Faktencheck: Keine Zölle für US-Importe in die EU?
29. Juli 2025
Beim jüngsten Handelsdeal zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump in Schottland präsentierten sich beide als Sieger. Trump verkündete, dass US-Waren künftig zollfrei in die EU eingeführt würden.
Von der Leyen präsentierte sich als Retterin europäischer Wirtschaftsinteressen. Denn Trump habe eingewilligt, die für den 1. August geplante Einführung von 30 Prozent Einfuhrzöllen auf Waren aus der EU auf 15 Prozent zu senken. Was ist richtig, und was ist falsch? DW Faktencheck hat sich das einmal angeschaut.
Behauptung: "Sie haben eingewilligt, ihre Länder für den Handel mit den USA zu öffnen und Handel ohne Zölle zu betreiben. Alle EU-Länder werden sich öffnen und mit den USA zollfreien Handel betreiben". Dies erklärte US-Präsident Trump auf einer Pressekonferenz in Schottland nach der Einigung im EU-US-Handelsstreit am 27. Juli. (Link zum archivierten Video, Timecode: 1.14 – 1.30)
DW Faktencheck: Irreführend
Die Äußerungen von US-Präsident Donald Trump sind missverständlich. Nach Angaben der EU-Kommissiongilt eine beiderseitige zollfreie Einfuhr nur für bestimmte Produkte. Dazu gehören alle Flugzeuge und Flugzeugteile, bestimmte Chemikalien, bestimmte Generika, Halbleiterausrüstung, bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, natürliche Ressourcen und kritische Rohstoffe.
EU-Präsidentin Ursula von der Leyen kündigte allerdings an, die EU wolle den Zugang von US-amerikanischen Produkten zum EU-Markt verbessern. Eine angeblich zollfreie Einfuhr von Autos aus den USA in die EU, über die in vielen Medienberichtet wurde, wurde von EU-Seite bisher nicht bestätigt.
"Noch sind alle Details offen"
Auf Anfrage der DW erklärte die für Deutschland zuständige EU-Kommissionssprecherin Birgit Schmeitzner: "Noch ist nichts festgelegt und von beiden Seiten bestätigt. Abgesehen von den beschlossenen 15 Prozent an Zöllen auf alle EU-Einfuhren in die USA, die noch in dieser Woche umgesetzt werden, sind noch viele Details offen."
Diese müssten jetzt finalisiert beziehungsweise ausgehandelt werden. Die EU-Kommission strebe an, dass ein entsprechendes gemeinsames Statement mit der US-amerikanischen Seite so schnell wie möglich erstellt werde.
Die EU erhebt bislang auf Autoimporte aus den USA einen Zoll in Höhe von zehn Prozent. Die EU belegt Einfuhren aus den USA generell mit geringeren Zöllen als die USA.
Nach einer Übersicht des EU-Thinktanks Bruegelbetrug der durchschnittliche Zollsatz für Importe aus den USA in die EU vor dem Handelskrieg rund 1,35 Prozent. Für Importe aus der EU in die USA lag der Tarif bei 1,47 Prozent.
USA mit Abstand größte Wirtschaftsmacht
Behauptung: "Die USA und die EU sind die beiden größten Volkswirtschaften der Welt". Dies erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im offiziellen Statement zum EU-US-Handelsdealvom 27. Juli.
DW Faktencheck: Richtig
Nach Angaben des Internationalen Weltwährungsfonds (IWF) belegte die EU2024 vor China den zweiten Platz im Ranking der größten Volkswirtschaften weltweit. Die Wirtschaftsleistung des Blocks betrug im vergangenen Jahr 19,41 Billionen US-Dollar.
Die USA liegen mit großem Abstand auf dem ersten Platz mit 29,18 Billionen US-Dollar.
China lag 2024 bei 18,75 Billionen US-Dollar.
Außerdem unterhalten EU und USA die weltweit größten bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen. Nach Angaben der EU-Kommission erreichte der Handelmit Waren und Dienstleistungen zwischen der EU und den USA 2023 einen Wert von 1,6 Billionen Euro.
"Unfaire Handelsbeziehungen für die USA"
Behauptung: "Wir hatten jahrelang sehr gute Handelsbeziehungen. Aber es war eine einseitige Beziehung, die für die USA sehr unfair war". Dies erklärte Trump bei einer gemeinsamen Pressekonferenzmit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 27. Juli in Schottland. (Timecode: 1.13 – 1.24)
DW Faktencheck: Irreführend
Trumps Behauptung bezieht sich auf den Warenverkehr zwischen der EU und den USA. Nach EU-Angabenexportierte die EU Waren im Wert von 503 Milliarden Euro in den US-Markt und importierte Waren im Wert von 347 Milliarden Euro, was zu einem Warenhandelsüberschuss von 157 Milliarden Euro für die EU führte.
Bei den Dienstleistungen sieht die Bilanz allerdings anders aus. Während die EU Dienstleistungen im Wert von 319 Milliarden Euro in die USA ausführten, erreichten die Dienstleistungsexporte der USA einen Wert von 427 Milliarden Euro, was einem Überschuss von 109 Milliarden Euro entspricht.
Somit belief sich die Differenz zwischen den EU-Exporten in die USA und den US-Exporten in die EU 2023 auf 48 Milliarden Euro. Dies entspricht nur drei Prozent des gesamten Handels zwischen der EU und den USA.