Grelle Farben, futuristische Formen und ein mutiger Materialmix - damit prägte Pierre Cardin die Mode der 1960er und 1970er Jahre. Passend dazu präsentiert der Kunstpalast Düsseldorf Pierre Cardin als "Fashion Futurist".
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Geometrische Formen oder riesige Sonnenbrillen, die an Bullaugen erinnern; dazu Materialien wie Vinyl oder Plexiglas. Mit seinem futuristischen Look sorgte der Pariser Modeschöpfer Pierre Cardin in den 1960er und 1970er Jahren für Furore.
Mehr als 80 Haute-Couture-Kleider und Accessoires jener Schaffensperiode zeigt der Kunstpalast Düsseldorf vom 19. September bis zum 5. Januar 2020 in seiner Schau "Pierre Cardin. Fashion Futurist". Im Mittelpunkt der Ausstellung: Kleider, Stiefel, Brillen und Hüte, die oft das ganze Gesicht bedecken und nur einen Sehschlitz freilassen. Die Bandbreite, so das Museum, reiche vom "jungen, androgynen Look" über "futuristische Space-Age-Mode bis zur traumverlorenen Eleganz der Abendmode".
Pierre Cardin: Großmeister der Avantgarde
Mit seinen futuristischen Entwürfen prägte der französische Modeschöpfer die 1960er und 1970er Jahre. Seine Kreationen sichern ihm einen Platz im Olymp der Pariser Modeschöpfer.
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Erfolgreich: Der Unternehmer Cardin
Als Kind aus reichem Hause legte Pierre Cardin, der als Pietro Cardini am 2. Juli 1922 nördlich von Venedig in Italien geboren wurde, viel Wert auf "Bella Figura". Die Silhouette seiner Entwürfe - gerade in der Männermode - hatte oft die Anmutung von Skulpturen. Cardin war einer der wohlhabendsten Männer Frankreichs. Ihm gehörten rund 800 Fabriken, ein Schloss, ein Museum und ein halbes Dorf.
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Entwürfe aus den Sixties
Ideen und Farbspektrum stammten aus den 1960er Jahren. Schon damals steckte Modeschöpfer Pierre Cardin seine Models in Lackleder, Plastik und hautenge, metallisch glänzende Bodysuits. Diese Kollektion wurde im Januar 2012 während der "Barcelona Fashion Week" in Spanien präsentiert. Durch sein international vernetztes Lizenzgeschäft sind Cardin-Modelle weltweit zu kaufen.
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Futuristische Kreationen
Cardin hatte immer einen Hang zum italienischen Futurismus. Seine abstrakte Formensprache in der Mode war künstlerisch grundiert: Maler und Bildhauer, Architekten und Designer standen Pate bei ihm. Seine verrückten Ideen waren manchmal atemberaubend, aber nicht gerade alltagstauglich. In so einem Outfit "Made by Cardin" auf die Straße zum Einkaufen zu gehen, wäre extrem verwegen.
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Seine Männerwelt
Cardin hat die Mode revolutioniert. Jede seiner Kollektionen war anders, innovativer, sein Einfallsreichtum schien keine Grenzen zu kennen. Und er war der erste Modezar, der seine Entwürfe als bezahlbare Mode von der Stange auf den Markt brachte. Das berühmte Pariser Kaufhaus Galeries Lafayette verkaufte seine Kollektion. Hier die Männermode für den Herbst/Winter 1983/84.
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Äußerst qualitätsbewusst
Als Modeschneider achtete Pierre Cardin immer auf hochwertiges Material, wie ein guter Bildhauer eben. Seine Stoffe wurden extra für seine Kollektionen gewebt und nach seinen Vorstellungen angefertigt. In Farben und Textur war er meistens seiner Zeit voraus. Cardin setzte neue Trends, andere Couturiers zogen dann oft nach. Hier begutachtet er die Wollqualität eines exquisiten Tweedstoffes.
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Mode als Gesamtkunstwerk
Bis zur letzten Sekunde legte Cardin selbst Hand an, bevor seine Models die neuesten Kreationen auf dem Laufsteg präsentierten. Er arrangierte mit sicherem Formgefühl schnell noch wichtige Details: Hüte, Frisuren oder den Faltenwurf seiner Haute-Couture-Modelle. Hier zu sehen: kantige, avantgardistische Mode aus den Sixties, präsentiert auf einer Modenschau in Rom (1960).
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Gesellschaftslöwe Cardin
Berühmte Modeschöpfer umgeben sich gern mit schönen, reichen, prominenten Frauen: am besten Königinnen, weiblichen Mitgliedern des europäischen Hochadels oder Filmstars. Pierre Cardin kalkulierte als knallharter Geschäftsmann mit der Werbewirksamkeit, wenn Hollywoodstars wie Bond-Girl Ursula Andress Mode von ihm in die Glamourwelt des Films trugen.
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Die Marke "Cardin"
Das Geschäftsimperium Pierre Cardin ist inzwischen unüberschaubar. Neben seinem Modehaus, das er 1950 gegründet hat, und das für hochwertige Haute Couture steht, hat der geschäftstüchtige Modeschöpfer mehr als 600 Lizenzen verkauft. Nicht alles, wo Cardin draufsteht, entspricht seiner Qualitätsphilosophie. Hier: sein dezentes Lederlabel an einer hochwertigen Männer-Jeans - Understatement pur.
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Odyssee im Weltraum
Der Großmeister der Inszenierung ließ sich im Laufe seiner Karriere immer wieder etwas Neues, oft sehr Spektakuläres einfallen. Hier flanieren die männlichen und weiblichen Models in Cardins Frühjahr-/Sommer-Kollektion 2008 auf einem Catwalk quer durch die Wüstenlandschaft in Nordwest-China. Ins Reich der Mitte verkaufte er ein Jahr später auch Lizenzen für Mode und Accessoires.
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Typisch Cardin - extravagant
Zu seinem 70-jährigen Jubiläum in der Modewelt schickte Altmeister Pierre Cardin 2016 seine Models auf den Laufsteg im Institut de France. Bis dato hatte dort noch nie eine Modenschau stattgefunden. Die Farben und Formensprache der dort präsentierten Kleider waren modern und eigenwillig wie eh und je: typisch Cardin.
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Ein Mann der Superlative
Mit seiner Mode und dem Cardin-Imperium ist der Modeschöpfer aus Italien zu einem der reichsten Männer der Welt geworden - und eine Legende unter den Modeschöpfern der alten Schule. Er hat sie alle überlebt: Christian Dior, Coco Chanel, Yves Saint Laurent, Karl Lagerfeld. Fast acht Jahrzehnte prägte der Modezar die Modewelt. Jetzt ist er im Alter von 98 Jahren gestorben.
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Extravagante Mode, die ankommt
Cardin schuf seinen futuristischen Look in einer Zeit, als gerade die ersten Star-Trek-Folgen im Fernsehen zu sehen waren. Der Einsatz greller Farben, auffällige Schnitte und starke Kontraste spiegeln den Zeitgeist von damals wider. Auch seine Begeisterung für Astronauten ist in manchen seiner Kreationen unverkennbar.
Pierre Cardins ausgefallene Mode kam an: Berühmte Schauspielerinnen wie Lauren Bacall, Raquel Welch oder Jeanne Moreau waren Fans. Fotomodell Twiggy zeigte sich in den 1960ern in Cardins Minikleidern und die Beatles ließen sich in seinen kragenlosen Anzügen ablichten.
Bei den Olympischen Spielen in München 1972 lief auch das deutsche Team in Cardin auf - in Overalls, die der Modedesigner mit freien Stellen an Bauch oder Busen aufgepeppt hatte.
Cardins Markenzeichen, die klare geometrische Form, findet sich nicht nur in seinen Schnitten wieder. Auch bei den dazugehörigen großflächigen, metallenen Schmuckstücken, Knöpfen oder Gürteln orientiert er sich an ihr. Verstärkt wird der Eindruck von Geometrie zudem durch den ungewöhnlichen Mix verschiedener Materialien. Barbara Til, Kuratorin der Düsseldorfer Schau, erläutert, besonders sei der Stil auch deshalb, weil Cardin die Stoffe am Körper seiner Kundinnen zugeschnitten hatte.Und heute? Selbst mit 97 Jahren denkt Pierre Cardin nicht daran, sich zur Ruhe zu setzen. Erst Anfang September präsentierte er in China seine Frühjahr/Sommer Kollektion 2020. Wie schon in den 1960er und 1970er Jahren muten die Kreationen futuristisch an. "Meine liebsten Kleider sind diejenigen, die ich für ein Leben schaffe, das es noch gar nicht gibt - für die Welt von morgen", sagte Cardin einmal.