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Politik

Explosionen auf der Krim: Wer war es?

Evgeny Zhukov
12. August 2022

Laut Kiew wurden auf dem Flugplatz Saki neun russische Kampfflugzeuge zerstört. Moskau dementiert. Vieles deutet auf einen ukrainischen Angriff hin. Doch auch davon will Moskau nichts wissen.

Eine leicht pilzförmige dunkle Rauchsäule steigt hinter Vegetation und Strommasten auf
Rauch steigt auf über dem Luftwaffenstützpunkt Sika nahe Novofedorivka auf der KrimBild: REUTERS

Mehr als zehn Explosionen hätten am Dienstag auf dem Militärflugplatz Saki im Westen der von Russland besetzten Krim schweren Schaden angerichtet. Das berichten ukrainische Medien unter Berufung auf Augenzeugen. Zahlreiche im Internet veröffentlichte Videos und Fotos zeigen zwei große Rauchsäulen. Die Ursache des Brandes ist aber noch genauso unklar, wie die Frage, ob der Brand nahe dem Ferienort Nowofedoriwka schon vor den Explosionen ausgebrochen war. Dem Telegram-Kanal "Crimea Today News" zufolge brannten die Landebahn und das Munitionsdepot. In dem Ort selbst seien Fenster von Wohngebäuden geborsten. Noch in 20 Kilometern Entfernung hätten die Erschütterungen Alarmanlagen von Autos ausgelöst.

Zunächst behauptete die russische Seite, niemand sei zu Schaden gekommen. Doch schon am nächsten Morgen wurden offiziell 14 Verletzte gemeldet, darunter zwei Kinder. Laut Berichten verlassen sowohl Touristen als auch Bewohner massenweise Nowofedoriwka.

Was ist über den Flugplatz Saki bekannt?

Das russische Verteidigungsministerium erklärte, auf dem Flugplatz Saki seien keine Kampfflugzeuge beschädigt worden. Doch in sozialen Medien kursieren Fotos, die angeblich ein Kampfjet-Wrack auf dem Flugplatz zeigen. Es gibt auch ein Video von vielen beschädigten und ausgebrannten Fahrzeugen. Laut Geolokalisierung entstand es auf einem Parkplatz etwa 700 Meter entfernt von den Depots, in denen sich die Explosionen ereigneten. Die Flugzeuge waren laut Satellitenbildern sogar noch viel näher dran. Den ukrainischen Streitkräften zufolge sind neun russische Kampfflugzeuge zerstört worden.

Satellitenaufnahme des Flugplatzes Saki nach den ExplosionenBild: Planet Labs PBC/AP Photo/picture alliance

Der Militärflugplatz Saki in der Nähe des Dorfes Nowofedoriwka wird vom russischen Verteidigungsministerium als Luftwaffenstützpunkt genutzt. Dort sind nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur TASS Kampfjets und Hubschrauber stationiert. Zudem gibt es dort ein Test- und Übungszentrum für Starts und Landungen von Marineflugzeugen. Stationiert ist dort das 43. russische Kampfflieger-Regiment. Das ukrainische investigative TV-Magazin "Schemy" stellt fest, dass der Flugplatz für Moskau enorm wichtig ist. Immer wieder sei er für Angriffe auf das Territorium der Ukraine genutzt worden.

Feuer oder Detonation

Laut ersten Vermutungen in der Lokalzeitung "Krymskaja Prawda" wurden die Explosionen von einem Brand infolge eines Tankunfalls ausgelöst. Später hieß es vom russischen Verteidigungsministerium, dass es in einem Munitionsdepot eine Explosion gegeben habe, die nicht auf einen Brand zurückzuführen sei.

Aus dem amerikanischen Institute for the Study of War (ISW) heißt es, der Kreml werde die Ukraine keiner Raketenangriffe auf einen Militärstützpunkt auf der Krim beschuldigen. Denn dies würde nur zeigen, dass die russische Luftverteidigung versagt hätte. Ähnlich sei dies beim Untergang des russischen Kriegsschiffs Moskwa gewesen, das im April im Schwarzen Meer sank.

Reaktion der Ukraine

Auch der ehemalige Berater im ukrainischen Innenministerium, Viktor Andrusow, meint: "Die Russen werden versuchen, den Angriff zu leugnen. Sie werden von einem Unfall, Brand oder von Sabotage sprechen." Laut Andrusow deuten die Explosionen auf dem Flugplatz darauf hin, dass die Streitkräfte der Ukraine bereits Raketen mit einer Reichweite von 200 bis 300 Kilometern einsetzten. "Zuzugeben, dass die Ukraine in 300 Kilometer Entfernung zuschlagen kann, wo sich Reserven und Depots befinden, würde bedeuten, Panik zu säen", schrieb Andrusow auf Telegram.

Mychajlo Podoljak, Berater im ukrainischen Präsidialamt, weist jedoch eine Beteiligung Kiews an den Explosionen zurück. "Wir haben damit nichts zu tun", sagte er dem russischen TV-Kanal "Doschd", der inzwischen von Lettland aus sendet. Kurz bevor die Explosionen bekannt wurden, hatte Podoljak getwittert: "Die Entmilitarisierung der Russischen Föderation ist ein integraler Bestandteil der Gewährleistung der globalen Sicherheit. Die Halbinsel Krim hat eine Zukunft als Perle des Schwarzen Meeres, als Nationalpark mit einzigartiger Natur und als Urlaubsgebiet von Weltrang, und nicht als Militärbasis für Terroristen."

Das ukrainische Verteidigungsministerium erklärte, die Brandursache sei unbekannt: "Fakt ist, dass das Feuer vom Terror-Staat [Russland, d.R.] im Informationskrieg ausgenutzt wird." Das Ministerium bemerkte sarkastisch, die Russen könnten am Ort der Explosionen noch "zufälligerweise" irgendwelche charakteristischen "Abzeichen", "Visitenkarten" oder "DNA-Spuren" entdecken. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte in seiner traditionellen abendlichen Videobotschaft, die Präsenz des russischen Militärs auf der Krim stelle eine Bedrohung für ganz Europa und die globale Stabilität dar.

Wer steckt nun hinter den Explosionen?

Die New York Times schreibt unter Berufung auf einen anonymen hochrangigen Vertreter der ukrainischen Armee, der Angriff auf den Flugplatz sei von Ukrainern durchgeführt worden, und zwar mit Waffen aus ukrainischer Produktion. "The Washington Post" berichtete mit Bezug auf einen anonymen Regierungsbeamten der Ukraine, hinter dem Angriff stünden ukrainische Spezialeinsatzkräfte.

Auch ISW-Experten vermuten dies und sprechen von ukrainischen Neptun-Schiffsabwehrraketen, die für Ziele am Boden modifiziert worden seien. Gleichzeitig weisen sie darauf hin, dass sich am selben Tag mehrere Explosionen auch in Depots des russischen Militärs in der südukrainischen Region Cherson ereignet hätten. Dies stehe im Widerspruch zur Erklärung Moskaus, auf dem Flugplatz habe es nur einen Brand gegeben.

Verschiedene Raketentypen aus ukrainischer Produktion kommen laut Experten für den Angriff auf die Luftwaffenstützpunkt Saki in FrageBild: REUTERS

Gustav Gressel, Militärexperte des European Council on Foreign Relations, meint, die Ukraine könnte Flugabwehrraketen vom Typ Grom oder Grom-2 aus eigener Produktion eingesetzt haben. Ohne die von den USA gelieferten Anti-Radar-Raketen gegen die russische Luftabwehr hätten sie ihr Ziel aber nicht erreichen können. Dies könne auch erklären, warum schon vor den ersten beiden starken Explosionen von der Militärbasis Rauch aufstieg, sagt Ruslan Leviev vom Conflict Intelligence Team, einer russischen, inzwischen in Georgien ansässigen unabhängigen Ermittlungsorganisation.

Sollten die Explosionen in Nowofedoriwka tatsächlich durch ukrainische Raketen ausgelöst worden sein, dann handelt es sich um die ersten Angriffe auf russische Einrichtungen auf der Krim, die Moskau als sein Territorium betrachtet.

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk

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