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Schützen die Corona-Impfstoffe gegen die Delta-Variante?

14. Juli 2021

In Großbritannien sind einige Menschen trotz Impfung an der Delta-Variante verstorben. Reicht der COVID-19-Impfschutz nicht mehr? Ein Blick auf die Fakten zeigt: Doch, vollständige Impfungen schützen auch gegen Delta.

Menschen in der Innenstadt von Barcelona (Foto: AP)
Delta sorgt für die nächste Welle: Auch in Spanien steigen die Infektionszahlen erneutBild: Joan Mateu/AP Photo/picture alliance

Dieser Beitrag wurde zuletzt am 10.07.2021 aktualisiert. Neuere Entwicklungen oder Daten wurden nicht berücksichtigt.

In Großbritannien starben bisher mindestens 259 Menschen, die sich mit der Delta-Variante angesteckt haben. Davon waren laut den aktuellsten Daten von Public Health England, einer Behörde des britischen Gesundheitsministeriums, 116 Personen vollständig geimpft. Deswegen werden jetzt Fragen im Netz laut: Schützt eine Impfung noch vor der Delta-Variante? Die gute Nachricht gleich vorab: Ja, eine Impfung schützt weiterhin.

Warum bleibt trotz doppelter Impfung ein Restrisiko?

Keine der bisher zugelassenen Impfungen schützt hundertprozentig vor einer Corona-Infektion - das zeigen Studien schon seit der Einführung der Impfungen. Gerade Geimpfte mit Vorerkrankungen können sich, wenn auch mit einem geringen Risiko, möglicherweise anstecken - und im schlimmsten Fall sterben. Die aktuelle Sterblichkeitsrate ist in Großbritannien aber, trotz steigender Coronainfektionen, weiterhin sehr gering

Deutschlands bekanntester Virologe Christian Drosten erklärte im Juni dazu im NDR-Podcast "Coronavirus-Update": "Es gibt die Fälle, dass auch Leute, die doppelt geimpft sind, versterben." Dann müsse man genau hinschauen, woran sie eigentlich verstorben seien und wie die Diagnose gestellt worden sei. Der hohe Anteil von bereits Geimpften unter den Toten hängt wohl - genau wie die oben erwähnte grundsätzlich sehr niedrige Sterblichkeit - damit zusammen, dass eben ungefähr die Hälfte der Bevölkerung schon vollständig immunisiert ist. Zudem waren 116 der 118 Verstorbenen den Daten zufolge älter als 50 Jahre.

Eine Impfung schützt sehr gut vor COVID-19 - aber nicht zu 100 ProzentBild: Khalid Mohammed/AP Photo/picture alliance

Peggy Riese, Wissenschaftlerin am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, liefert im DW-Interview ein anschauliches Beispiel: "Wenn 100 Prozent einer Bevölkerung geimpft sind, dann sterben auch immer ein paar Geimpfte." Das heiße nicht, dass der Impfstoff nicht sicher sei. Er schütze eben nur nicht hundertprozentig.

Zudem könne es auch bei einigen wenigen Menschen trotz Impfung zu Todesfällen kommen, wenn die Impfungen bei ihnen nicht so gut anspringen würden, wie beispielsweise bei Menschen, die Immunsuppressiva nehmen oder Transplantationen hatten, erklärt Georg Behrens, Professor an der Medizinischen Hochschule Hannover bei der Klinik für Rheumatologie und Immunologie, im DW-Interview. Außerdem lasse die Wirkung der Impfung nach einigen Monaten nach. "Einige Menschen können unter unglücklichen Konstellationen dann dennoch eine schwere Erkrankung erleiden", sagt der Wissenschaftler. Die Impfstoffe schützten zwar sehr gut - aber einen hundertprozentigen Schutz gebe es natürlich nie.

Eine Modellierungsstudie vermutet, dass die Impfungen alleine im britischen Landesteil England bisher etwa 7,2 Millionen Infektionen sowie 27.000 Todesfälle verhindert haben. "Die Zahl der durch das Impfprogramm verhinderten Infektionen und Todesfälle ist nicht nur erstaunlich hoch, sondern wächst im Laufe des Impfprogramms exponentiell", erklärte Paul Birrell, einer der an der Studie beteiligten Wissenschaftler.

Gute Schutzwirkung bei vollständiger Impfung

Die im DW-Interview befragten Experten sind von der Wirksamkeit der Impfstoffe gegen die Delta-Variante überzeugt. "Die Impfungen sind fantastisch gut", sagt beispielsweise der Virologe Weber. "Die Immunantwort bei Geimpften, die die doppelte Dosis abbekommen haben und entsprechend warten, ist im Schnitt höher oder wie bei Leuten, die eine Immunantwort nach einer Infektion bekommen haben", erklärt er weiter.

Erkenntnisse aus der Wissenschaft stützen die Einschätzung der Experten.

Einer aktuellen Studie zufolge, die im Fachmagazin Nature publiziert wurde, schützt eine doppelte Impfung von BioNTech/Pfizer weiterhin stark vor der Delta-Variante. Neue Daten aus Israel stufen die Schutzwirkung gegen Delta allerdings etwas geringer ein als bisherige.

Wie das israelische Gesundheitsamt in einer Pressemitteilung bekannt gab, sei die Wirksamkeit der BioNTech/Pfizer-Impfung gegen die Delta-Variante in Bezug darauf, eine Infektion komplett zu verhindern, auf 64 Prozent gesunken. Auch verhindere die Impfung "nur" um 64 Prozent eine Erkrankung mit Symptomen. Dennoch schütze die Impfung weiterhin zu 93 Prozent vor einer schweren Infektion mit Krankenhausaufenthalt. Wie das israelische Gesundheitsamt genau zu den Daten kommt, ist nicht transparent. Bisher gab es von der Pressestelle auf DW-Anfrage keine genaueren Angaben zur Vorgehensweise in der Studie.

Einer aktuellen kanadischen Studie zufolge zeigt auch der Impfstoff von Moderna einen relativ hohen Schutz gegen die Delta-Variante: Demnach schütze die Moderna-Impfung 14 Tage nach der ersten Dosis zu 72 Prozent. Aktuell fehlen noch Daten zur Wirksamkeit nach der zweiten Dosis.

Insgesamt zeigen die bisher veröffentlichten Studien zum Impfschutz von BioNTech, AstraZeneca und Moderna gegen die Delta-Variante große Unterschiede, wie der Vergleich zwischen Israel, Kanada, England und Schottland in der Financial Times zeigt.

Zu Johnson & Johnson gibt es bislang nur wenig belastbare Informationen. Die Impfung führe zu einer "starken Immunantwort", auch acht Monate nach der Vergabe, so die Aussage dieser von Johnson & Johnson beauftragten Studie mit nur 20 Probanden. Eine Angabe zur Wirksamkeit speziell gegen Delta machte Johnson & Johnson aber bisher nicht. Auch bei anderen Impfstoffen liegen der Deutschen Welle keine näheren Informationen vor.

Wird eine "Booster"-Impfung notwendig? 

Behrens von der Medizinischen Hochschule Hannover betont dabei, es müsse beachtet werden, zu welchem Zeitpunkt die Menschen in Israel, die sich mit Delta angesteckt haben, geimpft wurden. Die ersten Impfungen seien schon im Dezember letzten Jahres gesetzt worden. Die Wirkung könnte langsam nachlassen und eine weitere Dosis notwendig sein, so der Professor.

Darauf deuten die Hersteller der BioNTech/Pfizer-Impfung auch in einer aktuellen Pressemitteilung hin. Um die Wirksamkeit aufrecht zu erhalten, fordern sie die Zulassung für eine dritte Impfdosis sechs Monate nach der zweiten Impfung.

Frühere Daten aus Großbritannien hatten auf eine etwas höhere Wirksamkeit der Impfstoffe BioNTech/Pfizer und AstraZeneca gegen Hospitalisierung hingedeutet als die israelischen Daten aufzeigen: Einer PHE-Studie zufolge soll eine BioNTech/Pfizer-Impfung einen schweren Verlauf der Delta-Variante mit Krankenhausaufenthalt nach der ersten Impfung bereits zu 94 Prozent verhindern, nach der zweiten Dosis sogar zu 96 Prozent. Mit AstraZeneca geimpfte Menschen sind nach der ersten Impfung zu 71 Prozent davor geschützt, einen schweren Verlauf mit Krankenhausaufenthalt zu haben - nach der zweiten sogar zu 92 Prozent.

Einer weiteren britischen Studie zufolge schützen die Impfstoffe auch davor, überhaupt symptomatisch auf eine mögliche Infektion mit der Delta-Variante zu reagieren. BioNTech/Pfizer schützt dabei nach der ersten Dosis zu 36 Prozent vor einem symptomatischen Verlauf, zu 88 Prozent nach der zweiten Dosis. Bei AstraZeneca sind es nach der ersten Dosis 30 Prozent, nach der zweiten 67 Prozent.

Diese ersten Studienergebnisse zeigen, dass die Delta-Variante zwar prinzipiell resistenter gegen die Impfstoffe ist - aber gerade eine vollständige Impfung weiterhin stark vor dieser Variante schützt.

Wie wahrscheinlich sind noch gefährlichere Varianten?

Varianten entstehen, wenn das Virus durch Zufall mutiert. "Neue Varianten werden wahrscheinlich noch eine ganze Weile auf uns zukommen", sagt der Virologe Weber. Erst wenn der Großteil der Bevölkerung durchgeimpft sei, würden nicht mehr neue Varianten entstehen. Dass die Impfungen aber plötzlich gar nicht mehr wirken würden, davon geht der Virologe nicht aus.

Man könne keine genaue Wahrscheinlichkeit dafür liefern, ob es noch gefährlichere Varianten geben werde, sagt Wissenschaftler Behrens. Es komme aber auch immer wieder zu weniger gefährlichen Mutationen, die sich nicht durchsetzen. Der beste Schutz sei in jedem Fall eine Impfung. Denn je mehr Menschen sich impfen lassen, desto größer ist die Immunität in der Bevölkerung und desto kleiner wird das Infektionsgeschehen.

Das bestätigt auch Peggy Riese. Die Wissenschaftlerin sagt zudem, dass man dieses Szenario nicht genau vorhersagen könne. Das Coronavirus mutiere insgesamt zwar häufiger als beispielsweise das Masernvirus, aber seltener als das Grippevirus. Es sei also weder ein Virus, das besonders schnell mutiere, noch eines, dass ganz langsam mutiere.

Brauchen wir neue Impfstoffe?

Bisher sind die Impfstoffe sehr wirksam gegen alle besorgniserregenden Mutationen. Wenn sie nicht mehr so gut schützen, müsse man die Impfstoffe natürlich anpassen, sagt Wissenschaftlerin Riese. Dennoch solle man da nicht übereilig sein. "So schnell entwickelt sich ein Impfstoff ja auch nicht. Wenn jedes Vierteljahr eine Mutante entsteht, dann kommen wir nicht mehr hinterher mit der Impfstoffentwicklung." Sonst könnte es auch passieren, dass ein Impfstoff an eine Variante angepasst werde, dann aber gar nicht mehr zu gebrauchen sei, weil das Virus schon wieder mutiert sei.

Virologe Weber sieht das etwas anders. "Man sollte die Impfstoffe gleich anpassen", sagt er. Die große Bremse dabei seien die großen Studien, die man vor der neuen Zulassung machen müsste, die Zeit in Anspruch nähmen. 

Der Hersteller BioNTech/Pfizer ist eigenen Angaben zufolge derzeit dabei, eine Impfung speziell gegen die Delta-Variante zu entwickeln. Erste klinische Studien dazu sollen schon im August beginnen.

Auch Forscher des renommierten Berliner Universitätsklinikums Charité gehen davon aus, dass die COVID-19-Impfungen während der Pandemie regelmäßig überprüft und wenn nötig angepasst werden müssen. Zurzeit verändere sich das Virus schnell, da es viele Infektionen weltweit gibt und sich damit der Virus auch schneller weiterentwickeln kann, heißt es in einer Pressemitteilung.

Einreise wieder möglich

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"Auf Basis der Evolutionsraten der heimischen Erkältungscoronaviren gehen wir davon aus, dass sich auch SARS-CoV-2 langsamer verändern wird, sobald das Infektionsgeschehen abebbt - also nachdem ein Großteil der weltweiten Bevölkerung entweder durch die Erkrankung selbst oder durch eine Impfung einen Immunschutz aufgebaut hat", erklärt Jan Felix Drexler, Leiter der Studie vom Institut für Virologie. Sobald sich die Situation stabilisiert habe, würden die Impfungen voraussichtlich auch länger nutzbar sein.

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