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Fall Scharapowa: Meldonium-Doping hat Methode

8. März 2016

Der Wirkstoff Meldonium ist Doping-Experten schon länger bekannt. Die positiv getestete Maria Scharapowa verliert Sponsoren und muss mit einer Sperre rechnen. Russlands Tennisverband reagiert mit Unverständnis.

Tennis Spielerin Maria Sharapova
Bild: Getty Images/K. Djansezian

Nach dem prominenten Dopingfall Maria Scharapowa zeigt sich, dass das Medikament Meldonium, auf das die 28-Jährige Tennisspielerin positiv getestet wurde, in Expertenkreisen kein unbekanntes Mittel ist. Offenbar wird es von einer großen Zahl von Sportlern seit längerer Zeit angewendet. "Der Wirkstoff wurde von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA im Jahr 2015 beobachtet", bestätigte Dopingforscher Mario Thevis von der Deutschen Sporthochschule Köln dem Sport-Informations-Dienst (SID). "Es wurde eine sehr hohe Fallzahl verzeichnet." Daraufhin habe die WADA die Verbände und nationalen Anti-Doping-Organisationen im September darüber informiert, dass Meldonium ab dem 1. Januar 2016 auf der Verbotsliste stehe.

Meldonium wird laut Thevis für gewöhnlich in "hohen Dosen" eingenommen und sei mit herkömmlichen Verfahren "verhältnismäßig leicht nachzuweisen". Das Präparat Mildronat mit dem Wirkstoff Meldonium wird für verschiedene therapeutische Zwecke verwendet, so Thevis, "bei Herzerkrankungen, Infarkten und Diabetes". Die positiven Effekte des Wirkstoffs seien "eine höhere physische und mentale Belastbarkeit sowie eine schnellere Regeneration".

Viele positive Fälle

Am Montag hatte Tennis-Star Scharapowa auf einer Pressekonferenz in Los Angeles öffentlich gemacht, dass sie bei den Australian Open im Januar positiv auf die Substanz getestet worden sei. Sie habe eine Mail der WADA mit dem entsprechenden Hinweis über den neuen Status des Wirkstoffs nicht beachtet. Sie nehme das Präparat Mildronat bereits seit 2006.

Eistänzerin Jekatarina Bobrowa wurde ebenfalls positiv auf Meldonium getestetBild: Getty Images/AFP/J. Klamar

Scharapowa war bereits die siebte Sportlerin, die in diesem Jahr positiv auf Meldonium getestet wurde. Vor der Russin waren ihre Landsleute Eduard Worganow (Radsport) und Jekaterina Bobrowa (Eiskunstlauf) erwischt worden. Auch bei den ukrainischen Biathleten Olga Abramowa und Artem Tyschtschenko sowie zwei namentlich nicht genannten ausländischen Ringern des deutschen Mannschaftsmeisters ASV Nendingen war das Mittel nachgewiesen worden. Am Dienstag wurde außerdem bekannt, dass der fünffache Weltmeister im Eisschnelllauf, Pawel Kulischnikow, sowie der Olympiasieger im Shorttrack, Semjon Jelistratow, ebenfalls vorläufig nach einer positiven Probe auf Meldonium suspendiert worden seien.

Doping-Experte Sörgel: "Zwei Jahre Sperre"

Für den Pharmakologe und Doping-Experten Fritz Sörgel sind Dopingfälle im Tennis keine wirkliche Überraschung. "Es ist ein weißer Sport, er war aber noch nie übertrieben anständig, was den Bereich Doping betrifft", sagte er beim Fernsehsender "Sky Sports News HD".

Sörgel meinte mit Blick auf das Australian-Open-Finale Ende Januar außerdem: "Wenn sie sich jetzt Serena Williams beispielsweise anschauen, wie sie gegen diese fast zierlich wirkende Angelique Kerber in Melbourne gespielt hat - ich habe mir dieses Muskelspiel der Dame angeschaut. Also, dann wissen sie ja eigentlich, in welche Richtung das geht."

Pharmakologe und Doping-Experte Fritz SörgelBild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Im "Fall Scharapowa" rechnet Sörgel mit einer Dopingsperre von "mindestens zwei Jahren". Scharapowas Erklärung, sie habe das Herz-Kreislauf-Medikament Meldonium bereits seit zehn Jahren wegen medizinischer Probleme auf ärztliches Anraten genommen und übersehen, dass es mit Jahresbeginn verboten war, lässt Sörgel nicht als Entschuldigung gelten. "Es ist egal, wie lange sie es genommen hat", sagte er. "Es ist seit dem 1. Januar 2016 ein Dopingmittel. Ich könnte mir jetzt keine Konstellation vorstellen, dass sie nicht mindestens zwei Jahre gesperrt wird. Das würde also auch international überhaupt nicht akzeptiert werden. Da gibt es nichts zu diskutieren. Es wäre schlimm, wenn man sich mit so einer Aussage, dass man es schon zehn Jahre genommen hat, freikauft."

Sponsoren distanzieren sich

Mittlerweile gehen auch die ersten Sponsoren und Werbepartner auf Distanz zu Scharapowa. Man bedauere die aktuellen Nachrichten, teilte der Sportwagenbauer Porsche am Dienstag mit. "Bis weitere Details hierzu bekannt sind und wir die Situation analysieren können, haben wir uns entschieden, die geplanten Aktivitäten auszusetzen", hieß es in einer Mitteilung an die Deutsche Presse-Agentur.

Scharapowa ist Markenbotschafterin von Porsche und vor allem für das Stuttgarter WTA-Turnier eine wichtige Attraktion. Auch der US-Sportartikelhersteller Nike legte den hoch dotierten Sponsoringvertrag mit der 28-Jährigen vorerst auf Eis. "Wir sind traurig und überrascht über die Neuigkeiten von Maria Scharapowa", teilte der Konzern mit. Nike wolle das Ergebnis weiterer Ermittlungen abwarten, bevor über weitere Schritte entschieden werden soll.

Scharapowa wirbt seit Jahren für PorscheBild: Getty Images/A.Weiss

Der Schweizer Uhrenhersteller TAG Heuer erklärte, dass der Ende 2015 ausgelaufene Vertrag mit der fünfmaligen Grand-Slam-Siegerin nicht verlängert werde. Man habe sich aus den Verhandlungen über eine neue Übereinkunft zurückgezogen, hieß es von dem Unternehmen.

Russischer Verband: "Alles Blödsinn"

Völlig anders bewertet der russische Tennisverband den positiven Dopingbefund seines Superstars. Trotz des Vorfalls erwartet der Tennisverband in Moskau eine Teilnahme der Weltklasse-Spielerin bei den Olympischen Spielen. "Das ist alles Blödsinn. Ich denke, dass Scharapowa bei Olympia spielt", sagte Verbandspräsident Schamil Tarpischtschew der Agentur Tass. "Die Sportler nehmen, was ihnen die Physiotherapeuten und Ärzte geben", meinte Tarpischtschew und versuchte damit, die Vorwürfe herunterzuspielen.

Unterstützung bekam die fünffache Grand-Slam-Siegerin und Weltranglisten-Siebte auch von der russischen Nationalmannschaft. "Den Fehler hat das Team gemacht, nicht sie selbst", sagte Mannschaftskapitän Anastasia Myskina. "Die russische Nationalmannschaft wird weiter auf Scharapowa zählen", betonte sie. Das Sportministerium in Moskau wollte den Fall vor dem Ende der Untersuchungen zunächst nicht kommentieren.

asz/jw (dpa, sid)

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