1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikEuropa

Faktencheck: Hat Selenskyj ein Haus von Charles gekauft?

Silja Thoms
8. April 2024

Auf einer angeblich britischen Nachrichten-Seite wird behauptet, der ukrainische Präsident Selenskyj habe eine Residenz von König Charles erworben - für 20 Millionen Pfund. Aber das ist frei erfunden. Ein DW-Faktencheck.

Faktencheck: Hat Selenskyj ein Haus von König Charles gekauft?
Auf einer angeblich britischen Nachrichtenseite heißt es, Selenskyj habe ein Haus von König Charles gekauft. Stimmt das? Bild: The London Crier

Behauptung: Selenskyj hat die ehemalige Residenz "Highgrove House" von König Charles und Camilla für 20 Millionen Pfund gekauft. Das wird unter anderem in diesem Artikel einer vermeintlich britischen Nachrichten-Seite namens "London Crier" (archiviert) behauptet. Aber auch auf der Plattform X ging die Behauptung viral. Dieser Tweet (archiviert) bekam etwa 125.000 Aufrufe. 

DW Faktencheck: Fake. 

Für die Behauptung, der ukrainische Präsident Selenskyj habe das Haus gekauft, gibt es keinen offiziellen Beleg. Bei einer Online- Suche zeigte sich, dass es in bekannten britischen Medien keine Berichterstattung über den angeblichen Verkauf des Hauses gibt. Auf der offiziellen Online-Seite des Highgrove-House heißt es: "Highgrove ist der private Wohnsitz Ihrer Majestäten, König Charles III. und Königin Camilla." Informationen über einen möglichen Verkauf des Hauses tauchen in offiziellen Quellen nirgends auf. Auf eine schriftliche Anfrage der DW reagierte das Presseteam des Highgrove House bis zur Veröffentlichung des Artikels nicht. Ein offizielles Statement zu einem angeblichen Verkauf gibt es aber ebenfalls nicht auf ihrer Seite.

Das Highgrove House befindet sich seit 1980 in Besitz des britischen König CharlesBild: Chris Jackson/picture alliance / empics

Das Highgrove-Haus befindet sich nur wenige Kilometer von Tetbury in Gloucestershireentfernt. Seit 1980 ist es im Besitz von König Charles. Später wurde es zum Hauptwohnsitz von Charles und Diana mit den beiden Söhnen William und Harry. Die Behauptung stützt sich also lediglich auf den Artikel einer angeblichen Nachrichtenseite namens London Crier, bei der es noch einige andere Unstimmigkeiten gibt. 

Keine Belege für einen Verkauf von Highgrove House 

Als angebliche Quelle für die Behauptung wird in dem Artikel vom London Crier zunächst ein Video von YouTube (archiviert) herangezogen, das nur wenige Tage vor dem Artikel veröffentlicht wurde. Laut Video sollen sechs Bedienstete des Highgrove House und der ehemalige Butler von König Charles die Information bestätigt haben, dass das Haus verkauft worden sei. Die anderen Bediensteten wollten nach Aussage des Videos anonym bleiben.

Der Butler Grant Harrold berichtete in einem Interview aus dem Jahr 2022 von Erinnerungen an das Highgrove House - von einem Verkauf des Hauses war aber nirgendwo die Rede. 

Beim Besuch von Olena Selenska dankte sie Großbritannien für die Unterstützung der Ukraine Bild: President Of Ukraine/APA Images/picture alliance/ZUMA

Außerdem wird über ein Treffen von Camilla und Selenskyjs Ehefrau Olena Selenska gesprochen, deren Beziehung den Deal zum Hauskauf angeblich angebahnt haben soll. Das Treffen zwischen den beiden fand laut Berichten der Presseagentur dpa am 29. Februar statt.

Selenska veröffentlichte dazu bei Instagram Bilder ihres Besuchs (archiviert). Sie bedankte sich bei der Königsfamilie und dem gesamten Vereinigten Königreich "für die konsequente Unterstützung der Ukraine", die Aufnahme von etwa 200.000 ukrainischen Flüchtlingen und die regelmäßigen Treffen. Eine Information zum Kauf der königlichen Residenz gibt es in ihrem Beitrag nicht. 

Fehler auf der Website und in Artikeln 

Eine weitere Auffälligkeit am Online-Auftritt von London Crier: Der Versuch, auf die verlinkten Social-Media-Kanäle der angeblichen Zeitung zu klicken, endet auf den Plattformen X und Instagram bei einer Seite, die "Codetipi" heißt und ein Produkt von Wordpress ist, einem System, um Online-Seiten zu erstellen. Die Seite hat aber nichts mit der angeblichen Nachrichtenseite zu tun.

Ein Impressum, das offizielle Nachrichtenseiten normalerweise haben, gibt es auf dieser Seite ebenfalls nicht. Ohne die Kontaktdaten konnte auch die Deutsche Welle die Urheber der Seite nicht kontaktieren.

Eine weitere Ungereimtheit zeigt sich am unteren Rand der Website. Angeblich soll es die Publikation bereits 1863 gegeben haben. Als das letzte Publikationsjahr ist dort 2023 aufgeführt. Die Seite wurde allerdings erst am 26. März 2024 registriert .

Um eine Domain zu überprüfen, kann der Link auf einer Webseite wie "Whois" oder "Viewdns.info" eingegeben werden. Die Informationen zur angefragten Domain werden daraufhin ausgespielt - darunter auch, wann die Seite registriert wurde.

Auch in den einzelnen Beiträgen auf der Seite tauchen immer wieder Fehler auf: Es fehlen Autorennamen, stattdessen sind Artikel der Online-Plattform mit angeblichen Urhebern wie "admin", "dennis.marshall10" oder "xavier.parker7" gekennzeichnet.

In anderen Artikeln wie hier sieht es aus, als habe nur ein loses Brainstorming für einen Artikel stattgefunden. Zwischenüberschriften wie "Einleitung" oder "Zusammenfassung" deuten eher auf einen Arbeitstext hin, nicht auf einen abgeschlossenen journalistischen Artikel. All diese Punkte deuten darauf hin, dass es sich nicht um eine echte Nachrichtenseite handeln kann.

Propaganda und Fakes im Ukraine-Krieg

10:34

This browser does not support the video element.

Fake-Nachrichtenseiten mit russischer Propaganda 

Dabei erinnert der Name "Crier" tatsächlich an eine Zeitung, die einmal existierte. Laut der US-amerikanischen Library of Congress existierte zwischen 1968 und 1980 eine Zeitung namens "The Crier". Eine ganze Reihe an vermeintlichen Nachrichtenseiten, deren Namen an echte ehemalige Zeitungen erinnert, tauchte im März gehäuft in den USA auf. Die New York Times berichtete von diversen Websites, die Namen wie "The Chicago Chronicle" oder "D.C. Weekly" trugen. Nach Informationen der US-amerikanischen Zeitung hatten alle Verbindungen zu Russland. Das heißt also, es sind Nachrichtenseiten, die den Eindruck echter Zeitungen erwecken sollen, aber russische Propaganda verbreiten.

Laut einer Studie der US-amerikanischen Clemson Universityin South Carolina werden für russische Desinformations-Kampagnen gefälschte Nachrichten auf echten Nachrichtenwebseiten im Ausland platziert, Fake-Accounts in Sozialen Medien erstellt und echt aussehende Websites mit gefälschten Nachrichten genutzt, um falschen Meldungen Legitimität und Glaubwürdigkeit zu verleihen.

Der ukrainische Präsident Selenskyj wurde schon häufig zum Ziel russischer DesinformationskampagnenBild: VESA MOILANEN/picture alliance/dpa/Lehtikuva

Auch Wolodymyr Selenskyj selbst ist schon häufig zum Ziel russischer Desinformations-Kampagnen geworden. Nach Daten des European Digital Media Observatory (EDMO) gehören Narrative, dass die ukrainische Regierung korrupt sei zu jenen, die mit am häufigsten in Verbindung zum Russland-Ukraine-Krieg verbreitet werden. Das Narrativ, dass der ukrainische Präsident sich zum Beispiel teure Luxus-Yachten oder Villen leistet, tauchte so bereits in der Vergangenheit auf. Auch die DW hat in vergangenen Faktenchecks wie hier über solche Falschinformationen berichtet. Das Ergebnis: Selenskyj hat sich weder eine Yacht oder eine Villa gekauft - und auch nicht die Residenz Highgrove. 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen