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PolitikEuropa

Faktencheck: Hamas-Video zu Olympia gefälscht

Silja Thoms
27. Juli 2024

In einem Video bedroht ein angeblicher Hamas-Kämpfer die Olympischen Spiele in Paris. "Flüsse aus Blut werden durch die Straßen von Paris fließen", heißt es darin. Doch das Video ist offenbar ein Fake.

Ein vermeintlicher Hamas-Kämpfer bedeckt mit einem Tuch steht vor einer dunklen Wand
Vor Olympia: Ein vermeintlicher Hamas-Kämpfer bedroht die Olympischen Spiele Bild: X/@Data_Statistica

Behauptung: Ein vermeintlicher Kämpfer der militant-islamistischen Hamas bedroht in einem Video Frankreich und die Olympischen Spiele: "Flüsse aus Blut werden durch die Straßen von Paris fließen", heißt es darin. Das angebliche Droh-Video wurde auf verschiedenen Accounts in unterschiedlichen Sprachen millionenfach angesehen.  

DW-Faktencheck: Fake  

Bei dem Video handelt es sich laut Experten sehr wahrscheinlich um eine Fälschung, die nicht von der Hamas selbst, sondern von anderen ausländischen Akteuren stammt. "Da das Video bei identifizierten und bekannten russischen Propagandanetzwerken aufgetaucht ist, bestätigt das die Tatsache, dass es kein echtes Video ist", sagt Lou Osborn, Beraterin und Forscherin am "Centre for Information Resilience (CIR)", die sich den Clip für die Deutsche Welle angesehen hat.  

Das Video sei zwar später auch von diversen anderen Accounts - unter anderem von französischen Politikern - geteilt worden, doch entscheidend sei, wo es zuerst aufgetaucht ist. In diesem Fall stammt es laut Osborn von einem russischen Propaganda-Netzwerk.

Ausländische Akteure haben Olympia 2024 ins Visier genommenBild: Franck Fife/AFP

Forschende des "Microsoft Threat Analysis Center" kamen im Auftrag des US-Senders "NBC"zu dem Schluss, dass offenbar die russische Fälschergruppe "Storm-1516" hinter der Verbreitung des Videos steht. Diese Gruppe hatte schon zuvor die Taktik verfolgt, gefälschte Videos erst über Konten mit wenigen Followern zu verbreiten, damit später gefälschte Nachrichtenwebsites sie aufgreifen. So berichtete etwa die pro-russische Propaganda-Seite "Pravda"  über das Video. 

Doch nicht nur die Art der Verbreitung deutet auf eine Fälschung hin, sondern auch die inszenierte und unauthentische Art der Person, die zu sehen ist. Unter anderem trägt der vermeintliche Hamas-Kämpfer etwa kein grünes Band um den Kopf. Dieses Band ist ein Kennzeichen, das bisher oft von der Hamas-Brigade "Al-Kassam" in Statement-Videos getragen wurde. Ein weiterer Hinweis ist die Sprache: In diesem Fall der Akzent des vermeintlichen Hamas-Kämpfers. Er spricht Arabisch, doch die Aussprache einzelner Wörter ist falsch.  Es handelt sich also offenbar nicht um einen arabischen Muttersprachler. Dies hat dem Faktencheck-Team ein arabisch-sprachiger Journalist der Deutschen Welle bestätigt.  

Russland hat viele Gründe, um Frankreich zu diskreditieren

Das Video passt zu einer Reihe diverser Desinformationskampagnen, die in den vergangenen Monaten rund um die Olympischen Spiele auftauchten. Besonders häuften sich neben der Kritik am Internationalen Olympischen Komitee, kurz IOC, Spekulationen über die Sicherheitslage in Frankreich. Immer wieder haben russische Propaganda-Netzwerke sich zum Beispiel als militante Organisation ausgegeben, um Drohungen gegen die Spiele auszusprechen. Die Olympischen Spiele scheinen für Russland eine willkommene Gelegenheit zu sein, Frankreich zu diskreditieren, welches die Ukraine unterstützt und auch in mehreren afrikanischen Ländern mit Russland konkurriert.

Ein Ziel russischer Desinformationskampagnen: Verunsicherung schaffenBild: Emmanuel Dunand/AFP/Getty Images

Darüber hinaus dürfen Sportler aus Russland in Paris nur unter neutraler Flagge starten und müssen spezielle Richtlinien befolgen. Für Russland ein Affront. Der aktuelle Bericht von Microsoft fasst zusammen: Weil Russland nicht an den Spielen teilnehmen kann, will es sie "untergraben, diffamieren und entwürdigen". 

Terrorgefahr vor Olympia

Tatsächlich besteht in Frankreich bei einem Großereignis wie Olympia eine erhöhte Terrorgefahr. Doch viele kursierende Behauptungen und Videos sind manipuliert oder irreführend.

So war in der Vergangenheit bereits ein vermeintliches Video des US-amerikanischen Sicherheitsdiensts "CIA" aufgetaucht, in dem US-amerikanischen Bürgern empfohlen wird, wegen der erhöhten Terrorgefahr nicht zu den Olympischen Spielen zu gehen. Auch dies eine Fälschung, es gibt auf keiner offiziellen Seite der CIA ein solches Video oder eine solche Warnung. 

Schwer bewaffnete Soldaten am Eiffelturm: In Paris wurden schärfste Sicherheitsvorkehrungen getroffenBild: Martin Bernetti/AFP

Darüber hinaus gab es immer wieder sogenannte "Spoofing"-Artikel, bei denen angesehene europäische Medien imitiert werden, sodass sie aussehen wie echte Artikel. "Sie wollen ein Publikum aufbauen und versuchen sich anzupassen, indem sie Quellen nachahmen, die viele Menschen eigentlich nicht hinterfragen würden", sagt Craig im Gespräch mit der DW. "Sobald sie dieses Publikum aufgebaut haben, nutzen sie es, um ihre eigenen Argumente zu verbreiten." 

Ein Ziel der Olympia-Desinformation: der Öffentlichkeit Angst einjagen und Zuschauer am Ende davon abhalten, zu den Spielen zu gehen. "Letztendlich geht es aber auch darum, Misstrauen in die Fähigkeit der Regierung zu säen, die Situation händeln zu können", erklärt Forscherin Osborn.

Ereignisse wie die Olympischen Spiele sind laut Experten eine passende Gelegenheit, um westliche Demokratien und Regierungen zu diskreditieren - und aktuell steht Frankreich als Austragungsort der Spiele besonders im Fokus. 

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