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PolitikNahost

Faktencheck: Zeigen diese Videos Irans Angriff auf Israel?

Joscha Weber | Jan D. Walter | Sarah Steffen | Monir Ghaedi
2. Oktober 2024

Schon unmittelbar nach den ersten Einschlägen von Irans Raketen in Israel kurstieren die ersten Videos dazu in den Sozialen Medien. Welche sind echt, welche sind Fakes? Ein Faktencheck.

Eine Person leuchtet mit einer Taschenlampe einen Bombenkrater vor den Trümmern eines Gebäudes aus
Die israelische Raketenabwehr konnte viele Geschosse aus dem Iran abfangen, diese Schule in Gedera wurde getroffen, Menschen kamen hier jedoch nicht zu SchadenBild: Menahem Kahana/AFP

Mit rund 180 Raketen hat der Iran am Dienstagabend Israel angegriffen. Laut dem israelischen Militär wurden die meisten Geschosse vom Raketen-Abwehrschirm Iron Dome ("Eiserne Kuppel") sowie von den Verbündeten USA und Jordanien abgefangen. Einige Raketen jedoch schlugen auf israelischem Territorium ein. Schnell kursierten davon Videos und Fotos im Netz und wurden millionenfach gesehen. Einige der geposteten Sequenzen zeigen jedoch völlig andere Ereignisse und werden fälschlicherweise mit dem iranischen Angriff in einen Zusammenhang gebracht. So etwas beobachtet das DW-Faktencheck-Team häufig, wenn Konflikte eskalieren, und überprüft einige virale Behauptungen im Netz. So auch jetzt.

Explosion nicht in Israel, sondern im Jemen

Behauptung: Ein X-Nutzer veröffentlichte ein Video, das den iranischen Angriff auf Israel zeigen soll. "Dringend: Es erschienen Videos, die das Ausmaß der massiven Zerstörung in Israel als Folge des iranischen Angriffs enthüllen", schreibt ein Nutzer auf Arabisch zu einem Video, das zur Zeit der Veröffentlichung rund 660.000 Mal anzeigt wurde.

DW-Faktencheck: Falsch.

Screenshot eines Posts auf X, der angeblich einen iranischen Angriff auf Israel zeigen soll. Tatsächlich zeigt das Video jedoch die Explosion einer Tankstelle in der Hafenstadt Aden im JemenBild: X

Das Video wurde bereits am 30. August gepostet, wie eine Bilderrückwärtssuche offenbart, und zeigt demnach ein Ereignis vor dem iranischen Angriff auf Israel am 1. Oktober. In dem Video ist die Explosion einer Tankstelle in der Hafenstadt Aden im Jemen zu sehen. Über den Vorfall berichteten mehrere Medien und veröffentlichten ebenfalls Videomaterial dazu. Das Video wurde bereits in anderen Kontexten fälschlicherweise gepostet, unter anderem für einen angeblichen Angriff der Hisbollah auf Israel

Hier wird nicht das Mossad-Hauptquartier getroffen

Behauptung: Zeigt dieses Video auf X einen Angriff auf Israel? Das behauptet ein Nutzer auf X: "Eine gewaltige Explosion im Mossad-Hauptquartier in Tel Aviv". Das Video wurde rund 600.000 Mal angezeigt. 

DW-Faktencheck: Falsch.

Screenshot eines Posts auf X, der angeblich eine Explosion im Mossad-Hauptquartier in Tel Aviv zeigen soll. Tatsächlich zeigt das Video jedoch Explosionen in der chinesischen Hafenstadt TianjinBild: X

Auch dieses Video steht in keinem Zusammenhang mit dem aktuellen iranischen Raketenangriff auf Israel. Das Video ist bereits neun Jahre alt und entstand in China. Eine Bilderrückwärtssuche liefert zahlreiche Treffer zu einem Vorfall im Jahr 2015, bei dem infolge zweier Explosionen in der chinesischen Hafenstadt Tianjin am 12. August 2015 173 Menschen starben. Zahlreiche Medien berichteten über den Unfall, unter anderem der Guardian, der auch die Quelle des gezeigten Videos nannte: einen Augenzeugen in China. Auch dieses Video wurde bereits fälschlicherweise in anderen Kontexten geteilt, zum Beispiel im Ukraine-Russland-Krieg

Aber es ist nicht das einzige Video, das angeblich den Angriff auf das Mossad-Hauptquartiers oder gar seine Zerstörung zeigt.

Behauptung: Auch dieser Post behauptet zu belegen, dass eine iranische Rakete das Mossad-Hauptquartier in Tel Aviv schwer getroffen habe.

DW-Faktencheck: Falsch.

Diese Bilder sollen belegen, dass das Mossad-Hauptquartier angeblich zerstört worden sei. Tatsächlich gab es einen Raketeneinschlag in der Nähe, aber das Gebäue wurde nicht getroffen

Zwar hat es tatsächlich einen Raketeneinschlag in der Nähe der Mossad-Hauptquartier in Tel Aviv gegeben, aber das Gebäude des Mossad selbst wurde nicht getroffen. Das haben Augenzeugen vor Ort in Videos dokumentiert. Der Reporter Nick Schifrin hat vor dem Krater eine Videoschalte gemacht und dabei die Nähe zum Mossad-Gebäude thematisiert und als wahrscheinliches Ziel genannt. Der Einschlagskrater und die Umgebung in dem Video von Nick Schifrin decken sich mit dem, was in dem Video des anderen Augenzeugen zu sehen ist.

Netanjahu auf dem Weg in den Luftschutzbunker?

Behauptung: "Genießen Sie die Szene von Netanjahus Flucht", empfehlen einige Accounts in arabischer Sprache. In dem Video sieht man, wie Benjamin Netanjahu schnell durch einen Gang läuft und angeblich Schutz in einem Bunker sucht. Auch der berüchtigte Fakenews-X-Account Aussie Cossack schreibt in einem Retweet mit mehr als 100.000 Views: "Durchgesickertes Video des israelischen Regierungschefs Netanjahu, der zum Atombunker des Präsidenten rennt" .

DW-Faktencheck: Falsch.

Dieses Video stammt aus Dezember 2021 und zeigt Israels Premier Benjamin Netanjahu wie durch die Knesset läuft, nicht zu einem Luftschutzbunker

Das Video hat Benjamin Netanjahu selbst im Dezember 2021 auf X, damals noch Twitter, gepostet - unterlegt mit dem Rocksong "Eye of the Tiger". Seinem Kommentar nach zeigt es ihn im Gebäude des israelischen Parlaments, der Knesset. Anders als in dem Post angedeutet ist Netanjahu übrigens Israels Premierminister, nicht der Präsident. Das ist Jitzchak Herzog.

Hochzeit unter einem Himmel voller Raketen? 

Behauptung: "Ein Paar aus Beirut hat im Schein iranischer Raketen geheiratet, die auf Israel zufliegen!" Diese Behauptung wurde zusammen mit einem Bild geteilt, das ein Brautpaar zeigt, während im Hintergrund helle Lichter, die Sternen ähneln - oder auch Raketen, den Nachthimmel erleuchten. Das Foto wurde von Tausenden von Nutzern geteilt und Millionen Mal auf Social-Media-Plattformen wie Instagram und X, ehemals Twitter, angesehen. 

DW-Faktencheck: Fake.

Das Bild wirkt auf Anhieb unnatürlich. Der Kontrast zwischen dem höchstwahrscheinlich von Tageslicht ausleuchteten Vordergrund und dem Nachthimmel passen nicht zusammen: Die Schatten des Paares und der Mauer im Bildvordergrund zeigen in Richtung des Fotografen, eine ausreichend starke Lichtquelle dahinter ist jedoch nicht auszumachen. Auch der Übergang vom Nachthimmel zur Mauer wirkt unecht. Die scharfe Kante lässt vermuten, dass der Hintergrund aus einem anderen Bild ausgeschnitten und der Szene des Paares hinzugefügt wurde. 

Die Bildrückwärtssuche zeigt die gleiche Konstellation von Lichtern am Nachthimmel wie einige Videos, die in den letzten Stunden im Netz kursieren.Bild: Google Lens

Eine Bilderrückwärtssuche des Hintergrundes zeigt, dass er einem in den letzten Stunden oft geteilten Videos entstammt. Eine Bildanalyse mit dem Online-Tool "Forensically", das digitale Bildmanipulationen aufspürt, erhärtet den Verdacht, dass Vorder- und Hintergrund aus verschiedenen Fotos zusammengeschnitten wurden. 

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