Fünf Milliarden Euro für Italiens Wirtschaft
27. Oktober 2020Landesweit setzen sich Italiener gegen die verschärften Corona-Auflagen ihrer Regierung zur Wehr. In mehreren Städten demonstrierten tausende Menschen auch am Dienstagabend mit "Freiheit"-Rufen gegen die frühe Sperrstunde für Restaurants und andere Geschäfte. Immer öfter schlagen friedliche Proteste in Gewalt um. So kam es in Rom auf der zentralen Piazza del Popolo zu Zusammenstößen zwischen mehreren hundert Menschen - darunter Anhänger der neo-faschistischen Partei Forza Nuova - und Sicherheitskräften.
Wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete, setzten Demonstranten Mülleimer in Brand und beschädigten geparkte Fahrräder und Motorroller. Die Polizei ging mit Wasserwerfern gegen Randalierer vor.
Nach schweren Ausschreitungen in Mailand und Turin in der Nacht zum Dienstag wurden mindestens sechs Menschen festgenommen. Bei den Krawallen waren nach Angaben der Behörden mindestens elf Beamte verletzt worden. Wütende Bürger und Randalierer hatten in den beiden norditalienischen Städten Steine, Flaschen und Molotow-Cocktails gegen Polizisten und Gebäude geschleudert. Schaufenster von Geschäften wurden zertrümmert. Auch in anderen Städten wie Neapel und Triest gingen aufgebrachte Bürger auf die Straße.
Unbürokratische Finanzhilfen
Um dem zunehmenden Frust der Italiener entgegenzuwirken und Kleinunternehmen vor dem Bankrott zu retten, kündigte die Regierung Wirtschaftshilfen in Höhe von mehr als fünf Milliarden Euro an. Das Geld soll in die von der Pandemie am stärksten betroffenen Bereiche fließen. Die Mittel würden in einem "einfachen und schnellen Verfahren" ausgezahlt, versprach Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri. Bis Mitte November sei das Geld auf den Konten der Betroffenen, fügte er hinzu. Es sei unter anderem für Restaurants, Taxifahrer und die Unterhaltungsbranche gedacht.
Seine Regierung habe das Dekret im Wettlauf gegen die Zeit verabschiedet, betonte Ministerpräsident Giuseppe Conte. "Es gibt Menschen, die leiden und nicht länger warten können", sagte er.
Angesichts der rapide steigenden Corona-Fallzahlen sind seit Montag in Italien Kinos, Theater und Fitnessstudios für einen Monat geschlossen. Für Restaurants und Bars wurde die ab Mitternacht geltende Sperrstunde auf 18.00 Uhr vorverlegt. Viele Wirte sorgen sich nun um ihre Existenz.
"Totaler Lockdown muss verhindert werden"
Diese "schmerzhaften Maßnahmen" seien notwendig gewesen, um einen totalen Lockdown zu verhindern, der der Wirtschaft und Gesellschaft einen schweren Schaden zufügen würde, sagte Conte. Wenn diese Auflagen respektiert würden, gebe es eine gute Chance, dem Dezember mit einer gewissen Gelassenheit entgegenzusehen, ergänzte er.
Italien war während der ersten Corona-Welle im Frühjahr eines der am schwersten von der Pandemie betroffenen Länder der Welt. Insgesamt wurden dort bisher nach Angaben des Gesundheitsministeriums mehr als 500.000 Corona-Infektionen nachgewiesen, mehr als 37.000 Menschen starben im Zusammenhang mit COVID-19. Am Dienstag registrierten die Gesundheitsbehörden fast 22.000 Neuinfektionen.
se/fw (afp, dpa, ap)