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Politik

Facebook muss rechtsextreme Seite dulden

23. Mai 2019

Facebook muss die Seite der rechtsextremen Kleinstpartei "Der Dritte Weg" bis nach der Europawahl wieder entsperren. Dazu verpflichtete das Bundesverfassungsgericht das soziale Netzwerk nach einem Eilantrag der Partei.

Symbolbild Facebook Smartphone
Bild: picture-alliance/PA Wire/D. Lipinski

Die Richter in Karlsruhe machten aber auch deutlich, dass die Entscheidung nicht "das Recht und die Pflicht des Unternehmens" betreffe, einzelne Inhalte zu überprüfen und wenn nötig auch zu löschen.

Facebook hatte das Nutzerkonto wegen eines Beitrags aus dem Januar gelöscht. Der Grund: "Der Dritte Weg" hatte auf seiner eigenen Internetseite einen Artikel über den Zwickauer Stadtteil Neuplanitz veröffentlicht. Dort untergebrachte Asylbewerber wurden darin als "art- und kulturfremde Asylanten" bezeichnet, die "mitunter ihrer Dankbarkeit mit Gewalt und Kriminalität Ausdruck verleihen".

Dieser Text war auch auf der Facebook-Seite der rechtsextremen Partei verlinkt. Facebook sah darin eine mit den Nutzungsbedingungen unvereinbare "Hassrede". Die Plattform machte den Link unsichtbar und sperrte die Seite für neue Beiträge.

"Erhebliche Marktmacht"

Das Bundesverfassungsgericht verwies nun darauf, dass das Verhältnis zwischen sozialen Medien und ihren Nutzern verfassungsrechtlich noch ungeklärt sei. Obwohl sich die Grundrechte der Verfassung zunächst gegen den Staat richteten, sei es nicht ausgeschlossen, dass sich Bürger oder hier eine Partei auch gegenüber Facebook darauf berufen könnten, weil die Plattform in Deutschland eine "erhebliche Marktmacht" habe.

Die damit verbundenen rechtlichen Fragen seien schwierig und könnten daher im Eilverfahren nicht geklärt werden. Zumindest bis zum Abschluss der Europawahl müsse "Der Dritte Weg" daher die Möglichkeit haben, mit den Facebook-Nutzern "aktiv in Diskurs zu treten". Ansonsten bleibe aber das Recht von Facebook unberührt, Inhalte auf ihre Rechtmäßigkeit und Vereinbarkeit mit den Nutzungsbedingungen zu überprüfen, betonten die Karlsruher Richter.

Keine Großkampagne erkennbar

EU-Bürger sind vor der Europawahl verschiedenen Formen rechtsradikal motivierter Falschinformation ausgesetzt. Das teilte die Nichtregierungsorganisation (NGO) Avaaz in einer jetzt veröffentlichten Studie mit. "Wir haben Missinformationsnetzwerke in eigentlich allen Staaten gefunden", sagte Christoph Schott, Kampagnen-Manager bei Avaaz. Nach einem Hinweis der NGO habe Facebook 77 entsprechende Seiten und Gruppen gesperrt, die insgesamt fast sechs Millionen Mitglieder gehabt hätten. Allein in den vergangenen drei Monaten seien sie über 500 Millionen Mal angesehen worden.

Auch die EU ist sich des Problems bewusst. So haben die Kommission und die Mitgliedsstaaten ein Frühwarnsystem zum besseren Informationsaustausch eingerichtet. Dieses habe bisher nicht gezeigt, dass die zahlreichen etwa von Avaaz gemeldeten Vorfälle zentral koordiniert würden, wie das etwa bei der US-Präsidentschaftswahl 2016 der Fall war. Dennoch sei die Gefahr durch übergreifend organisierte Beeinflussungen nicht gebannt, sagte EU-Justizkommissarin Vera Jourová.

hf/uh (rtr, afp, dpa)

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