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Konflikte

Faktencheck: Falsche Bilder zu Irans Angriff auf Israel

15. April 2024

Werden hier iranische Drohnen in Israel abgefangen? Seit dem Wochenende kursieren im Netz massenhaft Videos, die den iranischen Angriff auf Israel zeigen sollen. Viele Aufnahmen sind laut DW-Faktencheck Jahre alt.

Am nächtlichen Himmel über Jerusalem sind Explosionen zu sehen
Die israelischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben im Verbund mit Partnern den iranischen Angriff weitestgehend abgewehrtBild: Mohammad Hamad/picture alliance/Anadolu

Am vergangenen Wochenende hat der Iran Israel militärisch angegriffen. Rund 300 Raketen, Marschflugkörper und Drohnen schoss das iranische Militär in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf Israel ab. Auch die libanesische Hisbollah-Miliz und die jemenitischen Huthi-Rebellen, die beide dem Mullah-Regime in Teheran nahestehen, beschossen Israel mit Raketen.

Die Bewertung und Einordnung der Militäroperation verläuft allerdings sehr runterschiedlich. Beide Seiten arbeiten mit zweifelhaftem Bildmaterial, um ihre Sicht zu dokumentieren.

Behauptung: "Dieser Angriff zeigt die wahren Farben des Iran", heißt es in der letzten Sequenz eines Videos, dass die israelischen Streitkräfte auf X, ehemals Twitter, mit dem Kommentar "Israels Realität in den letzten Stunden" gepostet haben. Das Video und Screenshots daraus - ähnlich dem unten gezeigten - wurden vielfach in sozialen Medien verbreitet.

DW-Faktencheck: Falsch.

Die israelische Armee hat den Drohnenangriff des Iran auf Israel in mehreren Videoclips dokumentiert und einige davon in dem fraglichen Video zusammengeschnitten. Der britische Faktenchecker Shayan Sardarizadeh kommt zu dem Ergebnis, dass zwar die Mehrheit der Clips echt seien und vom 14. April stammten. Die letzte Einstellung aber sei vermutlich bereits zehn Jahre alt, so Sardarizadeh auf X.

Dieser Teil des Video zeigt nicht den jüngsten Raketenangriff Irans auf Israel

Auch die Bilderrückwärtssuche von DW Faktencheck ergab, dass diese Einstellung deutlich älter ist. Mehrfach wurde sie in russischen Nachrichtensendungen für unterschiedliche Szenarien aus dem Ukrainekrieg und sogar schon im Zusammenhang mit der Annexion der Halbinsel Krim genutzt. Wir können bestätigen, was auch ein User unter dem IDF-Post schreibt: Bilder aus dem Video tauchen schon 2014 auf Twitter auf. Diese Bilder sind also nicht geeignet, die "Realität Israels in den letzten Stunden" zu belegen, noch zeigen sie "die wahren Farben des Iran".

Luftabwehr eines Hamas-Angriffs

Behauptung: Ein weiteres Video, das aus einem Hochhaus gefilmt zu sein scheint, zeigt eine Stadt in der Dunkelheit: "Israels Raketenabwehrsystem Iron Dome angeblich gerade im Einsatz gegen Irans Drohnenangriff", heißt es in einem TikTok-Post. Das Video wurde auch auf Instagram und Youtube geteilt.

DW Faktencheck: Falsch.

Wir haben das Video heruntergeladen und in Suchmaschinen nach einzelnen Bildern daraus gesucht. Die ältesten Einträge, unter denen wir es wiedergefunden haben, stammen vom 11. Oktober 2023. Sowohl die britische Boulevardzeitung "Daily Mail" als auch Hananya Naftali, ein israelischer Polit-Influencer mit Verbindungen zur Regierungspartei Likud von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, veröffentlichten es damals.

Demnach zeigt das Video tatsächlich, wie das israelische Luftabwehr-System "Iron Dome" Raketen abfängt. Allerdings handelt es sich laut beiden Quellen um einen Angriff der militant-islamistischen Hamas, deren Raketen technologisch weit weniger entwickelt sind als die Waffen des Iran und beispielsweise über keinerlei Lenkfunktion verfügen. Viele Staaten, darunter Deutschland, die USA und die EU, stufen die Hamas, wie auch den militärischen Arm der Hisbollah, als Terrororganisationen ein.

Dieser Screenshot zeigt, wie das israelische Luftverteidigungssystem Iron Dome einen Raketenangriff aus Gaza abwehrt - mutmaßlich am 11.10.2023Bild: TikTok

Laut unterschiedlichen Quellen hat Israel im Verbund mit Partnerstaaten wie den USA, Frankreich und Großbritannien den Angriff weitgehend abgewehrt. Auch Jordanien, mit dem Israel diplomatische Beziehungen, aber keine militärische Partnerschaft pflegt, hat einige der Drohnen über dem eigenen Staatsgebiet zerstört. Laut Armeesprecher Daniel Hagari wurden "99 Prozent" der Geschosse abgefangen.

Dabei kam nicht nur das Raketenabwehr-System Iron Dome zum Einsatz, sondern auch Arrow III, das zur Abwehr in größerer Entfernung geeignet ist, sowie Kampfjets.

Nach israelischen Angaben schlugen lediglich einige wenige ballistische Raketen auf israelischem Territorium ein. Dabei seien 31 Menschen verletzt worden und leichte Sachschäden unter anderem an einem israelischen Luftwaffenstützpunkt entstanden.

Social-Media-Posts feiern iranischen Luftangriff 

Während Israels Regierung die Abwehr des Drohnenangriffs feiert, ist dem Regime in Teheran daran gelegen, den Angriff als Erfolg gegen den Erzfeind Israel zu stilisieren. Zahlreiche Posts in sozialen Medien greifen diese Behauptung auf. Sie belegen diese jedoch ebenfalls mit falschen Videos, die aus ihrem wahren Kontext gerissen wurden. 

Behauptung: "Israel brennt | Der Zeitpunkt, an dem Israel von der Weltkarte verschwindet, ist sehr nah", behauptet ein X-Account und postet dazu ein Video mit mehreren Explosionen - mutmaßlich ebenfalls aus einem der oberen Stockwerke eines Hochhauses gefilmt. Mehrere Feuerbälle erhellen nacheinander die Nacht, Rauchwolken ballen sich gen Himmel.

DW Faktencheck: Falsch.

"Israel brennt", heißt es in dem Post. Das Video ist älter und zeigt wohl einen ukrainischen Luftangriff auf die Hafenstadt Sewastopol auf der russisch besetzten Halbinsel Krim am 24. März dieses JahresBild: X

Auch hier hat uns die Bilderrückwärtssuche auf eine ältere Spur gebracht. Mehrere Suchergebnisse bringen dasselbe Video mit einem ukrainischen Luftangriff auf die russisch besetzte Halbinsel Krim am 24. März dieses Jahres in Verbindung. Nach Angaben der "Daily Mail" und der deutschen Tageszeitung "Welt" könnte es die Zerstörung zweier russischer Kriegsschiffe im Hafen der Stadt Sewastopol oder eines Kommunikationszentrums der russischen Marine zeigen. Der von Russland eingesetzte Gouverneur von Sewastopol bestätigte damals den Angriff. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Informationen allerdings kaum, da die Krim für Journalisten nicht frei zugänglich ist. Wir können jedoch festhalten, dass das Video bereits mindestens drei Wochen vor dem iranischen Luftangriff aufgenommen wurde.

Dieser Artikel wurde am 16.04.2024 aktualisiert.

Jan D. Walter Jan ist Redakteur und Reporter der deutschen Redaktion für internationale Politik und Gesellschaft.
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