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Politik

Faktencheck: BBC-Tweet mit Macron-Zitat ist gefälscht

Wulf Wilde
19. April 2022

Europa müsse sich wegen der Russland-Sanktionen auf bis zu 60 Millionen Flüchtlinge einstellen, soll Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gesagt haben. Doch der BBC-Tweet, in dem dies behauptet wird, ist ein Fake.

Frankreich Präsidentschaftswahlkampf Emmanuel Macron in Marseille
Emmanuel Macron bei einem Wahlkampfauftritt am 16. April in MarseilleBild: Ludovic Marin/AFP

Am Osterwochenende tauchten in den sozialen Netzwerken Re-Posts eines vermeintlichen BBC-Tweets auf - in diesem wird der französische Präsident Emmanuel Macron mit einer angeblichen Aussage auf einer Wahlkampfveranstaltung zitiert.

"Europa muss darauf vorbereitet sein innerhalb der kommenden 20 Jahre bis zu 60 Millionen Flüchtlinge aufzunehmen, aus Afrika und dem Mittleren Osten", soll Macron laut dem BBC-Tweet gesagt und damit vor den Folgen der Sanktionen gegen Russland gewarnt haben. Diese würden zu einem wirtschaftlichen Kollaps in Afrika führen, das große Mengen Getreide aus Russland importiere. 

Kein echter BBC-Tweet

Doch der BBC-Tweet ist gefälscht, obwohl er auf den ersten Blick überzeugend echt aussieht - mit Original-Logo von BBC World News und blau unterlegtem Verifizierungshäkchen in der linken oberen Ecke sowie einem weiteren BBC-News-Branding auf dem Foto. 

Angeblich soll der Tweet am 11. April um 18:26 Uhr auf dem Konto @BBCWorld veröffentlicht worden sein. Beim Scrollen durch den Account kann man ihn jedoch nicht finden. Und tatsächlich erschien er auch nie dort, wie der britische Sender auf DW-Nachfrage per Mail bestätigt. Man versuche, solche Fake-Inhalte so schnell wie möglich auch von anderen Seiten entfernen zu lassen, wenn das möglich ist, heißt es seitens der BBC-Presseabteilung.

Verbreitet wird der gefälschte Tweet bei Twitter und Facebook nur als Screenshoot. Zum Teil wird er dabei mit dem Kommentar "Wahlkampfversprechen" versehen. Das vermeintliche Macron-Zitat ist allerdings - wie kaum anders zu erwarten - ebenso gefälscht wie der Tweet. Der französische Präsident hat entsprechende Aussagen nie gemacht, wie der BBC-Journalist Shayan Sardarizadeh auf Twitter klarstellte:

Das Zitat ist durch keine vertrauenswürdige Quelle verbürgt. Eine Google-Suche in französischer, englischer und deutscher Sprache bringt keine Ergebnisse. 

Ältere Posts auf russischen Plattformen

Indes gibt eine Foto-Rückwärtssuche mit dem Screenshot des gefälschten Tweets Hinweise auf dessen Ursprung: russische beziehungsweise Russland nahe Plattformen, Websites und Telegram-Kanäle. Der älteste Post, den die DW-Recherche fand, stammt vom 14. Aprilaus dem Forum der russischen Website glav.su. Am 15. April findet man dann bereits erste Posts bei Twitter und Facebook. 

Der einzige Inhalt des gefälschten Tweets, der sich tatsächlich einem BBC-Beitrag zuordnen lässt, ist das verwendete Foto. Es taucht in einem am 11. April veröffentlichten Bericht zum Auftakt des Wahlkampfes zur Stichwahl bei den französischen Präsidentschaftswahlen auf.

Mögliche Einflussnahme auf französische Präsidentschaftswahl

In der Stichwahl am kommenden Sonntag stehen sich Amtsinhaber Macron und die Herausforderin Marine Le Pen von der rechtsextremen Partei Ressemblement National gegenüber. Die Meinungsforscher erwarten eine knappe Entscheidung. Der gefälschte Tweet kann als versuchte Einflussnahme zugunsten von Le Pen gewertet werden. Die 53-Jährige hat Macron immer wieder wegen seiner Migrationspolitik kritisiert und versucht durch das Schüren vor Überfremdungsängsten zu punkten.

Und: Le Pen gilt als favorisierte Kandidatin der russischen Regierung - nicht nur wegen ihrer in der Vergangenheit guten Beziehungen zum Kreml, sondern auch aufgrund ihrer EU- und NATO-kritischen Pläne. Diese würden sowohl die Union als auch auch das Militärbündnis massiv schwächen und könnten die bislang bestehende Einigkeit des Westens gegenüber Russland zerstören.

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