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PolitikIsrael

Fünf Jahre Abraham-Abkommen: Was hat sich geändert?

15. September 2025

Israel normalisierte unter US-Vermittlung seine Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Marokko und dem Sudan. Was ist seitdem geschehen - und wie hat sich die Lage entwickelt?

Bei der Zeremonie zur Unterzeichnung der Abraham-Abkommen: Der bahrainische Außenminister Abdul Latif bin Raschid Al Zayani, der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu, US-Präsident Donald Trump und der Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate Abdullah bin Zayed Al Nahyan.
Seit den Abraham-Abkommen, die 2020 zwischen Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain unterzeichnet wurden, sind keine weiteren Länder dazugekommen - es ist aber auch keines ausgetretenBild: Alex Wong/Getty Images

Am 15. September 2020 trafen sich die Außenminister und Staatschefs der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Bahrains und Israels mit US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus, um erstmals Verträge zwischen den Ländern zu unterzeichnen. Diese Abraham-Abkommen stehen für die diplomatische Normalisierung der Beziehungen zwischen diesen Nationen. Etwas später, im Dezember 2020 trat auch Marokko den Abkommen bei, und der Sudan unterzeichnete sie im Januar 2021, obwohl die anhaltende politische Instabilität und der Krieg im Sudan die vollständige Umsetzung bislang verzögert haben.

Die Abraham-Abkommen waren die erste Normalisierung zwischen Israel und arabischen Staaten seit den Friedensverträgen mit Ägypten 1979 und Jordanien 1994. Die Abkommen brachen auch mit dem bisherigen Konsens, dass eine Normalisierung mit Israel nur nach Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts und der Umsetzung einer Zwei-Staaten-Lösung möglich sei.

Emily Tasinato, Analystin für den Persischen Golf und die Arabische Halbinsel, erklärte gegenüber der DW, dass die Integration Israels in die arabische Welt von den Unterzeichnerstaaten ursprünglich nicht nur als Mittel gedacht war, um bei ihrem US-Partner an Bedeutung zu gewinnen und spezifische nationale Interessen widerzuspiegeln - sondern auch als glaubwürdiges Abschreckungsmittel gegen die wahrgenommene Bedrohung durch den Iran.

Im Jahr 2020 trugen die verschiedenen militanten Gruppen, die der Iran als "Achse des Widerstands" im Irak, Libanon, Syrien, Gazastreifen und im Jemen unterstützte, noch dazu bei, dass das Land als der wichtigste destabilisierende Akteur in der Region angesehen wurde.

"Fünf Jahre später scheint sich die Situation umgekehrt zu haben", sagte Tasinato.

Die Folgen des 7. Oktobers 2023

Die von der Hamas angeführten Terroranschläge in Israel am 7. Oktober 2023 forderten fast 1200 Todesopfer. Etwa 250 Menschen wurden entführt, von denen fast 50 noch immer im Gazastreifen festgehalten werden. Etwa 20 von ihnen gelten als noch am Leben.

Seit diesen Anschlägen haben der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seine rechtsextreme Koalition ihre ablehnende Haltung gegenüber einer Zwei-Staaten-Lösung zunehmend verschärft und einen fast zweijährigen Krieg im Gazastreifen geführt. Seither wurden 1,9 Millionen Menschen vertrieben und es kam zu einer Hungersnot in weiten Teilen des Gazastreifens. Nach Angaben des Hamas-geführten Gesundheitsministeriums in Gaza wurden bislang mehr als 64.500 Menschen - darunter schätzungsweise 19.000 Kinder - getötet.

Der Internationale Strafgerichtshof (IstGH) hat einen Haftbefehl gegen Netanjahu wegen Kriegsverbrechen erlassen, ebenso wie gegen führende Hamas-Mitglieder.

Seit dem Terroranschlag vom 7. Oktober 2023 hat Israels Krieg im Gazastreifen zu einer humanitären Katastrophe geführt, und das israelische 'Nein' zu einer Zwei-Staaten-Lösung verstärkt Bild: Jack Guez/AFP/Getty Images

Israel hat regional zudem mehrere Fronten eröffnet. Im Jahr 2024 reagierte Israel auf die anhaltenden Angriffe der größten und militärisch am besten ausgestatteten iranischen Miliz, der Hisbollah. Israels erklärtes Ziel war es, die vom Iran unterstützte Organisation mit Militäroperationen im Libanon zu beseitigen. Der militärische Flügel der Hisbollah wird von den Vereinigten Staaten, Deutschland und mehreren Regierungen im Nahen Osten als terroristische Organisation eingestuft.

Israel führt zudem Militäroperationen in Syrien durch und liefert sich Feuergefechte mit den Huthi-Rebellen im Jemen, die immer wieder internationale Schiffe im Roten Meer und Ziele auf israelischem Territorium angreifen. Im Juni lieferte sich Israel einen 12-tägigen Krieg mit dem Iran.

"Neuland"

All das hat zur Folge, dass Regierungen in Nahost heute deutlich weniger besorgt über den Iran und seine Stellvertreter sind als noch im Jahr 2020. "Der Iran ist zunehmend verwundbar geworden, da er militärisch geschwächt ist und hinsichtlich seines regionalen Einflusses unter Druck steht", sagte Tasinato. "Obwohl Misstrauen weiterhin die Beziehungen zwischen dem Iran und den arabischen Golfstaaten prägt", fügte sie hinzu, "scheint nun zunehmend Israel der 'Schurkenstaat' zu sein."

Am 9. September 2025 führte Israel Berichten zufolge Drohnenangriffe durch, die auf die Hamas-Führung in Doha, Katar, abzielten. Die Hamas wird von Deutschland, der Europäischen Union, den USA und einigen arabischen Staaten als terroristische Organisation eingestuft. Bei den Angriffen wurden fünf rangniedere Hamas-Funktionäre sowie ein lokaler Sicherheitsbeamter getötet.

Burcu Ozcelik, Senior Research Fellow am Londoner Royal United Services Institute (RUSI), sagte gegenüber der DW: "Mit den israelischen Angriffen in Doha befinden wir uns in unbekanntem Terrain."

Nach dem Angriff in Doha untersagten die Vereinigten Arabischen Emirate israelischen Rüstungsunternehmen unter Verweis auf Sicherheitsbedenken die Teilnahme an einer Luftfahrtmesse in Dubai. Emiratische Regierungsvertreter kritisierten zudem die Pläne Israels, große Teile des besetzten Westjordanlands zu annektieren, und warnten, dies könne die bilateralen Beziehungen und die Bemühungen der USA um eine Ausweitung der Abkommen gefährden.

Keine neuen Abraham-Verträge

Obwohl sich Donald Trump auch in seiner zweiten Amtszeit um weitere Normalisierungsabkommen vor allem mit Saudi-Arabien, dem Libanon und Syrien bemüht, ist seit der Unterzeichnung der ersten Abkommen vor fünf Jahren kein weiteres arabisches Land dazugekommen. Derweil verweisen Israelis, die die Abkommen unterstützen, auf wachsende regionale Initiativen und den florierenden Handel mit den Partnerländern.

Vor dem 7. Oktober 2023 unterzeichneten insbesondere Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate etliche Abkommen, darunter ein Fünfjahresabkommen zum Wissensaustausch in der Landwirtschaft im Jahr 2022. Nach Angaben des israelischen Zentralamts für Statistik belief sich der Warenhandel zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten im Jahr 2024 auf insgesamt etwa 3,2 Milliarden US-Dollar.

Die aktuellen Konflikte im Nahen Osten halten jedoch trotzdem offensichtlich andere Regierungen in der Region davon ab, diplomatische Beziehungen zu Israel aufzunehmen. Saudi-Arabien stand kurz vor den Anschlägen am 7. Oktober 2023 vor der Unterzeichnung eines Abkommens mit Israel. Seit dem darauf folgenden Krieg in Gaza, lehnt Riad jedoch den Aufbau von Beziehungen zu Israel ab, und besteht auf ernsthaften Bemühungen um eine Zwei-Staaten-Lösung. Da Israel zudem Militäroperationen in den Nachbarländern Syrien und Libanon durchführt, ist es unwahrscheinlich, dass auch diese Regierungen in naher Zukunft volle diplomatische Beziehungen aufnehmen wollen. US-Beamte bleiben hingegen optimistisch, dass 2025 ein Sicherheitsabkommen mit Syrien geschlossen werden könnte.

Abraham Abkommen: Israel sucht neue Verbündete

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"Die Kosten für den Beitritt zum Abraham-Abkommen sind für jeden arabischen Staat exponentiell gestiegen", sagte Ozcelik. "Das unerträgliche Leiden der Menschen in Gaza, die Gefahr einer Annexion weiterer Teile des Westjordanlands und nun die Luftangriffe auf Hamas-Funktionäre auf katarischem Hoheitsgebiet könnten jede Aussicht auf eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel verhindern", fügte sie hinzu.

Obwohl weder sie noch Tasinato einen vollständigen Rückzug der Emirate aus dem Abkommen für wahrscheinlich halten, sagte Ozcelik: "Die VAE und Bahrain stehen unter Druck, ihren Status als Unterzeichnerstaaten zu verteidigen, und verübeln es der israelischen Regierung sicherlich, dass sie sie in eine so wenig beneidenswerte Lage gebracht haben."

Dies könnte auch Trumps Ambitionen Grenzen setzen, in Zukunft weitere Abkommen zu vermitteln. "Die Abraham-Abkommen werden als das Juwel in der außenpolitischen Krone von US-Präsident Trump angepriesen", sagte Ozcelik.

"In seiner zweiten Amtszeit ist die Realität weit von einer Ausweitung der Abraham-Abkommen entfernt, trotz der großen Zuversicht im Weißen Haus, dass die Abkommen durch die richtige Mischung aus Anreizen und Druck ausgeweitet werden. Vielmehr besteht die Gefahr, dass die Politik der aktuellen israelischen Regierung Trumps hart erkämpften außenpolitischen Erfolg nicht nur untergräbt, sondern sogar zunichtemacht."

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde am 17. September 2025 geändert, um Aussagen zum Misgav-Institut für nationale Sicherheit und zionistische Strategie und dessen Position zu Gaza zu korrigieren.

Jennifer Holleis Redakteurin und Analystin mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika.
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