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Extinction Rebellion: Gefängnis für die Rettung des Planeten

16. April 2019

Das Klima gerät außer Kontrolle und Regierungen weltweit leugnen den Klimawandel: Das sagen Aktivisten und hoffen, um der Verteidigung unseres Planeten und des Überlebens der Menschheit willen im Gefängnis zu landen.

Extinction Rebellion auf den Straßen Londons
Bild: Getty Images/AFP/N. Halle'n

Viele Umweltschützer - allen voran die großen international agierenden Nichtregierungsorganisationen - haben lange Zeit argumentiert, dass Angstmacherei Menschen davon abhält, sich für den Klimaschutz zu engagieren. Wenn die Probleme nicht bewältigbar scheinen, fühlen wir uns hilflos und wenden uns ab.

Doch seit Forscher sagen, dass die Erde auf das sechste große Massenaussterben zusteuert und dass wir nur noch ein knappes Jahrzehnt haben, um einen verheerenden, unumkehrbaren Klimawandel abzuwenden, wächst die Zahl von Aktivisten, die überzeugt sind, dass nun Klartext geredet werden muss.

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In dieser Woche wollen sie weltweit zivilen Ungehorsam auf die Straßen tragen, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Menschheit selbst vom Aussterben bedroht ist, wenn nicht sofort etwas getan wird.

"Die Emissionen gehen weiter nach oben, wir können nicht mehr einfach so weitermachen", sagt Nick Holzberg, der in Berlin für Extinction Rebellion - zu deutsch "Aufstand gegen das Aussterben" - arbeitet. "Das einzige, was wir tun können, ist zivilen Ungehorsam üben."

Der Notstand

Extinction Rebellion tauchte erstmals im Herbst letzten Jahres auf, als tausende Demonstranten durch die Straßen Londons zogen. Die Aktivisten haben seitdem Themse-Brücken besetzt und sich im britischen Parlament bis auf die Unterhosen ausgezogen. Extinction Rebellion hat sich von Großbritannien aus auf 35 Länder ausgebreitet.

Nick Holzberg von Extinction Rebellion in Berlin riskiert bereitwillig eine Festnahme um Aufmerksamkeit auf die Klimakrise zu lenkenBild: DW/J. Wiltshire

Wie Klimaaktivistin und Schulstreikerin Greta Thunberg, die immer wieder politischen Führern sagt, sie sollten handeln, als ob das Haus bereits in Flammen steht, so glaubt auch Extinction Rebellion, dass nur Angst einen Wandel herbeiführen kann. Einen Wandel, der groß genug ist, damit die Welt, wie wir sie kennen, eine Überlebenschance hat.

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"Das ist in der Tat unsere letzte Chance. Es ist höchste Zeit", sagt Virginie Gailing, Designer und Aktivist aus Frankreich mit Lebensmittelpunkt Berlin.

Die Bewegung fordert, dass Regierungen den "Klima-Notfall" ausrufen, um in einen Krisenmodus zu wechseln, in dem "business as usual" nicht mehr reicht und der Klimaschutz zur Priorität gemacht wird.

Konkret verlangen sie, dass Regierungen sich verpflichten, bis 2025 CO2-neutral zu werden, und nicht erst Mitte des 21. Jahrhunderts, wie es die Europäische Union und viele nationale Regierungen anstreben.

Virginie aus Frankreich lebt in Berlin und sagt individuelle Veränderungen des Lebensstils seien nicht genug und ist deshalb aktiv bei Extinction RebellionBild: DW/J. Wiltshire

Da sie wenig Vertrauen haben, dass Regierungen solch radikale Kehrtwendungen allein vollziehen, fordert die Bewegung auch eine "Volksversammlung", die den Übergang beobachten soll.

Dabei lässt Extinction Rebellion sich von der US-amerikanischen Bürgerbewegung leiten und vom gewaltlosen Widerstand Mahatma Gandhis inspirieren, der mehr als 60.000 Bürger im friedlichen Kampf um die Unabhängigkeit Indiens ins Gefängnis brachte.

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Dutzende Aktivisten der Bewegung wurden bereits in Großbritannien inhaftiert. Und das war genau das, was sie wollten. Führende Aktivisten argumentieren, dass, wenn nur genügend normale Bürger hinter Gitter landen, die Medien, die Regierungen und die Öffentlichkeit aufgeschreckt sind.

Von der Party in den Knast

Der deutsche Ableger der Bewegung hat sich erstmals im Dezember zusammengefunden. Es gibt mehrere hundert Mitglieder, die sich regelmäßig treffen und Events vorbereiten. Sie vernetzen sich über die sozialen Medien, treffen sich in Gemeindeeinrichtungen und Cafés und diskutieren in Nachtclubs.

An diesem Montag lähmte die Gruppe den abendlichen Berufsverkehr rund um die Oberbaumbrücke im Herzen von Berlin mit einer Sitzblockade. Am Ende der Aktion ließen sich die Aktivisten friedlich von Polizisten bis zur nächsten Straßenkreuzung tragen. Ebenfalls geplant sind "Die-ins", bei denen sich Aktivisten eine Woche lang im öffentlichen Raum tot stellen wollen. Außerdem wird es weitere Demonstrationen und Gespräche geben.

Plakat- und Sticker-Aktionen von "Extinction Rebellion" in BerlinBild: DW/J. Wiltshire

"Wir müssen das Risiko der Verhaftung eingehen, denn ich denke, wenn wir nicht friedlich das Gesetz brechen, wird sich nichts ändern", sagt Holzberg. "Für mich ist das voll in Ordnung."

Nick ist frisch gebackener Universitätsabsolvent. In seiner schwarzen Kleidung sieht er aus wie einer der typischen Berliner Hipster. Zuvor hat er sich nie aktivistisch betätigt. Aber er war begeistert von dem, was die Bewegung in Großbritannien angestoßen hat.

"Diejenigen, die Extinction Rebellion in Großbritannien auf die Beine gestellt haben, haben sich hingesetzt und alles durchdacht", sagt Holzberg.

Individuelle Aktionen reichen nicht

Immer mehr machen mit, weil die Bewegung eine starke Botschaft vermittelt, heißt es bei Extinction Rebellion. Es brauche mehr, um die Menschen vom Weg der Zerstörung abzubringen, als zu recyclen, weniger Fleisch zu essen und das Auto abzuschaffen.

Extinction Rebels ziehen blank für den Planeten im Britischen UnterhausBild: Reuters/EXTINCTION REBELLION

"Was ich persönlich tun kann, reicht nicht", sagt Gailing, ein selbstgemachtes Extinction Rebellion-Abzeichen am Revers des Vintage-Tweeds. "Ich versuche, nichts Neues zu kaufen, für Designer eher ungewöhnlich, und meinen ökologischen Fußabdruck klein zu halten. Aber wir müssen alle gemeinsam handeln, um eine Katastrophe wirklich verhindern zu können."

"Ich verfolge die Klimaforschung seit einigen Jahren und fand es enorm schwierig, das alles zu verarbeiten", sagt Hal Zabin, ein 56-jähriger amerikanischer Informatiker, der seit 30 Jahren in Berlin lebt und diese Woche an den Protesten teilnehmen wird.

"Tatsächlich etwas zu tun, und das mit anderen gemeinsam in einem unglaublich positiven Umfeld, das hat mir neue Kraft gegeben."

 

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