Facebooks Fehler
11. April 2018"Es war mein Fehler", sagt Mark Zuckerberg mit zittriger Stimme und bleichem Gesicht. "Wir haben unsere Verantwortung nicht ernst genug genommen." Angespannt sitzt er vor einem Ausschuss des Senats im Kapitol in Washington. Er stand noch nie gerne im Fokus der Öffentlichkeit.
Jetzt muss sich der 33-jährige Firmengründer vor Fernsehzuschauern der ganzen Welt rechtfertigen. Dafür, wie die Daten von rund 87 Millionen Facebook Nutzern aus Versehen in die Hände einer Analysefirma gelangen konnten, die unter anderem für das Wahlkampfteam von Donald Trump arbeitete. Dieser Skandal kostete dem Netzwerk fast 80 Milliarden an Marktwert und das Vertrauen zahlreicher Nutzer und Anzeigenkunden.
Zuckerberg gründete Facebook als Harvard-Student im zweiten Semester. "Wir sind weit gekommen seither", sagt er. Dass er nur 14 Jahre später zu den mächtigsten Menschen der Welt zählen würde, hat sich der damals 19-jährige wohl nicht ausgemalt. "Natürlich passieren auf dem Weg auch Fehler."
Sein Ziel war es, Menschen zu vernetzen, die Welt näher zusammenzubringen. Doch das sei nicht genug, räumt Zuckerberg jetzt ein. "Wir müssen auch sicherstellen, dass diese Verbindungen positiv sind."
Vom Hoodie-Nerd zur Machtfigur
Mit seinen mehr als zwei Milliarden Nutzern hat Facebook mehr "Bewohner" als China, das bevölkerungsreichste Land der Erde. Zuckerberg ist damit nicht nur ein CEO, sondern prägt das Leben von einem beachtlichen Anteil der Weltbevölkerung. "Ich bin verantwortlich für das, was bei Facebook passiert", sagt er einsichtig und rückt seinen Anzug zurecht.
Noch vor sechs Jahren, am 18. Mai 2012, läutete Zuckerberg im Schlabberpulli die Börsenglocke der Nasdaq. Der Börsengang von Facebook machte ihn auf einen Schlag zum jüngsten Milliardär aller Zeiten. Es entstand ein Medien-Hype um seine Person. Dutzende Kamerateams standen vor dem Showroom der Technologiebörse Schlange, um ein Interview mit ihm zu bekommen. Zuckerberg selbst war aber gar nicht vor Ort. Er ließ stattdessen den Nasdaq-Chef in seine Firmenzentrale kommen.
Daten als Geschäftsmodell
Auch wenn der Börsengang selbst ein Desaster war, ging es für Facebook danach stetig bergauf. Im vergangenen Jahr machte das Unternehmen einen Gewinn von 16 Milliarden Dollar, gut 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Haupteinnahmequelle: Anzeigenkunden. Zusammen mit Google ist Facebook für knapp die Hälfte der weltweiten Internet-Werbung verantwortlich.
"Facebook verkauft keine Daten an Anzeigenkunden", beteuert Zuckerberg bei seiner Anhörung vor dem Kongress. Das Geschäftsmodell bestünde eher darin, die Daten der Nutzer auszuwerten, um Anzeigen zielgerichtet zu platzieren. Diesen Service lasse sich Facebook von den Anzeigenkunden bezahlen.
Daten sollten ohne die aktive Zustimmung von Nutzern also eigentlich nicht in die Hände von Firmen wie Cambridge Analytica gelangen. Um das in Zukunft zu verhindern, will Zuckerberg in den nächsten Jahren bis zu 20.000 Menschen einstellen, die an der Datensicherheit der Nutzer arbeiten. "Das hat für uns höhere Priorität als unsere Anzeigenkunden", sagt er.
Kein Ende in Sicht
Diese Investition in Datensicherheit wird Facebook einiges kosten. Auch das Vertrauen und die Accounts einiger Nutzer und Kunden sind verloren. Mark Zuckerberg ist vom Superstar zum Buhmann geworden.
Dennoch gehen Investoren davon aus, dass Facebook in den nächsten Jahren weiterhin eine der höchsten Gewinnsteigerungen in der Tech-Branche verzeichnen wird. Den meisten Nutzern ist zudem bewusst, welchen Deal sie mit Facebook eingehen, wenn sie sich dort anmelden. Sie dürfen sich kostenlos mit der ganzen Welt vernetzen und erhalten Zugang zu einer Reihe von Dienstleistungen. Im Gegenzug geben sie Facebook das Recht, die Daten auszuwerten, die sie freiwillig dort teilen.
Facebook wird mit den Folgen dieses Skandals zweifellos noch einige Jahre zu kämpfen haben. Anleger scheinen sich aber keine Sorgen zu machen, dass die Firma ernsthaft in Gefahr gerät. Während Zuckerbergs Anhörung legten Facebook-Aktien um fast vier Prozent zu.