Faktencheck: Trumps Behauptungen über Windenergie
10. Juni 2025
US-Präsident Donald Trump gehört zu den lautesten Stimmen, die Desinformation über Windkraft verbreiten. Als er im Januar sein Amt antrat, ordnete er an, die Vergabe von Bundesflächen für neue Offshore-Windprojekte zu beenden und keine Bundesgenehmigungen mehr zu erteilen.
Im Mai ließ die Trump-Regierung jedoch die Arbeiten an einem großen Offshore-Windprojekt in New York wieder aufnehmen. In dieser Woche reichten Fischereiunternehmen und Gegner der Windenergie eine Klage ein, um den Baustopp wieder in Kraft zu setzen.
Windkraft ist die größte erneuerbare Energiequelle in den USA und macht derzeit etwa 10 Prozent der gesamten Stromerzeugung aus. In Deutschland liegt der Anteil bei 28 Prozent, während in Dänemark die Windkraft sogar 58 Prozent des Energiemixes ausmacht. 2024 erzeugten Wind- und Solarenergie in den USA erstmals mehr Strom als Kohle, wie der Thinktank Ember berichtete.
Falsche Behauptungen über Windenergie werden in sozialen Medien verstärkt verbreitet. Das Faktencheck-Team der DW nimmt einige der viralsten Aussagen unter die Lupe.
Behauptung: Trump behauptete wiederholt, "Windräder machen die Wale offensichtlich verrückt". Ein Video mit dieser Aussage wurde über 6 Millionen Mal auf X angesehen. Er verwies auf verschiedene Walstrandungen und behauptete immer wieder, Windräder seien gefährlich für die Meeressäuger.
DW-Faktencheck: Falsch
Zwar gab es Vorfälle, bei denen Wale an Land gespült wurden, doch laut des National Marine Fisheries Service (NOAA Fisheries), einer Bundesbehörde im US-Handelsministerium, "gibt es keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Geräusche von Offshore-Windanlagen Walsterben verursachen könnten".
Derzeit gibt es keine bekannten Zusammenhänge zwischen dem Tod großer Wale und laufenden Offshore-Windanlagen. Die größten Bedrohungen für Wale seien laut der Behörde Schiffskollisionen, Verheddern in Fischernetzen und der vom Menschen verursachte Klimawandel, der ihre Beutetiere - und damit auch die Wale selbst - näher an die Küste drängt.
Behauptung: Windräder würden massenhaft Vögel töten. "Wenn Sie einen Vogel-Friedhof sehen wollen, gehen Sie mal unter ein Windrad", sagte Donald Trump in einem Video, das fast eine Million Mal auf X angesehen wurde.
DW-Faktencheck: Irreführend
Ja, es stimmt, dass Vögel durch Windräder getötet werden - was Trump jedoch nicht erwähnt: Windturbinen sind nur ein relativ kleiner Faktor bei der Vogelsterblichkeit.
Laut einer Übersicht des US Fish & Wildlife Service sterben jährlich etwa 2,4 Milliarden Vögel durch Katzen, 600 Millionen durch Kollisionen mit Glasscheiben und 215 Millionen durch Fahrzeuge.
Windturbinen verursachen demnach etwa 234.000 Todesfälle pro Jahr - deutlich weniger als Stromleitungen, Sendemasten oder Giftstoffe. Es gibt mehrere Pilotprojekte, um diese Zahl zu senken. Forscher der Oregon State University stellten fest, dass ein schwarz gestrichener Rotorflügel die Kollisionen stark reduzierte. Auch Formen, die wie Augen aussehen, oder KI-basierte Anti-Kollisionssysteme werden getestet.
Behauptung: Windenergie sei "ein Betrug" und nicht wirklich grün, da Windturbinen nicht richtig recycelt würden, behauptete eine Nutzerin auf X und teilte ein Foto eines Bulldozers, der offenbar Windradteile vergräbt.
DW-Faktencheck: Irreführend
Das Foto ist echt und stammt aus einem Bloomberg-Bericht von 2020. Es zeigt Windturbinen auf einer Deponie in Wyoming. Ähnliche "Windrad-Friedhöfe" gibt es auch in Iowa und South Dakota. Laut US-Energieministerium können derzeit etwa 90 Prozent der Masse einer ausgedienten Windturbine recycelt werden. Einige Unternehmen geben sogar an, bis zu 95 Prozent zu recyceln und keine Rotorblätter mehr auf Deponien zu entsorgen.
In Deutschland, Österreich, Finnland und den Niederlanden besteht bereits ein Deponieverbot. Der Lobby-Verein WindEurope fordert ein EU-weites Verbot ab 2025.
Stahl, Beton und Kupfer lassen sich laut dem Fraunhofer Institut leicht recyceln. Rotorblätter bestehen jedoch aus Verbundstoffen, was das Recycling erschwert.
Einige Rotorblätter werden zu Spielgeräten, Fahrradunterständen oder Skimaterialien umfunktioniert. Derzeit ist die gängige Entsorgungsmethode das thermische Recycling in der Zementindustrie.
Neue Rotorblätter bestehen aus einem Harz, das das Trennen und Wiederverwenden der Materialien ermöglicht.
Behauptung: "Schauen Sie sich die Windräder an. Keines funktioniert", sagt ein Nutzer auf X in einem Video mit stillstehenden Windrädern. "Ein Schandfleck in der Landschaft und völlig ineffizient."
DW-Faktencheck: Falsch
Dass Windräder nicht ständig rotieren, bedeutet nicht, dass sie ineffizient sind. Moderne Windräder sind sehr effizient und können 30 bis 48 Prozent (an Land) bzw. 50 Prozent (offshore) der Windenergie in Strom umwandeln.
Laut dem Betz'schen Gesetz, das nach dem deutschen Physiker Alfred Betz benannt wurde, liegt das theoretische Maximum bei 59 Prozent.
Ein Windrad richtet sich nach dem Wind aus, die Rotorblätter treiben eine langsame Welle an (7–12 Umdrehungen/Minute). Ein Getriebe erhöht die Drehzahl um das Hundertfache, ein Generator wandelt die Energie in Strom um.
Stillstand ist normal - bei Windstille, zu starkem Wind (dann greifen Bremsen) oder Wartung. Überschüssige Energie kann gespeichert werden.
Bei zu wenig Wind helfen Elektromotoren, die Rotoren anzudrehen, um auch schwache Winde zu nutzen.