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Athen sollte beim IWF anklopfen

12. Februar 2010

Auf dem EU-Sondergipfel gab es zwar vollmundige Solidaritätsadressen für Griechenland, aber keine finanziellen Zusagen. Unterdessen raten Experten Griechenland, Hilfe beim Internationalen Währungsfonds zu suchen.

Merkel und Sarkozy auf dem EU-Sondergipfel (apn)
Nur Solidaritätsadressen: Merkel und Sarkozy auf dem EU-SondergipfelBild: AP
Keine rosigen Aussichten: Griechenlands Premierminister George PapandreouBild: AP

Drei Forscher des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) haben auf knapp 100 Seiten untersucht, wie hoch die Gefahr eines Staatsbankrotts für Griechenland ist. Noch lägen die Zinsen für griechische Staatsanleihen mit etwa sieben Prozent niedriger als zu Beginn der 90er Jahre, sagt Jürgen Matthes, einer der Autoren der Studie. "Die Gefahr ist allerdings, dass die Finanzmärkte nervös werden, die Zinsen immer weiter nach oben treiben, und es irgendwann für Griechenland schwierig wird, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Dann haben wir das Problem eines möglichen Staatsbankrotts."

Und nicht nur das: Eine Pleite Griechenlands könnte einen Flächenbrand auslösen, andere Staaten könnten wie die Dominosteine fallen. Sie heißen Spanien, Italien, Irland und Portugal – genau die Länder, die seit der Einführung des Euro über ihre Verhältnisse gelebt und permanent an Wettbewerbsfähigkeit verloren haben. "Der eigentliche Brandherd ist nicht Griechenland, sondern Spanien", schreibt zum Beispiel Ökonomie-Nobelpreisträger Paul Krugman in seinem Blog für die New York Times. Der Grund: Spanien ist zwar mit 11,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht ganz so hoch verschuldet wie Griechenland mit seinen 12,7 Prozent. Doch Spaniens Wirtschaft ist viereinhalb mal so groß wie die griechische – entsprechend größer ist das Gefahrenpotenzial für die Eurozone.

Neue Finanzkrise?

Letzter Ausweg aus der Krise? Der Internationale WährungsfondsBild: DW

Das könnte sogar zu einer neuen Finanzkrise führen, meint IW-Forscher Jürgen Matthes: "Wir wissen, dass die griechischen Staatsanleihen und die Anleihen anderer gefährdeter Staaten in den Portfolios von Banken, Versicherungen und Investmentfonds liegen. Sollten diese Staaten bankrott gehen, dann droht den Finanzakteuren neues Ungemach, eine erneute Finanzkrise. Das wäre in der Tat ein sehr düsteres Szenario."

Erschwerend kommt hinzu, dass eine Rettung Griechenlands durch die gesunden Euroclub-Mitglieder gegen geltendes europäisches Recht verstoßen würde. Denn in Paragraph 103 des Maastricht-Vertrages ist die so genannte "No-Bailout-Klausel" verankert. Sie besagt, dass kein Staat in der Eurozone für die Verbindlichkeiten eines anderen Landes aufkommen darf. Eine interne Rettung Griechenlands würde nicht nur gegen europäisches Recht verstoßen, sondern sofort die Begehrlichkeiten der anderen Wackelkandidaten wecken.

Die Forscher des Instituts der Deutschen Wirtschaft raten deshalb zu einer ganz bitteren Medizin: Griechenland solle beim Internationalen Währungsfonds vorstellig werden. "Der Internationale Währungsfonds ist darauf spezialisiert, in solchen Fällen einzugreifen. Er vergibt seine Kredite aber nur gegen harte Auflagen. Dafür ist er bekannt, und das ist auch glaubwürdig – glaubwürdiger jedenfalls als das, was wir hier in Europa haben." Es gebe zwar die "No-Bailout-Klausel", argumentiert Matthes, aber die Folgen eines Staatsbankrotts wären so groß, dass man von europäischer Seite doch in irgendeiner Form eingreifen müsste. "Also ist die 'No-Bailout-Klausel' letztlich nicht glaubwürdig. Der Internationale Währungsfonds wäre dagegen glaubwürdig, weil er von seinen Statuten her Bedingungen vorschreiben muss."

Euro-Regeln ohne Biss

Hält Europas Institutionen für zu schwach: Jürgen Matthes vom Institut der Deutschen WirtschaftBild: Jürgen Matthes

Den Institutionen der Europäischen Währungsunion fehle es letztlich an Durchsetzungs- und Sanktionskraft, um für hauhaltspolitische Disziplin zu sorgen, sagen die Forscher des IW. Der IWF sei es dagegen gewöhnt, die Rolle des Sündenbocks zu übernehmen. "Der politische Widerstand gegen einen verordneten Sparkurs würde sich dann nicht gegen Europa, sondern gegen den Währungsfonds richten. Das ist politisch eine elegantere Lösung", ist Matthes überzeugt.

Doch für viele europäische Politiker ist dieser Schritt undenkbar, obwohl der IWF schon einigen osteuropäischen Ländern geholfen hat. Denn der Hilferuf in Richtung Washington käme dem Eingeständnis gleich, dass der Euroclub nicht in der Lage ist, alleine mit den Problemen fertig zu werden. Jürgen Matthes indes warnt vor falschem Stolz: "Der IWF ist unserer Meinung nach das kleinere Übel im Vergleich dazu, dass die europäische Integration insgesamt gefährdet werden könnte."

Autor: Rolf Wenkel
Redaktion: Klaus Ulrich

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