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Fünf Jahre Deutsches Haus in Ho-Chi-Minh-Stadt

1. September 2022

Vor fünf Jahren öffnete in Ho-Chi-Minh-Stadt das Deutsche Haus seine Türen. Das Gebäude setzt ökologisch Maßstäbe. Es steht zugleich für die deutsch-vietnamesischen Wirtschaftsbeziehungen.

Das Deutsche Haus in Ho Chi Minh Stadt mit leuchtender Fassade
Das Deutsche Haus im Zentrum von Ho Chi Minh Stadt Bild: Markus Bredt

Vietnam hat während der vergangenen zehn Jahre ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von über fünf Prozent erzielt. In Ho-Chi-Minh-Stadt, dem ehemaligen Saigon, wird die abstrakte Kennziffer anschaulich: durch Glas, Stahl und Beton. Wer die Stadt mit einigen Jahren Abstand wieder besucht, erkennt sie kaum wieder. Ganze Straßenzüge sind verschwunden und haben modernen Hochhäusern, Einkaufsmalls und schicken Restaurants Platz gemacht. Im Stadtzentrum finden sich Niederlassungen von Luxusmarken wie Louis Vuitton und Hermès. Eindeutiges Zeichen dafür, dass es inzwischen Vietnamesen gibt, die reich genug sind, um die teuersten Luxusartikel der Welt zu kaufen.

Ein zweiter Blick zeigt aber, dass ein Großteil des Wachstums auf schnellem und kurzfristigem Profit basiert. In schlecht isolierten Gebäuden vergeuden unzählige Klimaanlagen viel Energie, um tropische Hitze und Feuchtigkeit draußen zu halten. Manche der Hochhäuser sind bereits nach wenigen Jahren vom tropischen Klima gezeichnet: Schimmel macht sich breit. Nachhaltigkeit ist in Vietnam zwar ein Thema, aber es fehlt teilweise an Know-how und dem nötigen Investitionskapital.

Grünes Vorzeigeobjekt

Ein Beispiel für nachhaltige Investitionen ist das Deutsche Haus im Zentrum von Ho-Chi-Minh-Stadt. Die Fassade der zwei ineinander geschobenen L-förmigen Gebäudeteile ist neunfach verglast. In der Fassade ist ein Hohlraum, mit dessen Hilfe ein Kamineffekt entsteht, der die warme Luft nach oben abführt und Energie spart. Eine moderne Wasseraufbereitungsanlage im Gebäude sorgt dafür, dass das Wasser aus dem Wasserhahn trinkbar ist. Das ist keine Selbstverständlichkeit in Vietnam. So soll vermieden werden, dass die rund 3600 Personen, die täglich im Haus arbeiten, Wasser in Plastikflaschen mitbringen. Im ganzen Gebäude gilt ohnehin: Kein Plastik erwünscht!

Das Deutsche Haus in Ho Chi Minh Stadt mit seiner charakteristischen L-FassadeBild: Markus Bredt

Entworfen und geplant wurde das Deutsche Haus vom Architekturbüro "Von Gerkan, Marg und Partner", die in Vietnam unter anderem auch das Gebäude der Nationalversammlung in Hanoi entworfen haben. Elmar Dutt, Generaldirektor des Deutschen Hauses, sagt beim Besuch der Deutschen Welle: "Wir wollen zeigen, was an Nachhaltigkeit alles möglich ist und natürlich auch, welchen Beitrag das deutsche Ingenieurwesen und deutsche Unternehmen dazu leisten können." Mit Erfolg: Das deutsche Haus wurde mehrfach prämiert und gilt als eines der "grünsten" Bürogebäude in ganz Südostasien.

Lange und turbulente Vorgeschichte

Das Deutsche Haus hat eine lange Vorgeschichte, die mit der Geschichte Vietnams und dem Auf und Ab der deutsch-vietnamesischen Beziehungen eng verbunden ist. Das Grundstück im Herzen des damaligen Saigon wurde von der Bundesrepublik 1960 für diplomatische Zwecke gekauft. Nach der Wiedervereinigung Vietnams unter kommunistischen Vorzeichen blieb lange unklar, was mit dem Grundstück geschehen würde. Einige Jahre diente es den Bewohnern der Stadt sowohl als Tennis- als auch als Busparkplatz.

2008 brachte der damalige Außenminister und heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einem Besuch in Vietnam die Idee des Baus eines Deutschen Hauses ins Spiel. Drei Jahre später initiierten die Bundesrepublik und Vietnam die "Hanoier Erklärung", mit der die strategische Partnerschaft beider Länder ihren Anfang nahm. Unter Punkt sieben der Erklärung, die von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem damaligen vietnamesischen Premier Nguyen Tan Dung unterzeichnet wurde, heißt es: "Beide Seiten gehen davon aus, dass das Projekt Deutsches Haus in der Ho-Chi-Minh-Stadt ein wichtiges Element der strategischen Partnerschaft ist." Angela Merkel nannte das Deutsche Haus ein "wichtiges Symbol" der gemeinsamen Erklärung.

Bundespolizei in Ho-Chi-Minh-Stadt

Realisiert wurde das Projekt als Public-Private-Partnership zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dabei federführend das Auswärtige Amt, und der Eigentümergesellschaft "Deutsches Haus Ho-Chi-Minh-Stadt Ltd." mit den Vorsitzenden und Hauptinvestoren Horst Geicke und Horst Pudwill.

Zum Richtfest 2016 kamen der damalige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Links neben ihm: der Investor Horst Geicke Bild: Thomas Koehler/photothek.net

Da es sich beim Deutschen Haus um eine Liegenschaft des Bundes handelt, war eine Absicherung der Baustelle durch die Bundespolizei geboten. Zwei Jahre lang überwachten und sicherten deutsche Beamte die Baustelle.

Beim Bau wurde nicht nur auf Nachhaltigkeit und die Ansprüche an ein modernes Bürogebäude geachtet, sondern auch auf die symbolische Verknüpfung Deutschlands und Vietnams. In der großzügigen hellen Lobby, die für Kunstausstellungen genutzt wird, sind Solnhofener Plattenkalk aus Bayern und Kalkstein aus der Ha-Long-Bucht kombiniert worden.

Eiszeit in der Partnerschaft

Im September 2017, also heute vor fünf Jahren, wurde der Bau abgeschlossen und die ersten Mieter zogen ein. Eigentlich ein Grund zu feiern, doch die Party musste ausfallen. Kurz zuvor hatte der vietnamesische Geheimdienst den vietnamesischen Manager und Politiker Trinh Xuan Thanh mitten im Berliner Tiergarten entführt. "Ein derartiger Vorgang hat das Potenzial, die Beziehungen zwischen Deutschland und der Volksrepublik Vietnam massiv negativ zu beeinflussen", sagte der damalige Sprecher des Auswärtigen Amtes Martin Schäfer.

Es folgte tatsächlich eine kurze diplomatische Eiszeit: Die strategische Partnerschaft beider Länder wurde ausgesetzt, Mitarbeiter der vietnamesischen Botschaft in Deutschland wurden ausgewiesen und Deutschland trat bei einem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam auf die Bremse. Dass das politisch gesteuerte Gericht in Vietnam Trinh Xuan Thanh nicht zum Tode verurteilte, wurde als Geste guten Willens Richtung Deutschland gedeutet.

Zwei Jahre später dann waren die Beziehungen wieder weitgehend normalisiert inklusive der strategischen Partnerschaft. 2019 wurde das Deutsche Haus im Beisein des damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier und seinem Vietnamesischen Amtskollegen Tran Tuan Anh eingeweiht.

Die Stahl-Treppe in der Lobby des Deutschen Hauses ist eine Spezialanfertigung aus einem Stück. Sie wurde von der Firma Nautilus Treppen in Thüringen eigens angefertigt und nach Vietnam gebrachtBild: Markus Bredt

Heute beherbergt das Deutsche Haus nicht nur 110 Firmen aus Deutschland, darunter Bosch, Adidas, Schaeffler, Siemens und viele andere Unternehmen, sondern auch die Außenhandelskammer, ein Büro der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), das Goethe-Institut und das Deutsche Generalkonsulat.

Erst kürzlich wurde auf einer Etage ein eigener Bereich für Start-Ups aus Deutschland eingerichtet, die in Vietnam investieren oder Mitarbeiter suchen wollen. Seit Kurzem residiert hier auch die Landesvertretung von Rheinland-Pfalz, die sich unter anderem der Vermarktung vom deutschen Riesling-Wein in Vietnam widmet.

Das deutsche Unternehmen Bosch, das seit 15 Jahren in Vietnam aktiv ist, ist 2018 auf den Etagen 14 und 15 eingezogen. Gegenüber der Deutschen Welle sagte die Sprecherin von Bosch in Vietnam: "Flexible Arbeitsbedingungen und ein modernes Arbeitsumfeld sind ein wesentlicher Bestandteil der Zufriedenheit unserer Mitarbeiter." Genau das bietet das Deutsche Haus. Aber nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Gäste und Geschäftspartner seien beeindruckt von dem modernen Bürokomplex.

Großes Potential für die deutsch-vietnamesischen Partnerschaft

Die wirtschaftlichen Aussichten Vietnam sind auch in den nächsten Jahren gut. 2022 rechnet Vietnam mit einem Wirtschaftswachstum von bis zu sieben Prozent. Die Bevölkerung ist jung, die Wirtschaft dynamisch und die Regierung unternimmt viel, um ausländische Direktinvestitionen anzuziehen. So sind Investitionen ohne Beteiligung vietnamesischer Unternehmen möglich, die ersten vier Jahre sind keine Körperschaftssteuern fällig und die Gewinne können ins Ausland transferiert werden.

Insgesamt haben Deutsche Unternehmen etwa 2,7 Milliarden Euro in Vietnam investiert und 47.000 Arbeitsplätze geschaffen, so die Außenhandelskammer Vietnam. Der größte Investor ist dabei Bosch mit einem Investment von 350 Millionen. 

Die Lobby des Deutschen Hauses mit der großen Medienwand hinter der RezeptionBild: Markus Bredt

Die Möglichkeiten, die Vietnam und ganz Südostasien böten, sagt der Generaldirektor des Deutschen Hauses Dutt, hätten viele Mittelständler in Deutschland noch gar nicht realisiert. Er sieht große Potential für die Medizintechnik, Chemie, Metallbearbeitung, Elektrotechnik, die IT und auch den Agrarsektor. Das Deutsche Haus sei eine gute erste Anlaufstelle für deutsche Unternehmen.

Dass der Generaldirektor das Projekt als Erfolg sieht, ist nicht überraschend. Er sieht es sogar als Modell für andere Liegenschaften, die die Bundesrepublik etwa in Thailand und vielen anderen Ländern hat. Das Auswärtige Amt sagte dazu auf Anfrage der Deutschen Welle: "Mögliche Projekte als Public-Private-Partnership im Ausland bewertet die Bundesregierung mit Blick auf die spezifischen Rahmenbedingungen in den Ländern jeweils nach den Umständen des Einzelfalls."

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