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Exportschlager Serbiens

14. Dezember 2004

- Otpor liefert Know-how für Bürgerrechtler

Bonn, 14.12.2004, DW-RADIO / Serbisch, Sasa Bojic

Die serbische "Otpor"-Bewegung hat vor einigen Jahren maßgebend zum Sturz von Slobodan Milosevic beigetragen. Damals erregten diese jungen Leute mit ihrer erfolgreichen Strategie des gewaltfreien Widerstands die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. Heute sind sie immer noch aktiv - als Instruktoren und Ausbilder der Widerstandsgruppen in verschiedenen Ländern. In der Ukraine hinterließen sie auch ihre Spuren. Ein Background von Sasa Bojic:

Wochenlang protestierten Hunderttausende von Demonstranten in der Ukraine wegen Wahlbetrugs. Was nicht so bekannt ist: dafür gab es bereits eine Generalprobe. Im April fand nämlich in der Stadt Mukatschewe im Westen des Landes die Bürgermeisterwahl statt. Es war ein Paradebeispiel der Wahlfälschung in Kombination mit Einschüchterungsmethoden und Gewalt: die internationalen Beobachter wurden von Skinheads verprügelt, und die Polizei tauschte echte Wahlurnen gegen präparierte aus. Es folgten Proteste und - die hatten Erfolg. Denn der von der Opposition unterstützte Kandidat wurde zum Wahlsieger erklärt. Die Proteste in Mukatschewe wurden von "Pora" ("Es ist Zeit") organisiert, einer Gruppe, die später in Kiew eine entscheidende Rolle spielte. Olga, eine der führenden Mitglieder der "Pora", war in den beiden Städten aktiv:

"Wir haben das Bild von Mukatschewe vergrößert und auf das ganze Land angewendet."

Dass die Methode so erfolgreich verlief, ist auf gute Vorbereitungen zurückzuführen, wo erfahrene Helfer und Instruktoren eine ganz wichtige Rolle spielten. Und die kamen aus dem Ausland, genauer gesagt - aus Serbien. Es sind dieselben Revolutionäre, die vor vier Jahren den Sturz von Slobodan Milosevic monatelang vorbereitet hatten: die Mitglieder von "Otpor" ("Widerstand"). Der Erfolg in Serbien machte sie zu gefragten Trainern und Multiplikatoren. "Sie brachten uns alles bei, was wir wissen", sagt die "Pora"- Aktivistin Olga.

Die Instruktoren von "Otpor" waren in der Ukraine nicht nur für die Organisation der Straßenproteste, sondern auch für die Wahlbeobachtung, die Motivierung der Wähler und den Wahlkampf selbst zuständig. Die hielten Kurse, deren Teilnehmer später selbst Trainer wurden und Dutzende von Gruppen in die erprobten Methoden von gewaltfreien Protesten einweihten. Sinisa Sikman, einer der erfahrensten Instruktoren der "Otpor", betont, dass die serbischen Erfahrungen den spezifischen Umständen in der Ukraine angepasst werden mussten. Die Leute in der Ukraine sind anders als in Serbien oder Georgien, sagt Sikman. Und dennoch:

"Ich muss sagen, die jungen Ukrainer, mit denen wir zusammenarbeiteten, die sind genauso kreativ, gebildet und humorvoll, wie es die serbische Jugend war, die gegen Milosevic protestierte."

Die Instruktoren von "Otpor" waren auch in Georgien dabei, als die Opposition dort 2003 Eduard Schewardnadse zum Rücktritt zwang. Die waren in Bosnien und der Türkei aktiv, jetzt sind sie neben der Ukraine auch in Weißrussland tätig. Die sind außerdem nicht nur für die revolutionären Umstürze spezialisiert: die arbeiten auch in westlichen Ländern als Instruktoren diverser protestierenden Umweltschutzgruppen und -bewegungen. Deswegen ist "Otpor" auch im Westen ein Begriff:

"Viele Journalisten aus verschiedenen Ländern sagten, sie würden das Wort 'Otpor' nicht übersetzen - das ist vielleicht das einzige serbische Wort überhaupt, das überall in Originalform ausgesprochen wird."

Nach der politischen Wende in Serbien gründeten die Instruktoren von "Otpor" in Belgrad ihr "Zentrum für den gewaltfreien Widerstand" - wo auch potenzielle Kunden sich melden können. Und das Wort "Kunde" ist überhaupt nicht falsch, denn, diese Instruktoren arbeiten auf professioneller Basis und werden für ihre Tätigkeit honoriert. (fp)