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KonflikteAsien

Faktencheck: Indien hat keine Flut in Pakistan verursacht

Sarah Steffen
30. April 2025

Nutzer in sozialen Netzwerken behaupten, Indien hätte in Pakistan für Überschwemmungen gesorgt. Dafür sollen Wassermassen erst zurückgehalten und dann freigegeben worden sein. Doch der Wasseranstieg hat andere Ursachen.

Menschen stehen auf einer Brücke und blicken auf den Fluss Jhelum
Der hohe Wasserstand des Flusses Jhelum hat für Gerüchte gesorgt, woher das Wasser kommt.Bild: Chudary Naseer / Anadolu/ picture alliance

Plötzlich stieg der Pegel des Flusses Jhelum in Muzaffarabad in Pakistan und umliegenden Gebieten an. Einwohner sollen in Panik geraten sein. Einheimische teilten Fotos und Videos in sozialen Medien und gaben dem benachbarten Indien die Schuld.

Der Konflikt zwischen Indien und Pakistan verschärft sich seit einem Angriff auf Urlauber in der Nähe von Pahalgam im indisch verwalteten Teil von Kaschmir, bei dem vor einer Woche 26 Zivilisten erschossen wurden. Der Vorfall gilt als das tödlichste Ereignis dieser Art in Indien nach den Anschlägen von Mumbai im Jahr 2008. Zwischen beiden Atommächten ist es die bedeutendste Konfrontation seit 2019. Die Situation schürt Sorgen vor einem größeren militärischen Konflikt. Beide Staaten beanspruchen die Region Kaschmir für sich.

Nach Kaschmir-Angriff: Pakistans Wasserversorgung in Gefahr

02:56

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Als Vergeltungsmaßnahme für den Angriff hatte Indien den Indus-Wasservertrag ausgesetzt und angekündigt, die Wasserzufuhr nach Pakistan zu stoppen. Hat es stattdessen für Überschwemmungen gesorgt? DW Faktencheck nimmt die Details unter die Lupe.

Behauptung: "Pakistan, das mit einer Dürre gerechnet hatte, wurde plötzlich von einer Flut heimgesucht", schrieb ein X-Nutzer in einem Beitrag, der mehr als 2,7 Millionen Mal angesehen wurde. "Pakistan wartete darauf, dass das Wasser aufgehalten wird, aber Indien überraschte Pakistan, indem es mehr Wasser in den Jhelum abließ." Ein weiterer Beitrag mit 1,6 Millionen Aufrufen zeigt in einem Video, wie die Wassermassen eines Flusses ein geparktes Auto umspülen. Dazu wird behauptet, dies sei geschehen, nachdem Indien mehr Wasser durchgelassen hat.

DW-Faktencheck: Falsch.

Es stimmt zwar, dass am 26. April mehr Wasser als üblich durch das Flussbett des Jhelum floss. Doch Indien hat den Zufluss von Wasser in pakistanische Flüsse nicht gestoppt oder verringert, wie aus einer Erklärung der pakistanischen Wasser- und Energiebehörde (WAPDA) hervorgeht, die der Urdu-Redaktion der DW vorliegt.

DW Faktencheck konnte lokalisieren, wo das auf X gepostete Video aufgenommen wurde, und bestätigen, dass es im April 2025 in Muzaffarabad aufgenommen wurde.

In dieser Jahreszeit steigen die Wasserstände in allen Flüssen aufgrund der Schneeschmelze und der Niederschläge in den Einzugsgebieten normalerweise an. Die Wassermenge in den pakistanischen Flüssen, die zuerst Indien durchfließen, entspricht laut einem Sprecher der WAPDA in etwa dem Tagesdurchschnitt für diese Jahreszeit. Das Wasser im Jhelum habe im pakistanisch verwalteten Teil Kaschmirs keine Überschwemmungen oder Schäden verursacht, sagte er und fügte hinzu, es habe nicht einmal eine größere Überschwemmungsgefahr bestanden.

Indien: Keine Staukapazität am Jhelum

Stromaufwärts liegt am Fluss Jhelum der Staudamm Uri, ein indisches Wasserkraftwerk. Gemäß dem Indus-Wasservertrag durfte Indien in den drei Flüssen, die Pakistan zugewiesen sind, solche Anlagen nur ohne nennenswerte Speicher oder Staudämme bauen. Dadurch gibt es nicht genügend Kapazitäten, um große Wassermengen wie in einem Stausee zu speichern.

"Indien verfügt nicht über die erforderliche Infrastruktur, um den Wasserfluss insbesondere während der Überschwemmungszeiten sofort zu stoppen", sagte Vagar Ahmed, Ökonom und Teamleiter bei der britischen Beratungsfirma Oxford Policy Management, der Nachrichtenagentur Reuters.

Der inzwischen ausgesetzte Wasservertrag verpflichtet Indien, hydrologische Daten mit Pakistan zu teilen. In diesem Fall sei Pakistan nicht im Voraus von Indien über einen erhöhten Wassermenge informiert worden, sagte ein Sprecher der pakistanischen WAPDA.

Die indischen Behörden reagierten nicht auf Anfragen zu einer Stellungnahme.

 

Mitarbeit: Daniel Ebertz, Tilmann Wagner und die Urdu-Redaktion der DW
Dieser Artikel erschien zuerst auf Englisch