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Politik

Fall Kavala: Türkei bestellt Botschafter ein

19. Oktober 2021

Seit vier Jahren sitzt der türkische Menschenrechtsaktivist Osman Kavala in U-Haft. Zehn Länder fordern nun seine Freilassung. Die Türkei lädt als Antwort die diplomatischen Vertreter der Staaten vor.

Osman Kavala
Osman Kavala - seit Oktober 2017 in der Türkei inhaftiert (Archivbild) Bild: ANKA

Das türkische Außenministerium hat die Botschafter Deutschlands, der USA und acht weiterer Länder einbestellt. Den Diplomaten sei deutlich gemacht worden, dass ihr gemeinsamer Aufruf zur Freilassung des Kulturförderers Osman Kavala "maßlos und inakzeptabel" sei, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Die Türkei sei "ein demokratischer Rechtsstaat, in dem die Menschenrechte geachtet werden", heißt es in einer Erklärung, die nach der Vorladung der westlichen Diplomaten veröffentlicht wurde.

Auch Innenminister Süleyman Soylu reagierte empört. "Es ist nicht vorbei, bis die türkische Justiz sagt, dass es vorbei ist", sagte Soylu. Der Westen könne die Türkei nicht einschüchtern oder ihr Befehle erteilen.

Der türkische Innenminister Süleyman Soylu (M.) verbittet sich jede Einmischung von außen (Archivbild) Bild: DHA

Deutschland, die USA, Kanada, Neuseeland sowie Dänemark, Finnland, Frankreich, die Niederlande, Norwegen und Schweden hatten am Montag mit Verweis auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eine "schnelle und gerechte Lösung" im Fall Kavala angemahnt. "Die anhaltenden Verzögerungen in seinem Prozess (...) werfen einen Schatten auf die Achtung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Transparenz im türkischen Justizsystem", heißt es in dem gemeinsamen Papier weiter.

Kavala spricht von einem politisch motivierten Vorgehen der Türkei. Der Unternehmer und Mäzen war ursprünglich im Oktober 2017 wegen des Vorwurfs festgenommen worden, die regierungskritischen Gezi-Proteste in Istanbul im Jahr 2013 finanziert und organisiert zu haben. Im Februar 2020 sprach ein Gericht ihn davon frei. Kavala wurde daraufhin nach zweieinhalb Jahren Haft entlassen. Nur wenige Stunden später allerdings wurde er wieder festgenommen - diesmal im Zusammenhang mit dem Putschversuch gegen Staatschef Recep Tayip Erdogan 2016 und Spionagevorwürfen.

Nächste Gerichtsverhandlung im November 

Im Januar dieses Jahres hob ein Berufungsgericht den ersten Freispruch auf. Bei einer Verurteilung wegen der Spionageanschuldigungen droht Kavala lebenslange Haft. Die nächste Gerichtsverhandlung ist für den 26. November geplant.

Kanzlerin Angela Merkel und der türkische Staatschef Recep Tayip Erdogan am Samstag in Istanbul Bild: OZAN KOSE/AFP

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei ihrem Abschiedsbesuch bei Erdogan am Samstag auch die Menschenrechtssituation im Land und die Inhaftierung deutscher Staatsbürger angesprochen. Erdogan verwies auf die Unabhängigkeit der Justiz.

Der 64 Jahre alte Kavala hat zahlreiche zivilgesellschaftliche Projekte in der Türkei gefördert und ist Gründer der Organisation Anadolu Kültür, die auch mit dem Goethe-Institut und anderen deutschen Stiftungen zusammenarbeitet.

se/uh (afp, dpa, ap, rtr) 

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