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Politik

Extremismus als rhetorische Herausforderung

3. Mai 2018

Mit einem Plädoyer gegen die Feinde der Demokratie gewinnt die Deutsche Schule Athen (DSA) die griechischen Debattier-Meisterschaften. Ein Gespräch über junge Leute und Politik.

Griechenland Deutsche Schule Athen

Muss die Demokratie ihre Feinde aushalten? Wie viel Demokratie gebührt denjenigen, die sie bekämpfen? Mit diesen klassischen Fragen des Verfassungsrechts befasste sich das Team der Deutschen Schule Athen (DSA) bei den Debattier-Meisterschaften für Schüler Ende April. Nach einem überzeugenden Auftritt im alten Parlamentsgebäude der griechischen Hauptstadt erkämpften sich die jungen Redner den ersten Platz unter 79 Teams. Sieben Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe bilden das Team: Angelos Petrovas, Nikolas Stamatopoulos, Chari Kamarianou, Theodora Sfakianaki, Antonis Petroglou, Alexis Iliadis und Eirini Sotiropoulou, die darüber hinaus zur besten Rednerin gekürt wurde. Beachtenswerte Erfolge der im Jahr 1896 vom berühmten deutschen Archäologen Wilhelm Dörpfeld gegründeten Schule.

Seit 2011 führt die DSA das Gütesiegel "Exzellente Deutsche Auslandsschule" und blickt auf eine gewisse Tradition der Debattierkultur zurück - ist sie doch Austragungsort des griechischen "Model United Nations" Planspiels (MUN), bei dem Schüler in die Rollen von Diplomaten der Vereinten Nationen schlüpfen und weltpolitische Fragen erörtern. Nicht zuletzt die Sieger der Debattier-Meisterschaften haben beim MUN in den vergangenen Jahren viel Erfahrung als Redner sammeln können. "Ich mag es anderer Meinung zu sein, weil dadurch eine spannende Konkurrenzsituation entsteht", sagt Nikolas der DW. Für Antonis ist es eine Herausforderung "eine Mindermeinung zu vertreten und die Menschen davon überzeugen zu wollen".

Demokratie und die Freiheit des Andersdenkenden

Dass Feinde der Demokratie an ihren Institutionen nicht teilnehmen dürfen, ist nicht unbedingt Minderheitsmeinung. Genau diesen Standpunkt mussten Antonis und seine Teamkollegen in ihrem Plädoyer vertreten. Anscheinend sind sie auch persönlich davon überzeugt. Es könne doch nicht sein, dass man als Feind der Demokratie Rechte wahrnimmt, aber Verpflichtungen nicht nachkommt, argumentiert Antonis im Gespräch mit der DW. Theodora vergleicht das Staatswesen mit einem menschlichen Organismus und meint, die demokratische Verfassungsordnung müsse gewappnet sein gegen eine Gefahr, genauso wie unser Körper Schädlinge bekämpft, um seiner potentiellen Selbstzerstörung vorzubeugen.

Aber ist Freiheit nicht die Freiheit des Andersdenkenden? Und wäre es nicht geradezu autoritär, wenn die Toleranz der Demokratie allein denjenigen zusteht, die sie ohnehin gut heißen wollen? "Da muss man differenzieren", erklärt Angelos. Natürlich dürfe man in einer Demokratie einen anders lautenden Standpunkt vortragen, doch die Demokratie müsse sich wehren können, wenn man den eigenen Standpunkt mit Gewalt durchzusetzen versucht. Dazu gehöre auch verbale oder psychologische Gewalt, gibt er zu bedenken.

Deutsche Schule in AthenBild: DW/J. Papadimitriou

Das Thema ist hochaktuell zu einem Zeitpunkt, da extreme und populistische Kräfte in Hellas und auch sonst in Europa an Unterstützung gewinnen. Die DSA-Schüler legen Wert darauf, dass sie nicht für oder gegen eine bestimmte politische Partei Stellung beziehen. Aber sie kennen die Schwierigkeit, mit Fanatikern eine Debatte führen zu wollen. Nikolas sagt, er versuche immer wieder mit Extremen ins Gespräch zu kommen, merke dann aber schnell, dass diese Leute ihre Augen vor der Realität verschließen und für Sachargumente nicht zugänglich sind. Leider müsse er dann genervt aufgeben.

"In Krisenzeiten sind viele Menschen auf der Suche nach einem Sündenbock und hetzen dann zum Beispiel gegen Flüchtlinge", fügt Antonis hinzu. Für Angelos sei die heutige Jugend allerdings nicht besonders radikal im Vergleich zu früheren Generationen. "In den Siebzigerjahren waren die extremen Linken auf dem Vormarsch, davor hatten die Rechtsextremen Zulauf und die Geschichte wiederholt sich eben", sagt er. Im Übrigen sei es zu viel verlangt, dass junge Menschen auf einmal alles besser machen. Die älteren Semester sollten bitte schön ebenfalls ihren Teil beitragen, mahnt Angelos, der sich durchaus vorstellen kann, selbst in die Politik zu gehen.

Angst vor der Verantwortung

Auch in Griechenland wird über Politikverdrossenheit geklagt - nicht zuletzt wegen der nicht enden wollenden Wirtschaftskrise. Dass über 40 Prozent der Wähler nicht einmal zur Urne gehen, ist kein gutes Zeichen für die jüngeren Generationen, darin sind sich die DSA-Schüler einig. Charis sieht die jungen Menschen allerdings auch in der Pflicht: Sie dächten konservativer und eher konventionell im Vergleich zu früheren Generationen. "Ich kenne so manche, die bei der nächsten Wahl volljährig und damit wahlberechtigt sind, aber sie zögern mitzumachen; als hätten sie Angst, Verantwortung zu übernehmen" moniert die Schülerin.

Außerdem vermisst sie das Engagement vieler jüngerer Menschen, die sich oft scheuen, auch mal auf die Straße zu gehen. Am allerwichtigsten sei aber, dass sie sich ausführlich informieren. Da trüge der Schein manchmal, sagt Charis: "Über Facebook gibt man sich als Politikinteressierter, Umweltfreund oder Feministin aus, aber wenn ich tiefer ins Gespräch komme, dann merke ich doch, dass es sich nur um ein oberflächliches Etikett handelt. Dieses Verhalten hat mich gelegentlich enttäuscht."