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PolitikAfrika

Faktencheck: Wie groß ist Russlands Einfluss auf Afrika?

Kathrin Wesolowski | Etienne Gatanazi
26. Juli 2023

Russland versucht seit Jahren, seinen Einfluss in afrikanischen Ländern zu vergrößern - sei es durch Desinformationskampagnen oder die Präsenz der Wagner-Gruppe. Warum ist der Kontinent so wichtig für Wladimir Putin?

Burkina Faso | Flagge von Russland
Auch in Burkina Faso ist Russlands Einfluss spürbar - ein Motorradfahrer schwenkt die russische FlaggeBild: picture alliance/dpa/AP

Eine kürzlich veröffentlichte Studie des "Africa Center for Strategic Studies", einer Forschungseinrichtung des US-Verteidigungsministeriums, zeigt: Russland versucht, die Demokratie in mehr als zwei Dutzend afrikanischen Ländern zu untergraben. Die wichtigsten Instrumente dafür sind demnach: politische Einmischung, nicht verfassungsmäßige Machtansprüche und Desinformation. Diese Mittel funktionieren mitunter recht gut. 

Auf der letzten UN-Generalversammlung im Februar stimmten Länder wie Botsuana, Sambia und Tunesien für einen "gerechten und dauerhaften" Frieden in der Ukraine, während Mali und Eritrea dagegen stimmten und sich 15 weitere afrikanische Länder bei der Abstimmung enthielten.   

Dabei hat mutmaßlich der Einfluss Russlands auf die afrikanischen Länder eine Rolle gespielt. Aber wie genau stärkt Russland prorussische und antiwestliche Narrative? DW Faktencheck liefert Antworten auf einige der wichtigsten Fragen. 

Warum ist Afrika ein wichtiges Ziel für die russische Propaganda?    

Eines der wichtigsten Ziele Russlands ist die diplomatische Legitimierung seines Krieges in der Ukraine. "Russland braucht Afrika wirklich", sagte Mark Duerksen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Africa Center for Strategic Studies, gegenüber der DW. Denn: "Russland ist zunehmend international isoliert."

Gerade afrikanische Länder ohne funktionierende Gewaltenteilung sind ein Einfallstor für Russland, um Einfluss auf den Kontinent auszuüben. Sie sind oft selbst international isoliert und daher willkommene Partner für Russland.   

"Schon vor dem Ukraine-Krieg haben wir gesehen, wie Russland aggressiv versucht hat, Unterstützer für seine Politik zu gewinnen. Oft gerade dann, wenn sie im Widerspruch zur europäischen, NATO- oder nordamerikanischen Politik stand", so Justin Arenstein, CEO von "Code for Africa", dem größten zivilen Technologie- und Datenjournalismusnetzwerk des Kontinents, gegenüber der DW. Russland würde außerdem alternative Märkte zu den nordeuropäischen und US-amerikanischen brauchen, von denen es derzeit ausgeschlossen sei, so Arenstein weiter.

Russische Wagner-Kräfte beschützen Faustin-Archange Touadéra, den Präsidenten der Zentralafrikanischen RepublikBild: Leger Kokpakpa/REUTERS

Für viele afrikanische Länder wiederum ist Russland als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats von Nutzen. So blockierte Russland im Oktober 2019 die Aufforderung der UN, den Sturz von Omar al-Baschir, dem ehemaligen Präsident des Sudans, zu verurteilen. "Russlands Platz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) ist ein Problem für die Demokratie in Afrika", sagt Joseph Siegle, Forscher am "Africa Center for Strategic Studies", im Gespräch mit der DW.

Putins Sicherheitspolitik in Afrika: Wagner und Waffen 

Auch das militärische Engagement Russlands in afrikanischen Ländern spielt eine wichtige Rolle. Die private russische Söldnertruppe Wagner ist in verschiedenen Ländern wie Mali, Libyen und der Zentralafrikanischen Republik aktiv. 

Im Gegenzug für ihre Dienste erhält die Wagner-Gruppe Zugang zu Rohstoffen wie Gold. Wagner spielt auch eine Rolle bei der Vergrößerung des politischen Einflusses des Kremls. In Mali beispielsweise zieht die ehemalige Kolonialmacht Frankreich nach zehn Jahren Unterstützung im Kampf gegen islamistische Kämpfer seine Truppen ab, nachdem die gewünschten Erfolge ausblieben. Mali hat zudem die UN aufgefordert, ihre Friedensmission MINUSMA, die seit 2013 im Einsatz ist, abzuziehen. Das Land distanziert sich eindeutig von westlichen Ländern und arbeitet stattdessen enger mit Russland zusammen.   

Auch durch Waffenlieferungen bindet Russland afrikanische Staaten an sich: Nach Angaben des "Stockholm International Peace Research Institut" (SIPRI) waren 44 Prozent der Waffen, die zwischen 2017 und 2021 an afrikanische Länder verkauft wurden, russischen Ursprungs.  

Propaganda-Maschinerie auf Hochtouren    

Russland nutzt soziale Medien, um einen Großteil seiner Propaganda und Desinformation zu verbreiten. Laut Duerksen ist diese Strategie besonders dort erfolgreich, wo eine unabhängige und freie Presse keine lange Tradition hat. Hier ein Beispiel:  

Die Wagner-Gruppe ist das Hauptthema mehrerer Propaganda-Cartoons. Dieses Video (hier archiviert) zielt zum Beispiel auf Mali, Burkina Faso und die Elfenbeinküste ab. In einer Szene kämpfen russische Soldaten in Mali gegen Zombies, die französische Soldaten darstellen. Die Zombies sagen, dass sie die Dämonen von Präsident Emmanuel Macron sind und dass Mali "unser Land ist". In dem Video erklärt die Karikatur des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auch: "Frankreich wird Afrika zurückerobern." Russland verwendet häufigdieses Narrativ des "neokolonialistischen" Westens. 

Diese Art von Propaganda stehe in direktem Zusammenhang mit Russland, sagt Dimitry Zufferey von der Nichtregierungsorganisation "All Eyes On Wagner". "Wir wissen, dass russisches Geld involviert ist", so Zufferey gegenüber DW. Ihm zufolge wurde das Video wahrscheinlich von Menschen in Burkina Faso produziert, die für Russland arbeiten.

Außerdem bezahle Russland afrikanische Influencer, um Propaganda zu verbreiten, sagt Mark Duerksen. Kémi Séba, ein französisch-beninischer Influencer mit mehr als einer Million Followern auf Facebook, postet zum Beispiel häufig antiwestliche und prorussische Inhalte. Unmittelbar nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine behauptete er, Moskau versuche, "russisches Land zurückzuerobern". 

Eingriff in die afrikanische Medienlandschaft 

Auch die russischen Botschaften spielen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Desinformation, wie das folgende Beispiel zeigt. Anfang Juli postete die russische Botschaft in Südafrika einen angeblichen Screenshot eines Artikels des US-amerikanischen Nachrichtenmagazins Politico mit dem Titel "20.000.000 Leben für die Freiheit". 

Die Botschaft fügte diesem Posting den folgenden Kommentar hinzu: "(...) Die NATO treibt einen Krieg voran, der bis zum letzten Ukrainer geführt werden soll", und machte das Verteidigungsbündnis für den Krieg Russlands in der Ukraine verantwortlich. Ein genauerer Blick und einige Recherchen zeigen, dass der Screenshot gefälscht ist: Politico hat diesen Artikel nie veröffentlicht. 

Die englische Grammatik und Rechtschreibung in dem gefälschten Screenshot sind zudem voller Fehler. Das "Politico"-Logo auf dem angeblichen Screenshot ist bei genauerem Hinsehen ebenfalls gefälscht. Die russische Botschaft in Südafrika hat den Beitrag inzwischen gelöscht, aber er wurde auf Twitter bereits mehr als 100.000 Mal aufgerufen.  

Südafrikas fragwürdige Neutralität im Ukraine-Krieg

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Essentiell für Russlands medialen Einfluss in Afrika ist auch der staatliche russische Medienkanal RT, der sein Netzwerk in Afrika in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut hat. RT hat verschiedene Kooperationen mit Medien auf dem Kontinent, etwa Afrique Média, die pro-russische und antiwestliche Propaganda verbreiten. DW hat Radiosender und Zeitungen dokumentiert, die von russischen Institutionen finanziert werden, wie Lengo Songo und Ndjoni Sango in der Zentralafrikanischen Republik. 

Wie erfolgreich ist Russlands Einflussnahme auf afrikanische Länder?  

Einige Staaten werden von Russlands Propaganda stark beeinflusst, andere hingegen nicht. Laut der Studie des "Africa Center for Strategic Studies" ist der Einfluss Russlands in der Zentralafrikanischen Republik, Mali, Sudan und Simbabwe am größten - Länder, in denen die Wagner-Gruppe präsent ist.  

Laut Mark Duerksen führt die Zentralafrikanische Republik die Liste an. Insbesondere würden russische Militärausbilder als Berater des Präsidenten fungieren, fügt er hinzu.    

Die Popularität Russlands geht auch auf die Sowjetzeit und die Tatsache zurück, dass das Land während der Kolonialzeit nicht zu den Kolonialmächten gehörte. Dies verschafft Russland einen klaren Vorteil. Viele afrikanische Länder genossen die Unterstützung des Kremls als sie im 20. Jahrhundert um ihre Unabhängigkeit kämpften.   

Dennoch ist die Meinung vieler Afrikanerinnen und Afrikaner in Bezug auf Russlands Krieg in der Ukraine geteilt. Eine im Juni durchgeführte Umfrage unter Bürgern in Südafrika, Kenia, Nigeria, Senegal, Uganda und Sambia zeigt: Die Mehrheit ist der Meinung, dass der russische Einmarsch in der Ukraine gegen die Grundsätze des Völkerrechts verstößt.  

Alles in allem ist Russland zwar nicht das einzige Land oder die einzige Region, die versucht, Afrika zu beeinflussen. Doch Justin Arenstein von "Code for Africa" sieht in der russischen Führung eine besondere Bedrohung für die Afrikaner: "Sie untergraben offene Gesellschaften. Sie untergraben die Möglichkeit der afrikanischen Bevölkerung, eigene Entscheidungen zu treffen", sagt er. 

Mitarbeit: Ines Eisele 

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