Keine Zinssenkung
2. Oktober 2008Die Europäische Zentralbank EZB hat trotz der zugespitzten internationalen Finanzkrise und des Konjunkturabschwungs den Leitzzins für die Euro-Zone nicht verändert. Wie die EZB am Donnerstag (2.10.2008) nach einer Sitzung des Zentralbankrats in Frankfurt am Main mitteilte, bleibt der Leitzins für mindestens einen weiteren Monat bei 4,25 Prozent.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet begründete diesen Beschluss mit einer anhaltend hohen Teuerung in den Ländern der europäischen Währungsunion. Allerdings habe der Inflationsdruck zuletzt nachgelassen.
Konjunktur abgebremst
Demgegenüber habe die Finanzkrise mittlerweile markante Bremsspuren in der Konjunktur hinterlassen. Die wirtschaftliche Aktivität in der Euro-Zone schwäche sich ab, konstatierte Trichet. Auch die Aussichten für die Wirtschaft hätten sich spürbar verschlechtert. Angesichts der hohen Anspannung an den Geldmärkten und immer neuer Fälle von Banken, die vom Staat gerettet werden müssten, sei die Lage "außergewöhnlich unsicher", sagte der EZB-Präsident.
Gerade in einer solch angespannten Situation sei es aber notwendig, sich klar zu machen, wie wichtig stabile Preise für die Wirtschaft seien, verteidigte Trichet den Beschluss der Euro-Währungshüter, den Leitzins zunächst nicht zu senken. Die US-Notenbank hat ihren Leitzins wegen der Finanzkrise seit Sommer 2007 massiv auf 2,0 Prozent gesenkt. Niedrige Zinsen kurbeln tendenziell die Wirtschaft an. Sie erhöhen jedoch auch das Inflationsrisiko.
Sarkozy lädt zu Vierer-Gipfel
Unterdessen hat der französische Präsident und EU-Ratsvorsitzende Nicolas Sarkozy Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs von Großbritannien und Italien, Gordon Brown und Silvio Berlusconi, für Samstag (4.10.2008) zu Gesprächen über die internationale Finanzkrise nach Paris eingeladen. Auch EU-Kommissionspräsident Manuel Jose Barroso und Trichet werden an den Beratungen teilnehmen.
Zugleich ging Sarkozy ging auf Distanz zu Plänen eines EU-Fonds über 300 Milliarden Euro zur Rettung taumelnder Banken. Er dementierte "sowohl den Betrag als auch das Prinzip" eines europäischen Fonds. Seine Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde hatte im deutschen "Handelsblatt" vom Donnerstag noch Überlegungen angestellt, ob nicht eine europäische Auffanglösung für angeschlagene Finanzinstitute notwendig sei.
Merkel: Kein Blankoscheck für Banken
Auch die deutsche Bundesregierung lehnt einen europäischen Rettungsfonds nach US-Vorbild ab. Kanzlerin Merkel wandte sich in der "Bild"-Zeitung gegen einen "Blankoscheck für alle Banken": "Es kann nicht sein, dass jeder Handwerker nach DIN-Normen arbeiten soll und viele Geräte vom TÜV geprüft werden", so Merkel, "während auf dem Finanzmarkt etliche Milliarden-Produkte umlaufen, für die keine ausreichenden Regeln gelten."
Für mehr Transparenz im Finanzmarkt sprach sie sich auch im Rahmen der russisch-deutschen Konsultationen in St. Petersburg aus. Bei den Gesprächen stand die internationale Finanzkrise im Mittelpunkt. Sowohl Merkel als auch der russische Präsident Dmitri Medwedew verfolgen dabei die gleiche Position: Zur besseren Krisenbewältigung müssten neue internationale Mechanismen geschaffen werden. "Wir haben noch nicht die Architektur der Welt, in Form von internationaler Kooperation, wie wir sie brauchen", sagte Merkel. Der Reformbedarf reiche vom UN-Sicherheitsrat bis zur Regulierung der Finanzmärkte.
Ähnlich äußerte sich Medwedew: "Die Zeiten der Dominanz einer Wirtschaft und einer Währung sind unumkehrbar vorbei", sagte er mit Blick auf die USA, wo die Krise begann. Zur Bewältigung bedürfe es kollektiver Lösungen. "Es ist schlimm, dass wir das erst jetzt einsehen." Merkel hatte bereits im vergangenen Jahr auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm eine Initiative für mehr Transparenz auf den Finanzmärkten gestartet. Damals war sie noch am Widerstand der USA und Großbritanniens gescheitert. Der Unterstützung Medwedews bei diesem Ansatz kann sie sich sicher sein. (wl)