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Ist die globale Erwärmung natürlich?

Tatiana Kondratenko
28. Juni 2021

Schon immer hat sich das Klima auf der Erde verändert, mal gab es wärmere, mal kältere Zyklen. Noch immer sagen Skeptiker, dass CO2-Emissionen des Menschen daher keinen großen Einfluss auf das Klima hätten. Stimmt das?

Illustration eines Vogels mit Flügeln eines Flugzeugs und einem Kondensstreifen dahinter fliegt am Himmel
Bild: Marc Löricke/DW

Es stimmt, dass der Planet Erde in seiner 4,5 Milliarden Jahre währenden Geschichte wärmere und kältere Perioden erlebt hat.

Die Temperaturen haben sich über viele Jahrtausende verändert. Dieser Prozess wurde von Änderungen in der Erdumlaufbahn um die Sonne bestimmt. Während größere Entfernungen in kälteren Zyklen resultierte, hat Nähe zur Sonne zu wärmeren, interglazialen Perioden geführt.

Als Wissenschaftler im späten 20. Jahrhundert zu untersuchen begannen, wie sich die Temperaturen im Laufe der Zeit verändert haben, beobachteten sie aber ab den 1980er Jahren eine viel schnellere Erwärmung des Planeten, als je zuvor aufgezeichnet worden war.

Plötzlicher Anstieg im 20. Jahrhundert

1998 veröffentlichten Forscher der US-amerikanischen University of Massachusetts und des Laboratory of Tree-Ring Research der University of Arizona eine Studie, die die durchschnittliche globale Jahrestemperatur der letzten 1000 Jahre zeigte. Um Temperaturen aus einer Zeit zu ermitteln, in der es noch keine Thermometer gab, die also ein halbes Jahrtausend zurückliegen, untersuchten sie sogenannte Proxy-Zeitreihen oder natürliche Aufzeichnungen: Messungen von Eisbohrkernen, Baumringen und Korallen.

Das Ergebnis zeigte, dass es über viele hundert Jahre hinweg nur geringe Schwankungen gab bis zu einem plötzlichen starken Anstieg im 20. Jahrhundert. 

Eine 2013 in der Zeitschrift Science veröffentlichte Studie analysierte sogar noch frühere Temperaturen, die 11.000 Jahre zurückreichen. Die Schlussfolgerung war dieselbe: Der Planet Erde hat sich im letzten Jahrhundert schneller erwärmt als zu jedem anderen Zeitpunkt seit dem Ende der letzten Eiszeit. 

Die Studie zeigte auch, dass sich die Erde in den letzten 2000 Jahren in Bezug ihrer relativen Position zur Sonne eigentlich in einer natürlichen Abkühlungsphase befand. Aber diese natürliche Abkühlung ist aufgrund der beispiellosen Erwärmung, die durch die menschlichen Emissionen von Treibhausgasen verursacht wurde, nicht zu bemerken, erklärte die Studie.

Was haben CO2-Emissionen mit dem Klimawandel zu tun?

Der Treibhauseffekt - ein natürlicher Prozess, der unseren Planeten erwärmt - macht menschliches Leben auf der Erde überhaupt erst möglich. Er entsteht, weil bestimmte Gase in unserer Atmosphäre die von der Erde abgestrahlte Wärme absorbieren und zum Teil wieder zurückstrahlen -  ähnlich wie einem Treibhaus.

Zu den natürlichen Treibhausgasen gehören Kohlendioxid (CO2), Methan und Distickstoffoxid (Lachgas). Jahrtausendelang hat die Natur die Konzentration dieser Gase gut reguliert. Dies änderte sich jedoch, als der Mensch begann, fossile Brennstoffe zur Energieerzeugung zu verbrennen - was zu einem starken Anstieg von CO2-Emissionen führte. Dadurch und durch weitere menschliche Tätigkeiten wurde das Gleichgewicht in der Atmosphäre gestört - die Erde begann sich nun viel schneller zu erwärmen.

Laut dem Bericht "Der Zustand des globalen Klimas 2020" der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) lag die Durchschnittstemperatur im vergangenen Jahr um 1,2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau. Damit ist der Zeitraum zwischen 1850 und 1900 gemeint, als fossile Brennstoffe noch nicht in großem Umfang zur Energieerzeugung genutzt wurden. Dem Bericht zufolge ist der Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre, der auf den Menschen zurückzuführen ist, "eine der Hauptursachen für den Klimawandel".

Korallen, Bäume, Eisbohrkerne - sie alle können helfen, die Durchschnittstemperatur vor tausenden Jahren zu bestimmenBild: picture-alliance/dpa/N. Probst

Im Jahr 2001 schätzte der Weltklimarat (IPCC), dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre vor der industriellen Ära mehrere tausend Jahre lang bei 280 Millionstel (ppm) gelegen hatte. Bis 1999 war sie auf 367 ppm angestiegen, so der IPCC. 

Der Weltklimarat wurde 1988 als UN-Gremium gegründet, hat 195 Mitgliedsländer und bewertet die wissenschaftlichen Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Der IPCC führt den Anstieg des atmosphärischen CO2 auf menschengemachte Emissionen zurück, die zu drei Vierteln aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe stammen, der Rest resultiert aus veränderter Landnutzung.

Im Mai 2021 lag der durchschnittliche globale Wert für atmosphärisches CO2 bei 415 ppm. Das letzte Mal, dass so viel CO2 in der Atmosphäre war, liegt mehrere Millionen Jahre zurück, als an den modernen Menschen überhaupt noch nicht zu denken war und der Meeresspiegel durchschnittlich 30 Meter höher lag.

Versteinerte Meerestiere in Bayern - vor Millionen Jahren lag bei ähnlichem CO2-Wert wie heute der Meeresspiegel höherBild: R. Koenig/dpa/picture alliance

Laut Benjamin Cook, Klimawissenschaftler am NASA Goddard Institute for Space Studies, untersuchten die Forscher verschiedene Faktoren wie Treibhausgase, Sonnenenergie, die Zirkulation in den Ozeanen und vulkanische Aktivität, als sie Ende des 20. Jahrhunderts begannen nach Erklärungen für die Erderwärmung zu suchen. "Nur die Ergebnisse aus den Treibhausgasemissionen aus fossilen Brennstoffen und der Industrialisierung stimmten mit der Erwärmung überein, die wir sehen", so Cook im Gespräch mit der DW.

Sind sich die Wissenschaftler einig?

Er sagt, die wissenschaftliche Gemeinschaft sei heute so überzeugt davon, dass der Klimawandel vom Menschen verursacht wird, wie von der Gravitationstheorie. "Es gibt Unsicherheiten und Nuancen in der Klimawissenschaft, die zu diskutieren sind", sagt Cook. "Aber die eine Sache, über die sich heute so ziemlich alle Wissenschaftler einig sind, ist, dass die Erwärmung durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe angetrieben wird."

2013 wurde eine viel diskutierte Analyse veröffentlicht, die die Entwicklung des wissenschaftlichen Konsens über die anthropogene Erderwärmung behandelt. Unter der Leitung von John Cook, einem Forscher des Climate Change Communication Research Hub an der australischen Monash-Universität, untersuchten amerikanische, britische und kanadische Forscher 11.944 Abstracts, also Kurzzusammenfassungen von Artikeln, die zwischen 1991 und 2011 in der von Experten begutachteten wissenschaftlichen Literatur veröffentlicht wurden. 

Dass menschengemachte Emissionen das Klima erwärmen, ist unter Wissenschaftlern quasi unbestrittenBild: J. David Ake/AP/picture alliance

Weniger als ein Prozent der von ihnen überprüften Forschungsarbeiten lehnt die Idee eines menschlichen Einflusses auf unser Klima ab. 66,4 Prozent der Abstracts äußerten keine Position zum anthropogenen Faktor, 32,6 Prozent betonten seine Rolle. Eine weitere Analyse der Artikel aus der letztgenannten Kategorie ergab einen Konsens von 97,1 Prozent über den vom Menschen verursachten Klimawandel.

Kritiker bemängelten jedoch, dass diese Zahl eben nur aus weniger als einem Drittel aller untersuchten Arbeiten abgeleitet wurde. Die meisten, so das Argument, hätten keine Meinung geäußert. 

Der Permafrost taut

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Eine neuere Studie, die von einer Gruppe internationaler Autoren durchgeführt wurde, bestätigte, dass über 90 Prozent der Klimawissenschaftler darin übereinstimmen, dass der Klimawandel vom Menschen verursacht ist.

Und eine Analyse von 11.602 wissenschaftlich begutachteten Artikeln über den Klimawandel, die in den ersten sieben Monaten des Jahres 2019 veröffentlicht wurden, ergab, dass Wissenschaftler zu einhundert Prozent über die anthropogene globale Erwärmung übereinstimmen. Diese Untersuchung wurde von James Lawrence Powell durchgeführt, einem amerikanischen Geologen und Autor von elf Büchern über den Klimawandel und Geowissenschaften.

Es gibt keine Alternative

"Wenn eine alternative Theorie dazu, was den Klimawandel anstelle von Treibhausgasen antreibt, durch Forschung und Beweise belegt würde, wäre eine solche Arbeit bahnbrechend", sagt Benjamin Cook. "Es wäre eine Studie auf Nobelpreisniveau. Aber wir sehen solch eine Untersuchung nicht." 

Der Weltklimarat vertritt die Position, dass der Klimawandel vom Menschen verursacht ist. Bereits 1995 sagte das Gremium, "die Abwägung der Beweise legt nahe, dass es einen erkennbaren menschlichen Einfluss auf das globale Klima gibt".

"Eine wissenschaftliche Herangehensweise bedeutet, dass man sich die Daten, Beobachtungen und Modellrechnungen ansieht, um Schlussfolgerungen zu ziehen", sagt Helene Jacot Des Combes, Wissenschaftlerin an der University of the South Pacific, IPCC-Autorin und Beraterin der Regierung der Marshallinseln. "Und das alles sagt uns, dass der aktuelle Klimawandel durch menschliche Aktivitäten verursacht wird."

Dieser Artikel ist Teil einer Serie, in der die DW Mythen zum Klimawandel einem Faktencheck unterzieht.

Lesen Sie auch: 

Teil 2 - Warum 0,5 Grad Erderwärmung einen Unterschied machen

Teil 3 - Ist China schuld an der Erderwärmung?

Teil 4 - Klimaschutz, was kann ich denn schon machen?

Teil 5 - Schadet Klimaschutz dem Wirtschaftswachstum?

Adaptiert aus dem Englischen von Uta Steinwehr.

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