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Experten werfen USA falsche Nordkorea-Politik vor

Martin Schrader10. Februar 2005

Die Drohung Nordkoreas mit Atomwaffen sei das Resultat einer verfehlten Nordkorea-Politik der USA, sagt Patrick Köllner vom Institut für Asienkunde in Hamburg. "Das Ganze ist ein Schlag ins Gesicht der US-Regierung."

Südkoreanische GrenzpostenBild: AP

In einer mehr als zweiseitigen Erklärung hat Nordkoreas staatliche Nachrichtenagentur KCNA am Donnerstag (10.2.2005) bekannt gegeben, dass das Land über Atombomben verfüge. Die Erklärung liest sich jedoch weniger als Drohung denn als Verteidigungsschrift. Tenor: Man fühle sich bedroht von den USA und wolle sich verteidigen. Die Erklärung steckt voller Vorwürfe an die Regierung von US-Präsident George W. Bush. "Die Absicht der Bush-Regierung, die DPRK (Democratic Peoples Republic Korea) zu bekämpfen, zu isolieren und um jeden Preis zu ersticken, ist völlig klar. Wir rufen die USA erneut dazu auf, ihre feindselige Politik gegenüber der DPRK mit dem Ziel eines Regime-Wechsels aufzugeben und zu einer Politik der friedlichen Koexistenz der beiden Länder zu wechseln."

Die Bush-Regierung habe diese Aufforderung abgelehnt, teilt das nordkoreanische Außenministerium weiter mit. Man habe keinen Grund, die diplomatischen Verhandlungen über das Atomprogramm wieder aufzunehmen, solange man von den USA als "Außenposten der Tyrannei" bezeichnet werde.

Provokation

Die Erklärung Nordkoreas bestätigt die Theorie mehrerer Experten, die die Außenpolitik unter US-Präsident Bush für die Eskalation des Streits um das nordkoreanische Atomprogramm verantwortlich machen. "Auf jeden Fall können wir feststellen, dass in der Regierungszeit von Bush das Atomwaffen-Programm in Nordkorea wieder zu einer echten Gefahr geworden ist", sagt Patrick Köllner vom Institut für Asienkunde in Hamburg im Gespräch mit DW-WORLD. "Deswegen ist das Ganze ein Schlag ins Gesicht der US-Regierung."

Auch Hans-Joachim Schmidt von der 'Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung' wirft der Bush-Regierung vor, die Gefahr aus Nordkorea zu provozieren. Mit dem Amtsantritt der neuen US-Regierung unter Präsident Bush im Jahre 2001 habe sich die Nordkoreapolitik gewandelt. "Bush und die ihn unterstützenden Neokonservativen waren an einer Normalisierung der Beziehungen zur DPRK nicht interessiert", schreibt Schmidt in einer Analyse. Sie hätten stattdessen den verifizierbaren Verzicht auf alle Programme zur Herstellung nuklearer Waffen gefordert und Maßnahmen verabschiedet, die auch nukleare Angriffe auf nordkoreanische Ziele beinhalten. "Diese ideologisch motivierte Außenpolitik der USA hat mit der symbolhaften Einordnung der DPRK in die 'Achse des Bösen' die Krise wesentlich verschärft."

Japan im Schlepptau

Der Ansatz der US-Regierung gehe davon aus, dass die glaubwürdige Abrüstung der Massenvernichtungsmittel nur durch einen Regimewechsel garantiert werde, meint Schmidt. Und die Neokonservativen nutzten den Konflikt für die Rechtfertigung ihres Raketenabwehrprogramms und für die Sicherung der globalen militärischen Überlegenheit.

Japan hat sich nach den Worten Schmidts dieser aggressiven Politik gegenüber Nordkorea angeschlossen. Nationalkonservative Kräfte in der Liberaldemokratischen Partei und in der Regierung Japans wollten mit dem Konflikt vor allem die historischen Verfassungsbeschränkungen für den Einsatz der Selbstverteidigungskräfte aufheben. Zudem verfolgten sie das Ziel einer Umrüstung der Streitkräfte für weltweite Einsätze.

Atombomben-Einsatz denkbar

Köllner meint, dass nur ein wohlwollendes Angebot an Nordkorea das Land zum Einlenken bewegen kann. Ein solches Angebot müsse mehrere Komponenten vorsehen: Sicherheitsgarantien, diplomatische Beziehungen mit den USA, die Möglichkeit des Eintritts in internationale Organisationen, die Aufgabe noch bestehender Sanktionen und vor allen Dingen Wirtschafts- und massive Hilfen im Energiesektor. "Wenn man ein solches Paket auf den Tisch legt und nicht wie bisher von einem direkten Abbau des Nuklear-Programms als erstem Schritt abhängig macht, dann könnte sich Nordkorea dazu bereit erklären, bestehende Atomprogramme einzumotten." Sollte das Land jedoch das Gefühl gewinnen, es stehe mit dem Rücken zur Wand, dann, so Köllner, sei auch ein Einsatz der Atombombe denkbar.

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