Für eine Welt ohne Armut
25. März 2014Solche Slums wie hier am Stadtrand der albanischen Hauptstadt Tirana (Bild) soll es nach dem Willen der UNO bis 2030 nicht mehr geben. EineWelt ohne Hunger und Armut ist das Ziel der sogenannten Post-2015-Agenda. Für die Zeit nach den Millenniumszielen ist von einer "neuen globalen Partnerschaft für Entwicklung" die Rede. Wirtschaftliche und soziale Entwicklung soll nachhaltig sein und in Einklang mit Umwelt und Natur geschehen. Und sie soll langfristig zu Frieden und Sicherheit führen.
Es geht um nicht weniger als einen "Paradigmenwechsel in der Entwicklungspolitik", sagt Amina Mohammed, die Sonderberaterin des UN-Generalsekretärs zur Entwicklungsplanung nach 2015, im DW-Interview: "Wir reden nicht mehr über die alten Nord-Süd-Beziehungen, die allein auf Armutsbekämpfung in den Ländern des Südens fokussiert waren. In der neuen globalen Agenda geht es um nachhaltige Entwicklung und neue Wege der Armutsbeseitigung." Ziel ist es vor allem, soziale Ungleichheiten zu beseitigen - sowohl zwischen Industrie- und Entwicklungsländern als auch innerhalb der Länder selber.
Dafür arbeiten die Vereinten Nationen an einem neuen Zielkatalog für nachhaltige globale Entwicklung, der im September 2015 verabschiedet werden soll. Grundlage sind unter anderem die Empfehlungen, die das sogenannte High-Level Panel dem UN-Generalsekretär bereits im Mai 2013 vorgelegt hat. Deutschland war durch Alt-Bundespräsident Horst Köhler in diesem Gremium vertreten. Das High-Level Panel fordert unter anderem, alle politischen Entscheidungen an den Prinzipien der Nachhaltigkeit zu orientieren und dass es kein wirtschaftliches Wachstum ohne eine Zunahme der Beschäftigung geben darf.
"Gutes Leben" ist mehr als Wohlstand
Diese Vorstellungen werden ebenso in den Bericht des UN-Generalsekretärs einfließen wie die Ergebnisse einer internationalen Arbeitsgruppe zu nachhaltigen Entwicklungszielen (den sogenannten Sustainable Development Goals - SDGs), die noch im September dieses Jahres vorgelegt werden sollen. Die SDGs sollen die Mängel der Millenniumsziele beheben, fordert die bolivianische Ministerin für Planung und Entwicklung, Viviana Caro: "Das Entwicklungskonzept der Industrienationen vernachlässigt den Aspekt der Nachhaltigkeit und der Entwicklung im Einklang mit Natur und Umwelt", so Caro im DW-Interview.
Die Forderung nach globalen Nachhaltigkeitszielen, die für Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländern gleichermaßen gelten, kam vor zwei Jahren auf dem Rio+20-Gipfel in erster Linie von lateinamerikanischen Ländern wie Kolumbien und Guatemala. Auch Ecuador und Bolivien schlossen sich dieser Initiative an. Beide Länder haben in ihren Verfassungen das Konzept des "vivir bien", oder "buen vivir" als Leitfaden für politische Entscheidungen verankert. Gutes Leben bedeutet demnach mehr als wirtschaftlicher Wohlstand. Die Berücksichtigung von überlieferten kulturellen und sozialen Werten und der Respekt vor der Umwelt spielen eine ebenso wichtige Rolle. Denn wirtschaftliches Wachstum auf Kosten der Umwelt kann zu neuen Konflikten und sozialen Spannungen führen.
Viviana Caro verweist als Bespiel auf den Klimawandel. "Hier stehen die Industrieländer bei den Entwicklungsländern in der Schuld", so die Ministerin. Die industrielle Entwicklung des Nordens ging in vielen Bereichen zulasten der Entwicklungsländer, die die Folgen von Rohstoffausbeutung und Klimawandel besonders stark zu spüren bekommen. Sie fordert von den Ländern des Nordens verbindliche Zusagen, "deren Einhaltung in internationalen Foren wie den Vereinten Nationen auch überprüft werden kann."
Rechenschaftspflicht und Transparenz
Auch Deutschland setzt sich mit Blick auf neue Entwicklungsziele für die Zeit nach 2015 für einen "effektiven Überprüfungsmechanismus" ein, damit die neuen Entwicklungsziele zu einem "wirkungsvollen Instrument zur nachhaltigen Beseitigung von Armut" werden, heißt es dazu in ein einem Papier des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ). Wie dieser Mechanismus genau aussehen soll, darüber gibt es jedoch noch keine genauen Angaben. Die Vereinten Nationen werden aber auch aus deutscher Perspektive als die einzige internationale Organisation angesehen, die eine breite Akzeptanz und Legitimität neuer Entwicklungsziele garantieren kann.
Wenn von einem Paradigmenwechsel in der globalen Entwicklungszusammenarbeit die Rede ist und davon, das Nord-Süd-Denken und die Aufteilung der Welt in Geber- und Nehmerländer zu überwinden, heißt das auch, dass die Schwellen- und Entwicklungsländer selber künftig stärker in die Pflicht genommen werden müssen, meint Martin Sajdik. "Geld für Entwicklungspolitik muss nicht unbedingt immer nur aus den entwickelten Staaten kommen", so der österreichische Diplomat, der zurzeit den Vorsitz des UN-Wirtschafts- und Sozialrates ECOSOC innehat. Vielmehr müsse man Schwellen- und Entwicklungslänldern bei der Entwicklung eines funktonierenden Steuersystems unterstützen und dafür sorgen, dass es künftig keine illegalen Geldtransfers aus diesen mehr gebe: "Die Eliten dieser Länder sollen ihr Geld nicht in sichere Finanzhäfen auf der Welt verstreuen können", fordert Sajdik.