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US-Irrweg

Ludger Schadomsky (rri)9. Januar 2007

Der US-Luftangriff auf ein somalisches Dorf zeugt von konzeptloser US-Politik am Horn von Afrika - und erneuten Fehlentscheidungen im Kampf gegen den Terror, sagen Experten.

Eine Karte von Somalia mit der Gegend um Ras Kamboni an der kenianischen Grenze. (Quelle: AP)
US Angriff in der Gegend um Ras Kamboni an der kenianischen GrenzeBild: AP

Mit den Luftangriffen eines US-Kampfflugzeuges gegen Stellungen mutmaßlicher Extremisten in Süd-Somalia haben sich die USA nun auch offiziell in die Somalia-Krise eingemischt, nachdem äthiopische und somalische Truppen bei ihrer Verfolgung islamistischer Elemente offenbar bereits auf US-Militärlogistik zählen konnten. Die konzertierte Aktion, die ab Dienstag durch Aufklärungsflüge über Somalia erweitert wird, macht einmal mehr deutlich, dass Washington die so genannte afrikanische Front am Horn als eine der zentralen in ihrem globalen Anti-Terrorkampf ansieht.

Es war die erste - zumindest offizielle - US-amerikanische Militärintervention in Somalia seit der gescheiterten Mission von 1994, die als "Black Hawk Down" (gemeint ist ein abgeschossener US-Kampfhubschrauber) in das kollektive amerikanische Gedächtnis einging und seitdem, verstärkt durch die traumatischen Anschläge vom 11. September 2001, die Politik Washingtons am Horn von Afrika bestimmt.

Die US-Regierung hat die Luftangriffe auf mutmaßliche Mitglieder des Terrornetzes El Kaida im Süden von Somalia am Dienstag (9.1.07) bestätigt. Die Angriffe seien am Sonntag erfolgt, sagte Außenamtssprecher Sean McCormack. Die USA wollten verhindern, dass El-Kaida-Mitglieder aus Somalia fliehen und andernorts Zuflucht suchen können. Bei den Luftangriffen auf Aufenthaltsorte mutmaßlicher Terroristen in Somalia sind nach Angaben der somalischen Übergangsregierung etwa 30 Menschen ums Leben
gekommen.

Angriffszeitpunkt verwundert

Das Ziel des Luftangriffs sollten nach US-Angaben einige der meistgesuchten Terroristen sein (Archivbild)Bild: AP

Der Einsatz eines AC-130 Bombers gegen das Dorf Hayo in unmittelbarer Nähe zur Grenze mit Kenia galt nach US-Angaben den Drahtziehern des Anschlages auf die US-Botschaften in Ostafrika im Jahr 1998, bei denen mehr als 220 Menschen getötet wurden, und damit den Staathaltern der Al Kaida in Ostafrika. Abu Talha al-Sudani, ein Sprengstoffexperte aus Sudan, gilt als Kopf, weitere Verdächtige sind der Komore Fazul Abdullah Mohammed und der Kenianer Saleh Alio Saleh Nabhan. Äthiopische und somalische Truppen haben al-Sudani seit den Weihnachtstagen gejagt, es gilt als gesichert, dass die USA Luftaufklärung beigesteuert haben.

Es ist weniger die Tatsache, als vielmehr der Zeitpunkt des Militärschlages, der Somalia-Beobachter verwirrt. Noch am Freitag vergangener Woche hatten die USA innerhalb der Somalia-Kontaktgruppe das Primat politischer Verhandlungen betont und Mittel für eine afrikanische Friedenstruppe in Aussicht gestellt.

Annette Weber, Somalia-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, kritisiert den Angriff zum jetzigen Zeitpunkt, an dem "die Amerikaner strategisch ganz andere Positionen vertreten sollten". Weber sieht darin "kein Muster, das Horn, oder Somalia, stabil zu halten", was für Enduring Freedom, den Anti-Terror-Kampf der Amerikaner in der Region, eine Grundlage wäre.

USA "ohne Konzept"

Die US-Intervention könnte die War Lord wieder erstarken lassen (Archivbild)Bild: AP

Einmal mehr fragen Beobachter nach der Road Map der Amerikaner am Horn: Die schlecht beratene und handwerklich katastrophale CIA-Unterstützung für die somalischen Kriegsherren, die sich in einer so genannten Allianz für die Wiederherstellung des Friedens und des Kampfes gegen den Terrorismus zusammengeschlossen haben, hat die Machtergreifung der Islamisten in Mogadischu eher befördert als verhindert - und Washington viel politischen Kredit gekostet. Mit dem neuen Militärschlag hat sich die Gefahr eines Guerillakrieges am Horn weiter erhöht.

Die Amerikaner hätten versucht, auf einzelne Personen und Clans zu setzen - auf Kosten einer möglichen Lösung für das ganze Land, sagt Weber. "Die Fragmentierung, die jetzt stattfinden wird, der Rückfall in das alte Warlord-System, kann unter dem, was sich Enduring Freedom zum Ziel gesetzt hatte, nicht zielführend sein."

Darüber hinaus könnte ein als aggressiv empfundenes Auftreten der USA zu einer Irakisierung des Regionalkonflikts führen, sagt Nancy Dahdouh, Geheimdienstexpertin am Terrorism Research Centre in Virginia, USA: "Wenn die Amerikaner zu massiv und direkt in der Region und in Somalia intervenieren, wird das zu vermehrten Guerilla-Angriffen führen, insbesondere auf westliche Ziele in Somalia, Äthiopien und Kenia."

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