Dollar (12,16 Billionen Euro) sollen bis 2030 vornehmlich in CO2-arme Technologien gesteckt werden.

Aber die Weltgemeinschaft dürfe sich nicht mehr nur auf klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) konzentrieren. Stattdessen müsse eine "Multi-Gas-Strategie" auch die Zunahme von Methan, Lachgas und anderer Treibhausgase in der Atmosphäre eindämmen. Damit seien nicht mehr nur Autos und Kraftwerke im Fadenkreuz der Klimaforscher, Diplomaten und Politiker, hieß es. Methan und Lachgas stammen zu einem Großteil aus Viehhaltung, Nassreisanbau beziehungsweise Stickstoffdüngung in der Landwirtschaft.

Biokraftstoffe und Hybridfahrzeuge

Den Forschern zufolge sollte die CO2-Konzentration in der Atmosphäre auf einem Niveau von höchstens 420 Anteilen pro einer Million Luftmoleküle (ppm) stabilisiert werden. Aktuell betrage dieser Wert aber schon 383 ppm, und jährlich kämen aktuell 2,5 hinzu. Die Warnung des Klimarates: Die Zielmarke sei "nur in den stringentesten Szenarien" noch zu erreichen - und damit ein Stopp der globalen Erwärmung bei maximal zwei Grad Celsius. Ein Überschreiten dieser Temperaturschwelle muss nach Ansicht vieler Klimaforscher vermieden werden, weil die Folgen des globalen Wandels dann unbeherrschbar würden. Die Autoren der insgesamt sechs Studien nennen Werte zwischen 48 und 86 Prozent, um die der Gas-Ausstoß bis 2050 im Vergleich zu 2000 gedrosselt werden müsste.

Das von den Vereinten Nationen beauftragte Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) schlägt ein ganzes Bündel von Maßnahmen vor. Dazu gehören der verstärkte Einsatz von Biokraftstoffen, Hybridfahrzeuge, neue Atomkraftwerke, aber auch die Umstellung des Reisanbaus auf Sorten, die nicht mehr im Wasser wachsen müssen, wodurch weniger klimabelastendes Methan erzeugt wird. (stu)

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