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Politik

Fünf Jahre MH17: Wie geht es weiter?

Mikhail Bushuev mo
17. Juli 2019

Seit dem Abschuss der Boeing-777 mit der Flugnummer MH17 über der Ostukraine am 17. Juli 2014 sind fünf Jahre vergangen. Wie steht es um die Ermittlungen? Wird überhaupt jemand auf der Anklagebank sitzen?

Flug MH17
Bild: picture-alliance/AP Photo/P. Dejong

Die Maschine der Malaysian Airlines war auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur, als sie am 17. Juli 2014 um 16.20 Uhr Ortszeit über dem Osten der Ukraine von einer Flugabwehrrakete vom Typ "Buk" getroffen wurde. Abgefeuert wurde die Rakete aus dem Teil des ukrainischen Donbass, der von den pro-russischen Separatisten kontrolliert wird.

Das stellten Experten des von den Niederlanden angeführten Joint Investigation Team (JIT) fest. Sie sind sich sicher, dass das "Buk"-Raketensystem von Russland dorthin gelangt war. Moskau weist die Vorwürfe zurück. Bis heute hat niemand die Verantwortung für den Tod von 298 Menschen übernommen.

Am 9. März 2020 soll in den Niederlanden im Fall MH17 ein Gerichtsprozess beginnen. Da die meisten Passagiere Bürger dieses Landes waren, übernahmen auch die niederländischen Behörden die internationalen Ermittlungen. Der Fall liegt dem Gericht von Den Haag vor. Da dort aber ein solch großer Prozess nicht durchgeführt werden kann, sollen die Anhörungen im Justizkomplex von Schiphol bei Amsterdam stattfinden, also in der Nähe des Airports, von dem der Flug MH17 gestartet war.

Ein internationales Tribunal?

Fred Westerbeke vom Joint Investigation Team (JIT) bei einer Pressekonferenz im Juni 2019Bild: picture-alliance/ANP/R. van Lonkhuijsen

Das für den Fall zuständige Gericht in Den Haag ist nicht mit dem Internationalen Strafgerichtshof zu verwechseln. Mehrere Länder, darunter die Niederlande und Australien, hatten ein internationales Tribunal im Fall MH17 gefordert, doch Russland blockierte die Initiative im UN-Sicherheitsrat. Daraufhin beschlossen die Länder, deren Bürger bei der MH17-Tragödie ihr Leben verloren, ein Strafverfahren in den Niederlanden einzuleiten.

Die Haupt-Verhandlungssprache beim Prozess wird deshalb nicht englisch, sondern niederländisch sein. Doch die Richter können die Anhörungen zum Teil auch auf Englisch abhalten. Zudem haben die niederländischen Behörden entschieden, den Prozess ausnahmsweise live zu übertragen. Der Gerichtssaal wird wahrscheinlich nicht alle wird fassen können, die dem Prozess beiwohnen wollen. Eine Ausnahme gilt für die Angeklagten, auch wenn mit deren Anwesenheit niemand rechnet. Sollten sie dennoch zur Aussage bereit sein, können sie per Videokonferenz zugeschaltet werden.

Wer sind die Angeklagten?

Die internationalen Ermittler haben bisher vier Verdächtige benannt. Drei davon sind Russen: Igor Girkin (Spitzname "Strelkow"), einstiger "Verteidigungsminister" der selbsternannten "Volksrepublik Donezk", Generalmajor Sergej Dubinskyj und Oberst Oleg Pulatow. Sie bestreiten jegliche Schuld. Der vierte Verdächtige ist der Ukrainer Leonid Chartschenko.

298 Menschen verloren beim Absturz der MH17 ihr Leben. Am Denkmal in Vijfhuizen kommen die Angehörigen zusammenBild: Reuters/R. de Waal

Bis Ende des Jahres könnten noch weitere Verdächtige genannt werden. Nach Angaben des Joint Investigation Teams könnten das vier Männer sein, die das "Buk"-Raketensystem über die von Kiew im Donbass nicht kontrollierte russisch-ukrainische Grenze brachten, sowie der bislang nicht namentlich genannte Kapitän der russischen 53. Luftabwehr-Brigade, der wahrscheinlich jene Besatzung befehligte.

Gibt es genügend Beweise?

Laut den Ermittlern des JIT gibt es Zeugen des Raketenstarts, Überreste jener "Buk"-Rakete, aber auch Satellitenbilder und Radardaten, sowie Foto- und Videoaufnahmen vom Transport des russischen Raketensystems zu dem Ort im Donbass, an dem es schließlich eingesetzt wurde. Zudem liegen Mitschnitte von Telefonaten zwischen den Verdächtigen vor.

Der niederländische Chefermittler Fred Westerbeke ist überzeugt, dass Russlands Beteiligungan der Tragödie nachgewiesen ist. Der deutsche Jurist und Experte für Luftverkehrsrecht Elmar Giemulla hingegen hält die Beweise für "schwach". Ihm zufolge ist die Verwendung von Telefonmitschnitten als Beweismittel problematisch. Es werde schwierig sein, die Richter davon zu überzeugen, dass es sich um die Stimmen Verdächtigen handele.

Was ist mit der Ukraine?

Giemulla vertritt die Familien von vier Opfern der MH17-Tragödie, die vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Ukraine klagen. Sie meinen, die ukrainischen Behörden tragen eine gewisse Mitschuld am Tod der Passagiere. Sie hätten nicht alles unternommen, um die Menschen zu schützen. So hätten sie den Luftraum über dem Konfliktgebiet im Osten der Ukraine nicht vollständig gesperrt.

Die Klage wurde bereits 2014 eingereicht. Doch bis heute hat der Straßburger Gerichtshof eine Prüfung der Klage noch nicht bestätigt. Die Ukraine weist jegliche Verantwortung für die MH17-Tragödie von sich.

Welche Klagen liegen noch vor?

Bis zum Frühherbst muss sich Russland zu zwei Sammelklagen äußern, die im Namen von 380 Angehörigen von Opfern des MH17-Abschusses beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht wurden. Die Kläger werfen Russland vor, das Recht der Opfer auf Leben verletzt zu haben. Auch hätten die Behörden des Landes nicht genug unternommen, um die Umstände des Verbrechens zu untersuchen.

Die russischen Behörden bestreiten jegliche Beteiligung an der Tragödie. Gleichzeitig befindet sich wahrscheinlich jenes "Buk"-Raketensystem, mit dem die Boeing-777 abgeschossen wurde, nach wie vor bei der 53. Luftabwehr-Brigade der russischen Armee.

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