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Politik

FARC-Rebellen erstmals vor Gericht

13. Juli 2018

Rund eineinhalb Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs in Kolumbien beginnt die juristische Aufarbeitung der Verbrechen. Im ersten Verfahren geht es um bis zu 85.000 Entführungen von 1993 bis 2012.

Kolumbien Ex-FARC Anführer Rodrigo Londono
Unter den Verdächtigen ist auch der frühere FARC-Kommandeur Rodrigo LondoñoBild: Reuters/L. Jaime Acosta

Jahrzehntelang mordeten, plünderten und entführten die FARC-Rebellen in Kolumbien. Nach dem Friedensabkommen zwischen der kolumbianischen Regierung und der linken Guerillaorganisation FARC Ende 2016 müssen sich die früheren Rebellenkommandeure erstmals vor Gericht verantworten. Für diesen Freitag hat die Sonderjustiz für den Frieden (JEP) 32 ehemalige Anführer der Rebellengruppe vorgeladen. Es soll um die Entführungen gehen.

"Die juristische Aufarbeitung der während des Konflikts verübten Verbrechen ist eine wichtige Komponente des Friedensprozesses", sagt Kai Ambos, Professor für internationales Strafrecht an der Universität Göttingen. "Es ist entscheidend, dass die Täter in irgendeiner Weise zu Verantwortung gezogen werden." Ambos unterstützt die Sonderjustiz in Kolumbien als externer Berater.

Vernehmung von Opfern möglich

Unter den Verdächtigen sind die früheren FARC-Kommandeure Rodrigo Londoño, Iván Márquez, Pablo Catatumbo, Carlos Antonio Lozada und Jesús Santrich. Sieben der 32 Vorgeladenen sind für die im Friedensvertrag garantierten Parlamentssitze vorgesehen.  Zunächst sollen die Angeklagten am Freitag mit den Vorwürfen konfrontiert werden. "Nach dem ersten Gerichtstermin geben wir ihnen Zeit, sich vorzubereiten und rufen sie dann dazu auf, Stellung zu beziehen. Die Kammer erwägt zudem eine Vernehmung von Opfern", sagte Richterin Julieta Lemaitre.

In der Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft wird zunächst ganz allgemein die Entführungsstrategie der Guerilla beschrieben, die ihren bewaffneten Kampf unter anderem mit der Erpressung von Lösegeldern finanzierte. "Es dürfte schwer werden, den FARC-Anführern die Verantwortlichkeit für einzelne Entführungen nachzuweisen", sagt Jura-Professor Ambos. Die Ermittler setzen wohl darauf, dass die Ex-Kommandeure ihre Taten einräumen, um Strafnachlass zu erhalten.

Bürgerkrieg forderte 220.000 Tote

Die Sonderjustiz ist einer der wichtigsten Pfeiler des Friedensabkommens, mit dem die kolumbianische Regierung und der Guerilla Ende 2016 den jahrzehntelangen Bürgerkrieg mit 220.000 Toten und Millionen Vertriebenen beilegten. Für geständige Täter wurden Höchststrafen von maximal acht Jahren vereinbart. Neben Gefängnisstrafen kann das Tribunal auch andere Sanktionen verhängen. Beispielsweise ist denkbar, dass die ehemaligen FARC-Chefs ihre Strafen in landwirtschaftlichen Kooperativen verbüßen. Gerade wegen der relativ milden Strafen für die Drahtzieher schwerster Verbrechen ist der Friedensvertrag in Kolumbien sehr umstritten. "Wir werden die Opfer nie zufriedenstellen", räumt Strafrechtsexperte Ambos ein.

Besserer Schutz nach Mordserie

Nach dem Friedensvertrag legten die Rebellen die Waffen nieder. Dennoch wurden danach in dem südamerikanischen Land 178 soziale Aktivisten getötet. Kriminelle Banden und andere bewaffnete Gruppen dringen inzwischen in die einstigen Einflussgebiete der Guerilla ein. Häufig übernehmen sie die illegalen Geschäfte wie Drogenhandel und Schutzgelderpressung und begehen schwere Menschenrechtsverletzungen. Zuletzt hatten die Vereinten Nationen und die USA die kolumbianische Regierung dazu aufgerufen, Menschenrechtler und Anführer von Bauerninitiativen sowie indigener Gruppen besser zu schützen.

Die kolumbianische Regierung will Menschenrechtsaktivisten, Dorfvorsteher und Anführer sozialer Bewegungen künftig besser schützen. Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos kündigte am Dienstag die Gründung einer Schutztruppe der Polizei an. Zudem sollen Täter schneller verhaftet und die Kopfgelder auf die Hintermänner erhöht werden. "Ich habe angeordnet, dem Schutz der Anführer sozialer Bewegungen und Menschenrechtler Priorität einzuräumen", sagte Santos.

nis/kle (ARD, dpa)

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