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Fahrplan in die Katastrophe

Helle Jeppesen23. Mai 2012

Mit Sorge sieht die UN-Sonderbeauftragte für Katastrophenvorsorge, Margareta Wahlström, die immer dramatischeren Prognosen des Weltklimarates. Der IPCC sagt eine Zunahme der Klima bedingte Katastrophen voraus.

Überschwemmung in Thailand
Bild: picture alliance/dpa

Die Städte werden von den kommenden Katastrophen besonders hart getroffen: Zum einen, weil die aller meisten Städte am Meer oder an Flussufern liegen. Zum anderen weil in den Mega-Städten auch immer mehr Menschen in Slums wohnen – ohne eine ordentliche Infrastruktur oder rettende Katastrophenpläne. Das UN ISDR (UN International Strategy for Disaster Reduction) hat jetzt eine Checkliste herausgegeben, um die Städte für den Klimawandel zu rüsten. Im DW-Interview erläutert die Die UN-Sonderbeauftragte für Katastrophenvorsorge, Margareta Wahlström, wie sich Städte auf die neuen Herausforderungen vorbereiten können.

"Business as usual führt uns in die Katastrophe": Margareta Wahlström, Leiterin UNISDRBild: DW

Deutsche Welle: Die Experten warnen, dass “Business as ususal“ eine globale Erwärmung von zwischen 4 und 6 Grad Celsius bringen wird. Gleichzeitig sehen wir immer mehr Menschen, die in die Städte ziehen: Im Jahr 2050 werden drei von vier Menschen in Städten leben. Wenn wir das alles berücksichtigen, wie sehen dann widerstandsfähige oder zukunftsfähige Städte aus?

Margareta Wahlström: Ich glaube die zurzeit kritischste Frage ist: Wie können wir das Gefühl der Dringlichkeit aufrecht erhalten? Die Botschaft ist klar: Wenn wir "Business as usual" weiter praktizieren, ist das praktisch ein Fahrplan in die Katastrophe. Eins vorab: Wir wissen welche Anpassungsmaßnahmen nötig sind und es gibt keinen besseren Zeitpunkt zu handeln, als jetzt in der Finanzkrise. Wenn wir das bisherige wirtschaftliche Wachstumspotential, das viele immer noch als Vorbild sehen, beibehalten und eine nachhaltige und praktikable Entwicklung schaffen wollen, dann müssen wir einen Weg finden, die Städte widerstandsfähiger zu machen.

Wir gebrauchen oft Wörter wie Partizipation, aber was ist das? Es bedeutet, dass wir einen sehr großen Tisch brauchen, wo wir zusammen sitzen und entscheiden können. Teilhabe ist mehr als nur informieren, Teilhabe heißt den Menschen an den Entscheidungen zu beteiligen, die ihr tägliches Leben und ihre Zukunft berühren. Und ich denke, auch wenn die Städte unter Druck sind, haben sie den Vorteil, dass sie viele Menschen zusammen bringen. In den Städten ist es möglich die Menschen zu erreichen und aktiv zu beteiligen. Nicht nur Personen, aber auch die Wirtschaft, den privaten Sektor, die Intellektuellen, die Experten – und genau das passiert auch immer öfter.

Städte sind ganz besonders interessant, weil egal aus welchem Blickwinkel wir hinschauen, dann sind es die Städte, die die Politik umsetzen. Nationale oder regionale Regierungen können etwas entscheiden, Parlamente können entscheiden, doch es sind die Kommunen, die Städte und die lokalen Institutionen, die die Entscheidungen umsetzen müssen. Und wenn man hört, was die lokalen Regierungen berichten, wird auch klar mit welch begrenzten Ressourcen sie die Aufgaben angehen. Nicht nur wenn es um die Infrastruktur geht, die von kritischer Bedeutung ist, sondern auch wenn es um Informationsaustausch und die praktische Risikoabschätzung geht, die dann zu konkreten Maßnahmen führen.

2050 werden drei von vier Menschen in Städten lebenBild: Oliver Multhaup/AP/dapd

In den Städten wird Politik umgesetzt

Die nationalen Ressourcen sind allerding viel größer als die städtischen oder kommunalen. Im Durchschnitt fließt von einem Dollar Steuereinnahmen, gerade 8 Cent in die Städte. Wie können wir also diese zukunftsfähigen Städte finanzieren?

Ganz wichtig: Mittlerweile ist es allgemein bekannt, dass es sich eher lohnt einen Dollar lokal zu investieren als zentral. Vielleicht können wir die Regierungen davon überzeugen, mehr Geld an die lokale Ebene weiter zu leiten. Das ist eine Möglichkeit. Jedoch kann man nicht generalisieren, weil Widerstandsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit der Städte - zum Beispiel Investitionen in Infrastruktur – auch von der zentralen Planung und Durchführung abhängig ist.

Keine Trinwasserversorgung, keine Rettungspläne - Alltag im SlumBild: picture-alliance/dpa

Aber ich denke, dass wir auf der lokalen Ebene einen klaren Vorteil haben, wenn wir nicht-staatliche Mittel mobilisieren wollen. Ob Zivilgesellschaft oder Privatwirtschaft: Man kann auf lokaler Ebene besser mobilisieren, weil es sehr konkret ist und mit einem festen Zeitrahmen verbunden. Man hat die Ergebnisse direkt vor Augen, man arbeitet direkt mit den Menschen und man kann den Verlauf direkt beeinflussen. Natürlich ist es auch eine Frage der finanziellen Ressourcen, doch es geht hier auch um legislative Vorgaben, es geht um Wissen und um Zugang zu Informationen. Das alles muss zusammenkommen.