Faktencheck: Boxerin Imane Khelif ist nicht ausgeschlossen
20. März 2025
Behauptung: "Schockierende Box-Nachrichten: Imane Khelif ist für immer von allen Wettkämpfen ausgeschlossen worden, nachdem die World Boxing Organization WBO sie als Mann anerkannt hat. Sie hat alle Medaillen verloren und muss die Preisgelder in Höhe von 25 Millionen US-Dollar zurückzahlen."
Dieser Post auf Facebookstammt von dem User Koa Smith, einem professionellem Surfer aus Hawai, mit rund einer halben Million Followern. Der am 14. März gepostete Beitrag wurde hat mehr als 80.000 Interaktionen. Die WBO ist ein internationaler Boxverband, der offizielle Kämpfe ausrichtet und die Weltmeistertitel im Profiboxen verleiht.
DW-Faktencheck: Falsch
Die WBO erklärte bereits im Oktober 2024 gegenüber dem britischen Sender BBC, dass Berichte, wonach die Olympiasiegerin Imane Khelif gesperrt und ihr die Goldmedaille von Paris aberkannt worden sei, weil sie geschlechtsspezifische Eignungstests nicht bestanden habe, "offensichtlich falsch" seien.
Eine Nachfrage der DW beim zuständigen Verband World Boxing ergab, dass es sich bei dieser Behauptung um eine Falschmeldung handelt. "Nein, Imane Khelif ist nicht von Wettbewerben ausgeschlossen, denn sie erfüllt alle erforderlichen Anforderungen für eine Teilnahme", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Verbandes vom 19. März.
"Khelif ist vom WBO nicht als Mann, sondern als Frau anerkannt worden". Der Verband sei zudem dabei, "die Regeln für geschlechtsspezifische Unterschiede zu bewerten. Etwaige Regeländerungen werden zu gegebener Zeit vorgenommen".
Nicht zum ersten Mal Ziel von Falschmeldungen
Die Debatte um die algerische Boxerin flammt in sozialen Medien in regelmäßigen Abständen immer wieder auf. Der Athletin wird vorgeworfen, in Wirklichkeit ein Mann und zu Unrecht in der Kategorie Frauen angetreten zu sein. Die Vorwürfe sind gepaart mit diffamierenden Kommentaren über sogenannte "woke" Olympische Spiele und Hass auf Transfrauen.
Bereits im September und Oktober 2024 widerlegten Faktenchecks unter anderem vom Australian Associated Press (APP)und Reuters gleichlautende oder ähnliche Falschbehauptungen.
Rückwirkend disqualifiziert
Die am 2. Mai 1999 im algerischen Tiaret geborene Imane Khelif war bei der im März 2023 von der Internationalen Box Association (IBA)durchgeführten Box-WM der Frauen nach ihrem Sieg gegen die bis dahin ungeschlagene Russin Azalia Amineva vom Wettkampf ausgeschlossen und rückwirkend disqualifiziert worden.
Laut IBA sei bei einem "anerkannten" Test festgestellt worden, dass Khelif gegenüber anderen weiblichen Wettbewerbern Vorteile habe. Einzelheiten dazu wurden als vertraulich bezeichnet und nicht veröffentlicht.
Streit zwischen IOC und IBA
Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), hat die Kritik an der Geschlechtsidentität von Imane Khelif mehrfach zurückgewiesen. Im Oktober vergangenen Jahres erklärte er vor der internationalen Presse, dass sowohl Khelif als auch die taiwanesische Boxerin Lin Yu-ting als Frauen geboren, aufgewachsen und in der Frauenkategorie angetreten seien.
In einem offiziellen Statementvom 1. August 2024 kritisierte das Olympische Komitee die "irreführenden Informationen über zwei Athletinnen, die bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris angetreten sind". Diese beiden Athletinnen seien Opfer einer willkürlichen Entscheidung der IBA.
Das IOC entzog der International Boxing Association 2023 die Anerkennung, nach dem diese bereits seit 2019 wegen Korruptionsvorwürfen suspendiert worden war. Und die internationale Sport-Rechtsprechung gab dem IOC dabei Recht: Der Internationale Sportgerichtshof in Lausanne hat den Widerspruch der IBA gegen diese Entscheidung im April 2024 zurückgewiesen.
Von 2019 bis 2023 organisierte das IOC die Boxwettbewerbe bei den Olympischen Spielen selbst. Nach der endgültigen Suspension übernahm der 1988 in Puerto Rico gegründete Verband World Boxing die Organisation. Die WBO ist einer der vier großen Profiboxverbände, der offizielle Kämpfe sanktioniert und Weltmeistertitel im Profiboxen verleiht.
In ihrer Heimat Algerien ist Imane Khelif äußerst beliebt und wird seit ihrem Olympiasieg bei den Spielen 2024 in Paris als Heldin verehrt. Khelifs Erfolg hat nicht nur die Sportwelt beeinflusst. Ihre Fans sehen in ihr eine Ikone, die traditionelle Rollenvorstellungen herausfordert und Weiblichkeit im Sport neu definiert.