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Politik

Familiennachzug: Das sind die Regeln

28. Dezember 2017

Viele Flüchtlinge dürfen ihre engsten Verwandten nach Deutschland nachholen. Zugleich gibt das Gesetz enge Grenzen vor. Wer darf kommen, wie funktioniert das Verfahren, wie lange dauert es? Fragen und Antworten.

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Bild: picture-alliance/dpa/S.Pförtner

Wer darf seine Familie nach Deutschland nachholen?

Anerkannte Flüchtlinge haben Anspruch auf privilegierten Familiennachzug. Das heißt, sie müssen weder nachweisen, dass sie ihren Unterhalt selbständig bestreiten können, noch dass sie über ausreichenden Wohnraum verfügen.

Anders sieht es für subsidiär Schutzberechtigte aus. Dabei handelt es sich um Menschen, die stichhaltige Gründe dafür vorbringen, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht und sie den Schutz ihres Herkunftslands nicht in Anspruch nehmen können oder wegen der Bedrohung nicht in Anspruch nehmen wollen. Ein solcher ernsthafter Schaden kann sowohl von staatlichen als auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen. Aus diesem Grund gilt für sie ein Abschiebeverbot. 

Für subsidiär Schutzberechtigte, deren Aufenthaltserlaubnis nach dem 17.03.2016 erteilt worden ist, gilt ein eingeschränkter Familiennachzug. Für sie gilt eine Übergangsfrist von zwei Jahren. Während dieser Zeit können ihre Angehörigen nicht nachziehen. Nach derzeitigem Stand ist das erst ab dem 16. März 2018 wieder erlaubt. In besonderen Härtefällen ist eine humanitäre Aufnahme von Familienangehörigen aber weiterhin möglich.

Solange das Asylverfahren läuft, können Angehörige subsidiär Schutzberechtigter grundsätzlich nicht nachfolgen. Ausnahmen bestehen nur aus humanitären oder anderen wichtigen öffentlichen Gründen. 

Welche Familienangehörigen dürfen nachgeholt werden?

Als "Familie" gilt hier die Kernfamilie, also der Ehepartner sowie die minderjährigen Kinder des Paares bzw. die Eltern eines minderjährigen Flüchtlings. In bestimmten Ausnahmefällen können auch noch weitere Familienangehörige in Frage kommen. Allerdings sind dies Ausnahmen, die nur in sehr seltenen Fälle bewilligt werden. In aller Regel handelt es sich um die Ehefrau bzw. den Ehemann und die Kinder des anerkannten Asylsuchenden. Kein Recht auf Familiennachzug haben also beispielsweise Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen, Brüder und Schwestern.

Was ist mit anderen Familienmitgliedern?

Sie können nur unter sehr engen Voraussetzungen beantragen, ihren Angehörigen nach Deutschland zu folgen. Geregelt sind diese im Paragraph 36, Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes. Demnach ist eine Aufnahme nur dann möglich, wenn es für den Antragsteller eine außergewöhnliche Härte darstellt, dass die Angehörigen nicht nach Deutschland einreisen dürfen. Außerdem müssen sie eine weitere Bedingung erfüllen: Ihr Lebensunterhalt in Deutschland muss gesichert ist. Auch ein ausreichender Krankenversicherungsschutz muss gegeben sein.

Auf fremde Hilfe angewiesen: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, hier in einer Einrichtung in NeumünsterBild: picture-alliance/dpa/C. Rehder

Was fällt unter den Begriff der "außergewöhnlichen Härte"?

Den Tatbestand der "außergewöhnlichen Härte" legen die deutschen Behörden streng aus. Flucht und Vertreibung durch einen Bürgerkrieg zählen nicht dazu, denn in einer solchen Situation befinden sich viele Menschen. Die außergewöhnliche Härte muss sich auf den konkreten Einzelfall beziehen und unter anderem durch die Trennung der Familie begründet sein - so etwa, wenn der Angehörige pflegebedürftig ist und nur die Verwandten in Deutschland ihn hinreichend pflegen können. Eine finanzielle Notsituation stellt dem Gesetz zufolge dagegen keine außergewöhnliche Härte dar.

Müssen die Angehörigen anerkannter Flüchtlinge bestimmte Voraussetzungen erfüllen?

Nein. Anders als bei einem regulären Familiennachzug müssen sie etwa vor der Einreise keine Kenntnisse der deutschen Sprache nachweisen. Nicht erlaubt ist allerdings der Familiennachzug für minderjährige Ehepartner. Voraussetzung für den Nachzug von Ehepartnern ist ein Alter von mindestens 18 Jahren.

Was müssen Schutzberechtigte tun, um einen entsprechenden Antrag zu stellen?

Innerhalb von drei Monaten, nachdem ein Flüchtling als Asyl- oder Schutzberechtigter anerkannt worden ist, müssen die Angehörigen bei der für ihren Aufenthaltsort zuständigen deutschen Auslandsvertretung einen Antrag auf Nachzug nach Deutschland stellen. Stellen sie den Antrag später, haben sie keinen Anspruch auf Nachzug mehr. In diesem Fall kann die Auslandsvertretung nach eigenem Ermessen entscheiden.

Die Familienangehörigen müssen bei der deutschen Auslandsvertretung für jede Person einzeln einen Visumsantrag stellen. Damit dies geschieht, müssen sie eine Reihe amtlicher Dokumente vorlegen - so etwa Geburtsurkunden, Heiratsurkunden, Reisepässe, Auszüge aus dem Familienregister.

Wie lange dauert es, bis der Familiennachzug bewilligt ist?

Das ist sehr unterschiedlich. Zunächst muss die nachziehende Familie einen Visumantrag bei einer deutschen Botschaft im Ausland stellen. Das ist nicht immer einfach. So gibt es etwa in Syrien derzeit keine deutsche Botschaft. Entsprechende Anträge müssen also in anderen Ländern - etwa in Jordanien, im Irak, im Libanon oder in der Türkei - gestellt werden. Ein weiterer Termin ist nötig, um das Visum nach der Bewilligung abzuholen.

Wenn man den Antrag auf ein Visum gestellt hat, kann es lange dauern, bis man einen Prüfungstermin erhält. Ende 2016 betrug die entsprechende Wartezeit bei den deutschen Botschaften im Libanon, in der Türkei und im Nordirak über 6 Monate. Bisweilen konnte und kann sich dieser Prozess allerdings auch über eine Zeitspanne von bis zu 24 Monaten erstrecken - und das, obwohl die entsprechenden Botschaften ihr Personal aufgestockt haben.

Wer trägt die Kosten für die Beschaffung der Dokumente und die Reise nach Deutschland?

Diese Kosten müssen die Antragsteller selbst tragen. Der syrische Staat etwa verlangt für die Ausstellung eines Reisepasses derzeit eine Gebühr von etwa 400 Euro. Auch die Reise nach Deutschland - in der Regel per Linienflug - müssen die Nachziehenden selbst zahlen. Übernehmen kann sie natürlich auch der bereits in Deutschland lebende anerkannte Flüchtling.

Wie steht es um den Familiennachzug unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge?

Voraussetzung für den Nachzug ist, dass die Eltern des minderjährigen Flüchtlings sich nicht bereits in Deutschland befinden. Die außerhalb Deutschlands lebenden Eltern minderjähriger Flüchtlinge haben einen privilegierten Anspruch auf Familiennachzug. Für sie gelten also die sonst üblichen Voraussetzungen nicht. So müssen sie etwa nicht nachweisen, dass sie ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten können.

Allerdings erlischt der Anspruch der Eltern auf Nachreise am 18. Geburtstag des Kindes, und zwar unwiderruflich. Solange die Eltern nicht bereits in Deutschland sind und selbst als Asylberechtigte oder Flüchtlinge anerkannt wurden, haben auch Geschwister keinen Anspruch auf privilegierten Nachzug.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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