Fall und Aufstieg einer Stadt
31. März 2006"Acta sunt hec Dresdene" - Die erste schriftliche Erwähnung Dresdens geschah eher beiläufig, als Ortsmarke auf einer Urkunde vom 31. März 1206. Damals war die mittelalterliche Stadt Verhandlungsstätte eines Schiedsspruches gegen den Burggrafen zu Dohna über eine illegal im Herrschaftsgebiet des Meißner Bischofs liegende Burg. "Es ist aber davon auszugehen, dass der Ort an der Elbe zu diesem Zeitpunkt bereits 200 Jahre bestanden hat", sagte Stadtmuseumsdirektor Werner Barlmeyer. Auf der Basis dieses Papiers feiert Dresden am Freitag (31.03) das Jubiläum seiner 800-jährigen Ersterwähnung.
Die Bezeichnung Dresden soll vom slawischen Begriff "Drezdany" abgeleitet sein, was so viel bedeutet wie "Auwaldbewohner". Das Dorf hatten von Böhmen kommende Slawen errichtet. 1485 wurde Dresden zur Residenzstadt der sächsischen Herrscher und 1547 mit der Erhebung Sachsens zum Kurfürstentum und Königreich zum politischen und kulturellen Zentrum. Kurfürst Moritz ersetzte seinerzeit die Burg durch eine prachtvollen Schlossanlage und die mittelalterliche Stadtmauer durch moderne Festungsanlagen.
Aufstieg und Fall
Das folgende "Augusteische Zeitalter", benannt nach Kurfürst Friedrich August I. (1670-1733), bescherte der Stadt eine Blütezeit: August der Starke erwarb 1698 die polnische Königskrone und damit rückte Dresden zur Hauptstadt von europäischer Bedeutung auf. Hof und Adel waren Auftraggeber für zahlreiche Bauten wie den Zwinger. Der König gestaltete seine Residenz nach dem Vorbild italienischer Städte und orientierte sich an der Opulenz des französischen Hofes. Es entstanden die großen Sammlungen der Gemäldegalerie, Europas erste Porzellanmanufaktur und das Schatzkammermuseum "Grünes Gewölbe".
Ab 1756 machten Belagerungen die einst wichtige europäische Residenz zur politischen Provinz. Nach der napoleonischen Herrschaft entstanden Industriebetriebe und die Technische Bildungsanstalt, mit der Eisenbahnlinie Leipzig-Dresden wurde 1839 die erste Fernbahn Deutschlands in Betrieb genommen. Nach 1850 kamen die für Dresden typischen Industriezweige Feinmechanik, Optik und Genussmittel wie Schokolade und Zigaretten hinzu.
Dresden in Trümmern
Um die Jahrhundertwende war Dresden mit mehr als einer halben Million Einwohnern die viertgrößte Stadt des Deutschen Reiches und attraktives Touristenziel. Die Machtübernahme der Nazis 1933 setzte den progressiven Traditionen jedoch ein Ende, das im Inferno vom 13./14. Februar 1945 gipfelte: Nach fünf Luftangriffen der Alliierten war die kulturhistorisch bedeutende Innenstadt unter 12 Millionen Kubikmetern Trümmer begraben, rund 30 000 Menschen starben.
Berühmte Bauten wie Semperoper, Zwinger, Schloss und Frauenkirche waren nur noch Ruinen. Einige der Kulturdenkmäler wie der Zwinger, die Hofkirche oder das Albertinum wurden nach Kriegsende aufgebaut, viele andere Reste der alten Stadt beseitigt, Ruinen des barocken Dresden und Kirchen gesprengt. Anfang der fünfziger Jahre begann der Wiederaufbau im Sozialismus.
Rückkehr in den internationalen Blickpunkt
Wichtige kulturelle Traditionen blieben unter der SED-Herrschaft bewahrt. Kreuzchor und Staatskapelle, Palucca-Schule und Staatliche Kunstsammlungen genossen internationales Renommee. 1985 wurde die rekonstruierte Semperoper wieder eröffnet, der Wiederaufbau der Frauenkirche fand internationale Beachtung.
Pünktlich zum 800. Geburtstage gibt es in diesen Tagen ein weiteres Geschenk: 61 Jahre nach seiner Zerstörung ist das "Grüne Gewölbe" fertig: Es zeigt zeigt die Schätze der sächsischen Kurfürsten und Könige und gehört mit seinen Stücken aus Gold, Silber, Elfenbein und Edelsteinen zu den reichsten Sammlungen Europas. "Es ist ja wohl wahr, dass meine Vorfahren damals etwas geschwächelt haben, aber man muss doch sagen, dass die Markgrafen von Meißen etwas Schönes daraus gemacht haben", resümierte Bernd Graf zu Dohna, ein Nachfahre der Verlierer des Rechtsstreits von 1206. (ina)