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Kein "Massensterben" durch Impfschäden

31. Dezember 2021

Ein Jahr nach Beginn der Corona-Impfungen in Deutschland warnen Impfgegner in den sozialen Netzwerken vor massenhaften Impfnebenwirkungen und Impfschäden. Die Zahlen sprechen jedoch eine ganz andere Sprache.

Deutschland Hannover | Karl Lauterbach impft Kinder im Impfzentrum am Zoo (Foto: imago)
Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach impft ein Kind in HannoverBild: Rainer Droese/localpic/imago images

Während die Omikron-Welle vielerorts für rasant steigende Infektionszahlen sorgt und die Zahl der erst-, zweit- und dritt-geimpften Personen auch in Deutschland wächst, machen einige Menschen in den sozialen Netzwerken weiter Stimmung gegen die Corona-Impfungen. Ein Jahr nach dem Start der Impfungen in vielen europäischen Ländern warnen einige vor den mutmaßlichen Gefahren der Impfstoffe, die angeblich extrem viele Nebenwirkungen haben. 

Behauptung: "So viele Impfschäden - und vor allem auch Tote - gab es bei noch keiner Impfung!", schreibt eine Nutzerin. Ein anderer User sagt "ein Massensterben durch die Nebenwirkungen der Impfung" voraus. 
Für manche ist dies bereits Realität: "Millionen sterben an den Nebenwirkungen der Impfungen", wird auf einem Account behauptet.

DW Faktencheck: Falsch.

Die COVID-19-Impfungen sind nun über ein Jahr weltweit im Einsatz und wurden in großen Mengen verimpft: Mehr als neun Milliarden Impfdosen wurden bisher gespritzt - und schwere Impfnebenwirkungen sind nachweislich bislang sehr selten.

Allein aufgrund der historisch beispiellos großen Impfkampagne sind jedoch gewisse Fallzahlen von Nebenwirkungen zu erwarten, etwa durch Arzneimittelunverträglichkeit oder andere Allergien. Ein zusätzlicher Grund: Impfreaktionen zeigen, dass sich der menschliche Organismus mit dem Erreger bzw. Impfstoff auseinandersetzt. (Mehr zur Immunreaktion hier.) Der Impfstoff wird vom Immunsystem als fremd erkannt und dieser bildet dann Antikörper. Die COVID-19-Impfstoffe gelten als "reaktogen", lösen also häufiger Impfreaktionen aus. 

Doch nur wenn diese schwerer ausfallen oder anhaltend sind, werden sie zu einem Problem. Um das zu erkennen und im Sinne der Arzneimittelsicherheit gegebenenfalls gegensteuern zu können, gibt es in vielen Weltregionen Meldesysteme für mögliche Nebenwirkungen der Impfstoffe. Einige nationale oder kontinentale Gesundheitssysteme berichten transparent und regelmäßig über alle gemeldeten Verdachtsfälle. So veröffentlicht das in Deutschland für die Arzneimittelsicherheit zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) monatlich (demnächst zweimonatlich) Sicherheitsberichte mit exakten Angaben zu Verdachtsfällen von Impfnebenwirkungen und Impfkomplikationen. Im aktuellen Bericht fasst das Bundesinstitut die Daten aus elf Monaten Impfkampagne zusammen.

Ergebnis: Es gab in Deutschland knapp 197.000 gemeldete Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen und rund 26.000 schwerwiegende Fälle. Absolut betrachtet sind dies hohe Zahlen - in Relation zu den verabreichten Impfdosen wirken sie jedoch längst nicht mehr so hoch. Bei 123 Millionen Impfungen wurden nur in 0,16 Prozent der Fälle Impfnebenwirkungen gemeldet und nur in 0,02 Prozent der Fälle schwerwiegende Symptome. 

Das Ziel dieser Erfassung sei, "von Beginn an die Verdachtsfallmeldungen zu Impfstoffnebenwirkungen und -komplikationen mit höchster Priorität" zu beobachten, so die Chefs des Paul-Ehrlich-Instituts und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, Klaus Cichutek und Karl Broich, in einer Bilanz ein Jahr nach  dem Impfstart in Deutschland. 

Und die deutschen Zahlen decken sich mit den Meldedaten auf europäischer Ebene: Nach Erhebungen der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) liegt die Zahl der gemeldeten Fälle von Impfnebenwirkungen in der Europäischen Union (EU) und dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) je nach Impfstoff zwischen 0,1 bis 0,32 Prozent gemessen an der Gesamtzahl der Impfungen.

Insgesamt 627,5 Millionen Impfdosen wurden demnach bis zum 1. Dezember 2021 in der EU sowie im EWR verabreicht. In 835.484 Fällen wurden Impfnebenwirkungen gemeldet, also bei 0,13 Prozent aller Impfungen.

Fazit: Behauptungen über Millionen Fälle von massiven Nebenwirkungen, gar ein "Massensterben" durch die Impfstoffe, entbehren jeder Grundlage. Die Daten zeigen dagegen, dass Impfnebenwirkungen und erst recht schwere Fälle sehr selten sind. Und dennoch verbreiten sich in den sozialen Netzwerken immer wieder Falschmeldungen, wonach Kliniken voller Patienten seien, bei denen "massig schwerwiegende Impfnebenwirkungen" behandelt wurden. Angeblich habe dies eine Krankenschwester über das Klinikum Neubrandenburg in Deutschland erzählt, wird ein Nutzer zitiert. Das Neubrandenburger Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum widersprach dieser Darstellung entschieden.

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