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Faktencheck: Die Rolle von Desinformation bei der US-Wahl

Sarah Steffen
10. November 2024

Falsche und irreführende Behauptungen haben sich vor der US-Wahl rasant verbreitet. Dabei kamen die Falschinformationen sowohl von US-amerikanischen Nutzern als auch aus dem Ausland. Hat das die Wahl beeinflusst?

Ein Foto von den Accounts von Donald Trump Elon Musk auf X
Unter Elon Musk hat sich X zu einer Brutstätte von Desinformation entwickeltBild: Andre M. Chang/Zuma/Imago

Der US-Präsidentschaftswahlkampf war geprägt von falschen und irreführenden Behauptungen, die über beide Präsidentschaftskandidaten in den Sozialen Netzwerken zirkulierten. Über die demokratische Kandidatin Kamala Harris wurde vor allem verbreitet, dass sie als Prostituierte gearbeitet oder ein Kind überfahren haben soll, während sich der Kandidat der Republikaner, Donald Trump, Behauptungen ausgesetzt sah, dass er inkontinent sei.

Die Anzahl der Falschinformationen über Harris übertraf die über Trump bei weitem, sagten Experten schon lange vor der Wahl am 5. November. Falsche Informationen wurden dabei sowohl von heimischen als auch ausländischen Akteuren verbreitet.

Welche Rolle spielten Akteure außerhalb der USA?

Ausländische, feindlich gesinnte Kräfte hätten zusätzliche Angriffe unternommen, um das öffentliche Vertrauen in die Integrität der US-Wahlen zu unterminieren und die Spaltung im Land anzuheizen, warnten US-Behörden. "Russland ist die größte aktive Bedrohung", so ein gemeinsames Statement von US-Sicherheitsbehörden, veröffentlicht am Tag vor der US-Wahl.

Faktencheck: Trump vs. Harris - was kann man glauben?

10:13

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Vor allem Influencer, die mit Russland in Verbindung stünden, fabrizierten Videos und Artikel, die die Legitimität der Wahl in Frage stellten, Zweifel am Wahlprozess schürten und suggerierten, dass US-amerikanische Bürger aufgrund von politischen Präferenzen gewalttätig gegenüber anderen Bürgern würden, so die US-Behörden.

"Russland hat wie erwartet versucht, Chaos in die Wahl zu bringen und es scheint, als ob die Anstrengungen zum Ende der Wahlperiode hin verstärkt wurden", sagte John P. Wihbey, Professor an der Northeastern Universität und Gründer der Internet Democracy Initiative, der DW. Allerdings könnte man erst später sagen, ob diese Bemühungen wirklich erfolgreich waren.

China habe ebenfalls Interesse daran gezeigt, die Wahl zu manipulieren, so Wihbey weiter. Vor allem die Rolle von TikTok und dessen Algorithmus gebe dabei Anlass zur Sorge.

Die Behörden hätten Lehren aus vergangenen Wahlen gezogen, sagte Katja Muñoz, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Es sei besser, Versuche der Einflussnahme schnell öffentlich zu machen. "Die Strategie dahinter ist, Vertrauen aufzubauen: Ob mit ausländischen oder internen Akteuren oder auch allgemein."

Die großen Treiber der Desinformation

Viel Desinformation wurde vor allem auf Telegram und der Social Media Plattform X, ehemals Twitter, verbreitet, so Wihbey. Auch über die Videoplattform YouTube lief allein aufgrund der Größe eine Vielzahl von Falschinformationen. Viele Accounts seien dabei genau an der Grenze zwischen Desinformation und extrem parteiischer Information.

Musk hat mehr als 200 Millionen Follower auf X und hat Berichten zufolge den Algorithmus zu seinem Vorteil verändertBild: Jim Watson/AFP

Falsche oder irreführende Behauptungen über die US-Wahl von dem Milliardär Elon Musk, dem X gehört, wurden zwei Milliarden Mal gesehen. Das hat die Nichtregierungsorganisation Center for Countering Digital Hate (CCDH) kurz vor der Wahl dokumentiert. Einer seiner meistgesehenen Posts unterstellte, dass die Demokraten illegale Wähler in die USA bringen würden. Dieser Post wurde über 47 Millionen Mal gesehen.

Seit Musk im Juli offiziell seine Unterstützung für Trump verkündet hatte, haben seine politischen Tweets auf X insgesamt über 17 Milliarden Aufrufe erzielt – mehr als doppelt so viele Aufrufe wie die von allen politischen Werbeposts auf X zusammen, so die CCDH-Analyse.

"Musk hat den Algorithmus ganz klar so optimiert, dass seine Wahlwerbung für Trump bevorzugt wird," sagte Wihbey – eine ganz neue Dimension im Wahlkampf und in den Sozialen Medien. X fungiere dabei als Verbindung zwischen Randgruppen und dem Mainstream – "viel mehr als in vergangenen Wahlen, als X unter anderer Führung war".

Spielte künstliche Intelligenz eine Rolle?

Auch wenn es durchaus einige Beispiele von KI-generierten Fakes gab - wie etwa der angebliche Anruf von Präsident Joe Biden bei den Vorwahlen in New Hampshire, Deep Fakes von Taylor Swift wie sie angeblich Trump unterstützt oder Vizepräsidentin Harris in einer kommunistischen Uniform: "Wir haben nicht die Welle an KI-Deep Fakes gesehen, wie es viele für diese Wahl befürchtet hatten", sagte Wihbey.

Musk teilte dieses KI-generierte Bild von Harris, das Stimmung gegen sie machen sollteBild: X/@elonmusk

Und: Hatten die KI-generierten Inhalte überhaupt einen Effekt? "Hat es wirklich die Leute davon überzeugt, Kamala Harris nicht zu wählen? Ich glaube, dass ist nicht ganz so einfach", sagte Muñoz. Eventuelle patriarchale Strukturen könnten hierbei eine Rolle gespielt haben oder dass die Wähler wirtschaftliche Fragen als größten Sorge empfanden und sie Trump als kompetenter gesehen hätten. "Und das, obwohl sie ihn nicht persönlich mögen oder seine Kommentare abstoßend finden", so Muñoz weiter.

Whibey sagte, Harris habe nicht viel Zeit gehabt, um ihre Persönlichkeit, Marke und Plattform zu definieren – "also war es leichter, über sie falsche Behauptungen zu streuen."

Forscher entdeckten kurz vor der Wahl auch KI-getriebene Bot-Netzwerke, die für Trump Stimmung machten.

Kann Desinformation wirklich Stimmen beeinflussen?

Obwohl Desinformation von allen möglichen Kanälen auf die Wähler einprasselte, ist unklar, ob sich das auch in einer Änderung von Wählerstimmen niedergeschlagen hat. "Es hat wahrscheinlich dazu geführt, dass bereits bestehende Narrative bestätigt wurden und konservative Rechte mehr Solidarität und einen Energieschub erfuhren", so Wihbey. 

Diese Einschätzung teilt auch Curd Knüpfer, Associate Professor für politische Kommunikation am Digital Democracy Centre der süddänischen Universität in Odense. Desinformation sei nicht ausschlaggebend gewesen, Fakten aber auch nicht. "Das war im Prinzip ein relativ ehrlicher Wahlkampf. Nicht unbedingt im Sinne, dass punktuelle Aussagen wahr waren – da waren wieder viele Lügen dabei. Aber Trump hat insgesamt ziemlich offen artikuliert, was er will und wofür er steht", so Knüpfer.

Das Ziel von Desinformation sei dabei nicht nur, Menschen von bestimmten Narrativen zu überzeugen – denn das funktioniere oft nicht, sagte Muñoz. "Das Sekundärziel ist dann tatsächlich die Schwächung des Vertrauens in die Medien, die Demokratie. Und das trifft fast immer zu, wenn man so viel Mist sieht: Auch wenn ich das nicht glaube, bin ich davon überzeugt, dass es nur noch Mist online gibt – Ziel erreicht."

Das habe dazu geführt, dass sich viele Leute bereits von etablierten Medien abgewandt hätten. Die Lücke füllten dann Influencer, Podcaster und andere selbsternannte Experten.

Trump ließ sein eigenes soziales Netzwerk erschaffen, nachdem er von Twitter verbannt wurdeBild: Muhammad Ata/ZUMAPRESS.com/picture alliance

Trump selbst gründete sein eigenes soziales Netzwerk Truth Social, nachdem er nach dem Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 von Twitter gesperrt worden war. Musk gab Trump seinen Account im November 2022 zurück.

"Konservative Gruppen und Individuen haben generell eine größere Anfälligkeit dafür gezeigt, sich an Desinformation zu beteiligen und diese weiterzuverbreiten", so Wihbey. Allerdings müssten weitere Auswertungen erst zeigen, ob dies auch bei dieser Wahlperiode der Fall war. Verschwörungstheorien um den Attentatsversuch auf Trump im Sommer wurden von verschiedenen Seiten erstellt und verbreitet, sagte Wihbey.

Die Gefahr ist auch nach der Wahl nicht vorbei. US-Behörden haben bereits davor gewarnt, dass ausländische Akteure, allen voran Russland, Desinformation in den nächsten Wochen weiter verstärken werden – lange über die Wahl hinaus.

Mitarbeit: Carla Reveland


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