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Politik

"Für die europäischen Werte streiten"

6. September 2018

Unter dem Motto "Sprechen wir über Europa" lädt die Bundesregierung zum Bürgerdialog ein. In Bonn erinnerte nun Kultur-Staatsministerin Monika Grütters an die Erfolge des Friedensprojektes Europäische Union.

Deutschland | Monika Grütters und Peter Limbourg auf dem Bürgerdialog in Bonn
Bild: DW/B. Hoffmann

 

Eigentlich hatte der Gast aus Berlin gleich zu Beginn eine gute Vorlage parat. Monika Grütters wollte über die Zukunft Europas sprechen und stellte dazu sehr aktuelle Fragen zur europäischen Realität im digitalen Zeitalter: "Was tun gegen 'Fake News'? Wie mit 'Hate Speach' umgehen? Sind wir mehr User oder Bürger im Netz?"

Als Staatsministerin für Kultur und Medien sucht sie täglich Antworten darauf. Jetzt, beim"Bürgerdialog und zu Gast in einem Medienhaus - der Deutschen Welle - hoffte sie auf neue Impulse. Die Bonner stellten jedoch vor allem Fragen zu Stimmung und Zusammenleben in Europa.

Emotionen für Europa wecken 

"Die Europawahl steht vor der Tür, aber die Stimmung ist bei Null", stellt ein Teilnehmer fest. "Wie wollen wir da Emotionen für Europa ankurbeln, geht das?" Die Themen seien zu abstrakt, er wünsche sich auch starke Gesichter und Persönlichkeiten, die andere für Europa mitreißen - "so wie Martin Schulz früher". Grütters zeigt Verständnis und verweist auf die Meldung vom gleichen Tag: Wenige Stunden zuvor hatte der deutsche CDU-Politiker Manfred Weber seine Ambitionen auf den Sessel des EU-Kommissionspräsidenten angemeldet. "Mit seinem gemäßigten Auftreten ist er ein gutes Signal", glaubt die Staatsministerin.

Grütters ist optimistisch. Europa sei besser, als es scheint - dies hätte eine europaweite Umfrage vom März dieses Jahres gezeigt. Demnach hätten gut 40 Prozent der Europäer ein positives Bild von der EU, und ein Drittel würde mehr europäischen, als nationalen Institutionen vertrauen. "Es gibt also eine Gegenbewegung", unterstreicht die Ministerin.

Die nächste Europawahl werde viel politischer als die Wahlen davor. Auch deshalb fänden seit vier Monaten die Bürgerdialoge statt, bei denen sich alle Minister aus dem Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel öffentlich den Fragen zu Europa stellen. Von oben lasse sich aber "die Begeisterung für Europa nicht verordnen", deshalb sei das Engagement jedes Einzelnen wichtig. "Jeder soll für unsere Werte in Europa werben", wünscht sich Grütters.

Sehnsucht nach dem alten Europa

Monika Grütters: "Jeder soll für unsere Werte in Europa werben!"Bild: DW/B. Hoffmann

Deutlich wird bei dem Gespräch am Rhein auch die Sehnsucht nach einem "alten" Europa. "Die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehören zu unserem Kanon", sagt ein Teilnehmer und fragt provozierend: "Wenn sich aber Polen und Ungarn nicht an europäische Werte halten - müssen sie unbedingt in der EU bleiben?"

"Sie rauszuschmeißen wäre eine Kapitulation für Europa", antwortet die Ministerin. Sie als Politikerin verstünde die Enttäuschung über die nationalistischen Regierungen in manchen Ländern, aber: "Es ist besser, mit ihnen über die Einhaltung der europäischen Werte zu streiten, als wenn sie für lange Zeit Europa vollkommen verloren gingen." Es sei wie mit Kindern, die mal auf Abwege kommen, so Grütters. "Es ist besser, sie zurückzuholen, statt aufzugeben." Sie erinnert auch an die Verdienste der Osteuropäer für Deutschland: Es seien Polen und Ungarn, die sehr früh für die Freiheit in Europa kämpften und damit eine entscheidende Vorarbeit für den Mauerfall geleistet haben.

Überhaupt müsse man sich immer wieder bewusst machen, "wie schwer wir den Frieden in Europa erkauft wurde, bevor wir demokratische Prozesse erarbeiten konnten". Gemeinsame Projekte, Austauschprogramme für Studenten, grenzüberschreitende Geschichtsschulbücher - man dürfe nicht vergessen, was alles in Europa gut läuft.

Kleine Projekte zur Chefsache machen

"Wir müssen Menschen mit ihren Sorgen und Problemen da abholen, wo sie sind", wirft ein älterer Herr zu Ende in die Runde. Ein Satz, den Monika Grütters noch am gleichen Abend auf eine unerwartete, unkomplizierte Art einzulösen beginnt.

Profitiert davon hat ein junger Europäer aus dem Saarland. Der Bibliothekar aus dem deutsch-französischen Grenzgebiet sei extra für den Abend mit der Ministerin für Kultur und Medien nach Bonn angereist. Er habe nämlich ein Problem, das in ihrer Kompetenz liege: Gemeinsam mit befreundeten französischen Bibliothekaren schicke er regelmäßig einen besonderen Bus auf Tour entlang der Grenze. Die Bibliothek auf Rädern bringe diverse Publikationen in beiden Sprachen zum Ausleihen in verschiedene Orte beiderseits der Grenze. Und sie würden gerne noch lange weiter touren, wäre da nicht die "europäische Bürokratie", klagt er. Unterschiedliche Lizenzregeln und Mehrwertsteuersätze erschwerten das Projekt zunehmend.

Er möge seine Kontaktdaten lassen, bietet die Ministerin kurzerhand an. Man werde sich den Fall genauer anschauen und prüfen, ob man helfen kann. "Wir möchten solche sprachübergreifende Projekten fördern", sagt Monika Grütters und erklärt den Saarländer Bücher-Bus zur Chefsache.

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