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Fachkräfte aus dem Balkan gefragt

26. Dezember 2016

Deutschland sucht Fachkräfte - und viele Menschen wollen hier arbeiten. Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) bringt Nachfrage und Angebot zusammen. Eine Schwerpunktregion: Der westliche Balkan.

Symbolbild - Rollstuhl
Bild: Getty Images/AFP/J. Evrad

Tisch an Tisch, durch Sichtschutzwände getrennt, sitzen die Frauen und Männer, auf den Köpfen Headsets, vor sich Computer. Was wie ein klassisches Callcenter aussieht, ist das Virtuelle Welcome Center der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) in Bonn. Auf Deutsch und Englisch, bei Bedarf auch auf Rumänisch, Albanisch und in anderen Sprachen, findet hier eine telefonische Job-Beratung statt. "Ich bin Serbin, ich habe eine Ausbildung als Krankenschwester. Ich spreche schon etwas Deutsch, habe aber kein offizielles Zeugnis dafür", oder: "Ich bin Marokkaner, ich möchte gerne als LKW-Fahrer arbeiten, wird mein Führerschein, meine Erfahrung anerkannt?" Rund 175.000 Anrufe haben die Mitarbeiter in diesem Jahr angenommen, um Jobsuchende aus den unterschiedlichsten Ländern und Berufsfeldern per Telefon zu beraten.

Dabei ist die Telefonzentrale nur eine der Anlaufstellen in der ZAV, dem internationalen Kompetenzzentrum der Bundesagentur für Arbeit. 32.200 Anfragen haben die Berater 2016 bislang über E-mail erreicht und 4.000 per Textchats.

Deutschland sucht mittlerweile aktiv nach Fachkräften - innerhalb der EU, aber zunehmend auch außerhalb. Eine Schwerpunktregion ist der westliche Balkan, eine zweite Nordafrika, doch auch Länder wie Mexiko stehen im Fokus. Besonders gefragt seien Ingenieure, beispielsweise im Maschinenbau, aber auch Computerfachleute, erläutert Carsten Klein, Vorsitzender der Geschäftsführung der ZAV. Darüber hinaus sei der Bedarf an Pflegekräften und medizinischen Berufen insgesamt sehr groß. "Es gibt auch sehr ausgeprägte regionale Bedarfe - zum Beispiel einzelne Berufe wie Speditionskaufleute oder Kraftfahrer, die eben in ganz bestimmten Regionen Deutschlands gesucht werden", sagt Klein.

Carsten Klein im DW-Gespräch

00:48

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Im IT-Bereich sind Deutschkenntnisse nicht entscheidend

Neben der beruflichen Qualifikation, die durch Zeugnisse nachgewiesen werden muss, ist die zweite große Hürde auf dem Weg zu einem Job in Deutschland häufig die Sprache. Welches Niveau gefordert wird, hängt vom jeweiligen Beruf ab. Im IT-Bereich ist das Englisch-Niveau entscheidend, aber beispielsweise in der Pflege, im Hotel- und Gaststättengewerbe, wo direkter Kontakt zum Kunden oder Patienten nötig ist, sollten die Bewerber so gut Deutsch sprechen, dass sie sich gut verständigen können, erläutert Klein. Sie sollten gut aufnehmen können, was der Kunde wünscht, und auch in der Lage sein, entsprechend in deutscher Sprache zu lesen und zu schreiben.

Bei der Vermittlung arbeitet die ZAV mit Arbeitsämtern der Partnerländer zusammen - besonders intensiv zurzeit mit Partnern des westlichen Balkans. Vor Kurzem fand in Bonn ein Workshop für die Mitarbeiter der Arbeitsämter aus Südosteuropa statt. Und immer wieder gibt es bilaterale Besuche. Zurzeit ist gerade eine Delegation aus Montenegro in Deutschland, um das Prozedere der Jobvermittlung mit den deutschen Partnern und mögliche Qualifikationsmaßnahmen für Interessierte in Montenegro abzustimmen.

 "Wir entwickeln Projekte und Programme für die Arbeitslosen in Montenegro, die ihnen eine Chance geben werden, zuerst eine entsprechende Schulung abzuschließen und danach eventuell einen Job in Deutschland zu finden", sagt der stellvertretende Direktor der montenegrinischen Arbeitsagentur, David Perčubić. Die Schulung für den deutschen Arbeitsmarkt dauere in der Regel zwei oder drei Jahren. Die Kandidaten müssten Deutsch können, zumindest auf dem Niveau A1 oder A2.

Trägt Deutschland zum "Braindrain" bei?

Dass Deutschland die besten Fachkräfte aus den Partnerländern abwerben könnte und somit zum sogenannten "Braindrain" beitragen würde, weist Klein zurück: "Generell gilt für uns wie auch für andere europäische Länder, dass wir nicht einen einseitigen Weg vorziehen, sondern dass wir Menschen die Möglichkeit geben wollen, sich in Deutschland beruflich zu orientieren, sich auch weiterqualifizieren zu lassen, und dann mit entsprechenden guten Erfahrungen auf die heimischen Märkte zurückzukehren." Deswegen arbeite man intensiv mit den Organisationen in den jeweiligen Herkunftsländern zusammen.

David Perčubić: "Chancen für Arbeitslose aus Montenegro"Bild: DW/A. Feilcke

Und Perčubić ergänzt aus montenegrinischer Perspektive: "Die Projekte, an denen wir gerade arbeiten, entwickeln wir vor allem wegen der Arbeitslosen in Montenegro. Damit wollen wir unsere Ressourcen so gut wie möglich abschöpfen und die Arbeitsmigration legalisieren."   

So ist die Arbeitsvermittlung für Fachkräfte aus dem Ausland allem Anschein nach für beide Seiten von Interesse. Und die wachsende Zahl von Anfragen bei der ZAV zeigt, dass der Bedarf wächst. Die Telefonhotline, die Textchats und Skype-Verbindungen sind Montag bis Freitag zu erreichen, per E-mail können Interessenten ihre Anfragen rund um die Uhr platzieren. Und immer, so der Anspruch der ZAV, sind es qualifizierte Berater, die auch noch mal vertiefend Tipps geben können, was die nächsten Schritte im Bewerbungsverfahren sind, wo es Jobmöglichkeiten gibt und was es konkret - von Mietpreisen, über Lohnnebenkosten bis hin zur Versicherung - heißt, in  Deutschland zu arbeiten und zu leben. Denn das Marketing-Versprechen "Make it in Germany!" kann nur dann erfolgreich sein, wenn von Anfang an realistisch und offen über die Chancen und Schwierigkeiten informiert und entsprechend beraten wird.

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