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Politik

Deutschland pocht auf Geheimhaltung

11. September 2020

Im Fall des vergifteten Kremlkritikers Alexej Nawalny will die Bundesregierung ihre Untersuchungsergebnisse weitgehend unter Verschluss halten. Moskau habe genügend Informationen für eigene Untersuchungen, heißt es.

Ein Schild mit der Aufschrift "Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr" (unten) ist an der Hauptwache der Sanitätsakademie der Bundeswehr zu sehen.
Ein Speziallabor der Bundeswehr hatte die Vergiftung Nawalnys mit einem Nervengift nachgewiesenBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte dazu in Berlin: "Die Bundesregierung hat Schritte zur Beweissicherung eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen sind." Außerdem verwies der Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel auf gewisse "Vertraulichkeitsgepflogenheiten" und bekräftigte: "Russland verfügt über alles Notwendige, um selbst Ermittlungen zu dem Mordversuch durchzuführen".

Moskau hatte die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, Laborbefunde der Bundeswehr zur Verfügung zu stellen, die eine Vergiftung Nawalnys mit dem Kampfstoff Nowitschok belegen sollen. Bisher wurden diese nur an die Organisation für das Verbot chemischer Waffen übermittelt. Moskau will erst dann eigene Ermittlungen einleiten, wenn seinen Behörden Beweise zu Nawalnys Vergiftung vorliegen. Russische Ärzte haben nach eigener Darstellung keine eigenen Hinweise darauf, dass der 44-Jährige vergiftet wurde. Sie stellten lediglich eine Stoffwechselstörung fest.

Kremlkritiker Alexej Nawalny war bei einem Auftritt in Sibirien zusammengebrochen und in einem Krankenhaus behandelt worden (Archiv)Bild: Reuters/T. Makeyeva

Nawalny, der als einer der schärfsten Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin gilt, war im August auf einem Inlandsflug in Russland zusammengebrochen und in eine Klinik in Sibirien gebracht worden. Später wurde er auf Drängen seiner Familie in die Berliner Charité verlegt. Die Bundesregierung teilte nach Untersuchungen in einem Spezial-Labor der Bundeswehr mit, sie sehe es als zweifelsfrei erwiesen an, dass Nawalny mit Nowitschok vergiftet worden sei. 

Russische Polizei will Nawalny in Deutschland befragen

Die Zusammensetzung des Giftstoffes sei für die Bundesregierung der wichtigste Hinweis darauf, ob Russlands Staatschef Wladimir Putin in den Fall verwickelt sein könnte, schreibt "Der Spiegel" in seiner neuesten Ausgabe. Je komplexer, neuer und seltener die chemische Zusammensetzung des Giftes, desto wahrscheinlicher sei es, dass jemand nur mithilfe des russischen Staatsapparates daran gelange.

Derweil will die russische Polizei offenbar eine Befragung Nawalnys in Deutschland beantragen. Russische Ermittler wollten ihre deutschen Kollegen begleiten und dem Oppositionellen "klärende Fragen" stellen, erklärte die Polizei in Sibirien, die für Vorermittlungen in dem Fall zuständig ist. Ein entsprechendes Gesuch wird demnach vom Moskauer Innenministerium vorbereitet. Regierungssprecher Seibert erklärte dazu in Berlin, ein solches Gesuch liege nicht vor.

Zur Zeit wird Alexej Nawalny in der Berliner Charité behandelt - Die Universitätsklinik steht unter PolizeischutzBild: picture-alliance/dpa/A. Riedl

Dagegen wollen die Berliner Behörden einem russischen Rechtshilfegesuch jetzt nachkommen. Die Staatsanwaltschaft wurde von der Senatsjustizverwaltung der Hauptstadt beauftragt, die Rechtshilfe für Russland zu leisten. Vorbehaltlich Nawalnys Zustimmung soll sie auch Auskünfte über dessen Gesundheitszustand einholen.

CDU-Spitze sieht Russland weiter als Partner

Obwohl der Fall die Spannungen zwischen Deutschland und Russland verschärft hat, setzt die CDU auch künftig auf eine enge Zusammenarbeit mit Moskau. Das geht aus einem Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm der Partei von Kanzlerin Merkel hervor. Darin heißt es: "Wir stehen für eine enge Zusammenarbeit mit Russland. Wir arbeiten dafür, dass Russland das Völkerrecht einhält und permanente Destabilisierungsversuche einstellt. Unser Ziel sind partnerschaftliche wirtschaftliche, politische und kulturelle Beziehungen zu diesem wichtigen Land in Europa."

uh/rb (dpa, afp)

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