Konsequenz nach dem Debakel in Frankfurt: Niko Kovac ist nicht mehr Coach des deutschen Rekordmeisters. Es habe Handlungsbedarf bestanden, so der Verein. Co-Trainer Hansi Flick übernimmt vorerst das Team.
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Einen Tag nach der höchsten Bundesliga-Niederlage seit mehr als zehn Jahren hat sich Fußball-Rekordmeister Bayern München im gegenseitigen Einvernehmen von seinem Trainer Niko Kovac getrennt. Der Klub zog damit die Konsequenz aus der 1:5-Pleite bei Eintracht Frankfurt am Samstag.
"Die Leistungen unserer Mannschaft in den vergangenen Wochen und auch die Resultate haben uns gezeigt, dass Handlungsbedarf bestand. Uli Hoeneß, Hasan Salihamidzic und ich haben mit Niko auf dieser Grundlage am heutigen Sonntag ein offenes und seriöses Gespräch geführt mit dem einvernehmlichen Ergebnis, dass Niko nicht mehr Trainer des FC Bayern ist", so Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge.
Am Morgen hatte Kovac noch das Training geleitet. Nun erklärte er: "Ich denke, dass dies zum jetzigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung für den Klub ist. Die Ergebnisse und auch die Art und Weise, wie wir zuletzt gespielt haben, haben mich zu diesem Entschluss kommen lassen. Mein Bruder Robert und ich danken dem FC Bayern für die zurückliegenden knapp anderthalb Jahre. In dieser Zeit hat unsere Mannschaft die Meisterschaft, den DFB-Pokal und den Supercup gewonnen. Es war eine gute Zeit. Ich wünsche dem Klub und der Mannschaft alles erdenklich Gute."
"Zu defensiv" lautete oft der Vorwurf
Der 48-jährige Kroate hatte den Job im Sommer 2018 übernommen. Der frühere Bayern-Profi kam als Pokalsieger von Eintracht Frankfurt nach München.
Die ersten Monate waren für den ehemaligen kroatischen Nationalspieler und Trainer allerdings schwer. Auch im ersten Herbst als Bayern-Trainer musste er schon um seinen Job bangen. Zu defensiv denke der einstige Profi, so der wiederkehrende Vorwurf. Besonders dank der Unterstützung des in zwei Wochen aus dem Amt scheidenden Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß durfte er allerdings bleiben.
In der Rückrunde machten die Münchner den Rückstand auf Borussia Dortmund wett und holten sich den siebten Meistertitel in Serie. Im Pokalfinale wurde mit einem 3:0 gegen RB Leipzig das Double perfekt gemacht. Als Makel blieb allerdings das Aus im Achtelfinale der Königsklasse gegen den FC Liverpool (0:0, 1:3).
Kritik an Müller und den Fans kam nicht gut an
Ruhe hatte Kovac aber auch in seinem zweiten Jahr als Bayern-Trainer nie. Zum Bundesliga-Auftakt gab es nur ein 2:2 gegen Hertha BSC. Glanzpunkt war das 7:2 beim Champions-League-Finalisten Tottenham Hotspur Anfang Oktober. Dann ging es sportlich aber bergab. Es folgten eine Niederlage gegen Hoffenheim, ein Remis in Augsburg sowie glanzlose Erfolge über Piräus, Union Berlin und den VfL Bochum.
Kovac leistete sich zudem mehrere unglückliche Aussagen, wie zur Reservistenrolle von Thomas Müller, der höheren Geschwindigkeit im Liverpool-Spiel oder zu den Frankfurter Fans, die er zu den besten der Liga erklärte - das alles kam in München überhaupt nicht gut an.
Co-Trainer Hansi Flick übernimmt zunächst das Team. Am Mittwoch spielen die Bayern in der Champions League gegen Olympiakos Piräus und am Wochenende danach in der Bundesliga gegen Vize-Meister Borussia Dortmund.
Wer wird neuer Trainer beim FC Bayern?
Nach der Trennung von Niko Kovac sucht der FC Bayern München einen neuen Coach. Kandidaten für den begehrten Posten gibt es einige. Einige große Namen sind in der Verlosung, aber auch ein alter Bekannter.
Er galt als der größte Favorit auf die Nachfolge Niko Kovacs: Doch Erik ten Hag, derzeit mit Ajax Amsterdam erfolgreich, hat den Münchnern für den Moment abgesagt. "Ich konzentriere mich voll auf Ajax" sagte der 49-jährige Niederländer, der von 2013 bis 2015 die U23 der Bayern trainierte. Zur Frage, ob der FCB Kontakt zu ihm aufgenommen habe, sagte ten Hag: "Darauf werde ich nicht eingehen."
Bild: picture-alliance/PRO SHOTS
Massimiliano Allegri
Italienische Zeitungen melden indes, ein Landsmann übernehme das Traineramt beim FC Bayern. Massimiliano "Max" Allegri war bis zum Sommer Trainer bei Juventus Turin und gewann fünfmal in Folge die Meisterschaft. Seitdem ist der 52-Jährige vereinslos und wäre verfügbar. Eigentlich hatte er nach der Freistellung in Turin gesagt, er wolle ein Jahr pausieren bevor er den nächsten Trainerjob antritt.
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José Mourinho
Seitdem "The Special One" nicht mehr für Manchester United tätig ist gefällt er sich in seiner Rolle als Stimme aus dem Hintergrund. Ständig kommentiert er die Geschehnisse in der Premier League und macht sich bei seinen Kollegen unbeliebt. Auch wenn 56-Jährige wohl eher auf eine Rückkehr zu Real Madrid hofft, ein Angebot von Bayern würde er sich wohl zumindest mal anhören.
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Ralf Rangnick
Sollten die FCB-Verantwortlichen wirklich über ihren Schatten springen und den ehemaligen RB-Sportdirektor verpflichten? Die Fußball-Expertise des 61-Jährigen wird in München niemand bestreiten, aber menschlich passte es nie so recht. Uli Hoeneß betitelte Rangnick gerne als "Besserwisser", aber Hoeneß ist nicht mehr lange da. Ist der Weg für Rangnick also doch frei?
Bild: picture-alliance/Pressebildagentur ULMER
Arsène Wenger
Da der "Original-Retter" Jupp Heynckes definitiv nicht mehr zur Verfügung steht, könnte Wenger, der eine ähnliche Erfahrung und Reputation wie Heynckes hat, eine Art "Heynckes 2.0" werden. Der 70-Jährige als Lösung bis zum Saisonende, bevor in der neuen Saison dann ein anderer Trainer übernimmt, der jetzt möglicherweise aber noch nicht zur Verfügung steht? Denkbar!
Bild: picture-alliance/CITYPRESS 24
Thomas Tuchel
Einer dieser "Noch-Gebundenen" wäre Thomas Tuchel, Trainer von Paris St. Germain. Der ehemalige BVB-Coach war schon vor der Verpflichtung Kovacs Wunschkandidat von Karl-Heinz Rummenigge. Tuchel gilt als einer der besten deutschen Trainer und er hat in Paris bewiesen, dass er auch mit schwierigen Charakteren sowie unzufriedenen Spielern souverän umzugehen weiß.
Bild: Reuters/C. Platiau
Hansi Flick
Oder wird es doch eine interne Lösung? Hansi Flick ist bei den Spielern hoch angesehen. Allerdings ist der ehemalige Löw-Assistent keiner, der bewusst in die erste Reihe drängt. Eine dauerhafte Anstellung als Chefcoach ist daher unwahrscheinlich. Aber: Es ist beruhigend, einen Flick auf dem Trainingsplatz und der Bank zu haben, sollte die Suche nach dem Kovac-Nachfolger länger dauern.