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Ukraine-Krieg trifft Landwirte weltweit

Julett Pineda
21. März 2022

Weltweit sind Landwirte vom Krieg in der Ukraine betroffen: Russland, einer der größten Düngerproduzenten, hat den Export eingestellt. Das könnte die Preise für Grundnahrungsmittel in die Höhe schnellen lassen.

Bauer bringt Düngemittel per Traktor auf ein Feld aus
Ohne Dünger sinkt die Produktivität landwirtschaftlich genutzter FlächenBild: Tass/IMAGO

Seit Jahrhunderten bewirtschaftet die Familie Conzen Felder im Landkreis Heinsberg an der niederländischen Grenze. Hier, im äußersten Westen der Bundesrepublik, bauen Bernhard Conzen und sein Sohn Getreide und Rüben als Nahrungsmittel und Mais für eine Biogasanlage an.

Doch das Familiengeschäft leidet - unter anderem unter hohen Düngemittelpreisen, sagt Bernhard Conzen: "Die Auswirkungen sind fatal. Die Produktionskosten sind exponentiell gestiegen. Es ist fraglich, ob wir  noch kostendeckend arbeiten können." Als Vorsitzender des Rheinischen Rübenbauer-Verbandes und der Kreisbauernschaft Heinsberg weiß er, dass es nicht nur ihm so geht.

Entspannung bleibt aus 

Bereits im vergangenen Jahr hatten eine vermehrte Nachfrage und höhere Produktionskosten die Preise für Düngemittel in die Höhe schnellen lassen. Das beeinflusste auch die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse und löste Sorgen um die weltweite Ernährungssicherheit aus. Zunächst hatten Analysten vorhergesagt, dass sich die Lage im Laufe dieses Jahres wieder entspannen würde. Doch der Überfall Russlands auf die Ukraine hat die Preise noch weiter nach oben getrieben.

Russland allein produziert etwa 15 Prozent der weltweit gehandelten Stickstoffdüngemittel und 17 Prozent des Düngers auf Basis von Pottasche (Kaliumcarbonat). Ein weiterer großer Produzent ist Belarus. In den vergangenen Wochen hat Russland den Export von verschiedenen Düngemitteln gestoppt, darunter Pottasche. Außerdem gehört das Land mit einem Marktanteil von 20 Prozent zu den größten Exporteuren von Erdgas, einem der wichtigsten Rohstoffe der Düngemittelindustrie.

Russlands Exportstopp bedroht Produktion

Viele Länder, vor allem in Europa und Zentralasien, beziehen mehr als die Hälfte ihres Düngers aus Russland. In Deutschland sind es etwa 30 Prozent - zu viel, um ihn kurzfristig aus anderen Quellen zu beziehen, heißt es aus der Branche.

Ware der Firma Uralchem: Russland und Belarus gehören zu den größten Düngemittel-Exporteuren der WeltBild: Uralchem

"Derzeit steigen die Preise für Betriebsmittel wie Dünger, Diesel und Futtermittel auf Rekordhöhen", sagt Johann Meierhöfer vom Deutschen Bauernverband. "Zwar sind gleichzeitig die Erzeugerpreise stark angestiegen. Dennoch bedeuten die höheren Betriebskosten nicht nur einen erhöhten Liquiditätsbedarf bei den Landwirten, sondern sie lassen auch ihre Risiken steigen, da Bauern am Ende auch immer vom Wetter abhängig sind." In der Konsequenz könnte das zu Produktionsausfällen und Nahrungsmittelknappheit führen.

Kosten beeinflussen auch Verbraucherpreise

Der Anstieg der Energiepreise schlägt sich zudem in höheren Logistikkosten etwa für Transport und Kühlung nieder. "Ein Teil davon wird an den Endverbraucher weitergegeben werden müssen", erklärt Meierhöfer. "Die landwirtschaftliche Urproduktion arbeitet mit sehr kleinen Gewinnmargen. Viel Puffer ist hier also nicht."

Conzen und viele andere Landwirte in Deutschland haben genug Düngervorrat für die laufende Vegetationsperiode. Aber die Importabhängigkeit weckt Sorgen für künftige Zyklen. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass der internationale Referenzpreis für Dünger bis 2023 um 13 Prozent zulegt. Die damit steigenden Produktionskosten drohen demnach, den Ertrag der Erntesaison 2022/2023 zu schmälern.

In der EU haben viele Bauern, wie hier in Tschechien, gegen schrumpfende Profite und gestrichene Subventionen protestiertBild: imago images/CTK Photo/Dalibor Gluck

Der Deutsche Bauernverband fordert von der Bundesregierung, die Abgaben auf Diesel zu senken und sich in Brüssel dafür einzusetzen, dass die EU ihre Importzölle auf Düngemittel aussetzt, so Meierhöfer: "Auch die langfristige Versorgung mit Düngemitteln ist sehr wichtig, da ansonsten in den nächsten Jahren auch in Deutschland mit erheblichen Ertragsrückgängen gerechnet werden muss."

Gebete aus den Tropen

Doch nicht nur in Europa hat die russische Invasion in der Ukraine Sorgen geweckt: Brasilien, einer der größten Agrarproduzenten der Welt, hat 2021 Lebensmittel im Wert von 121 Milliarden US-Dollar (rund 109 Milliarden Euro) exportiert. Das war ein Jahreszuwachs von 20 Prozent. Allerdings importiert Brasilien etwa 85 Prozent der Rohstoffe, die es zum Düngen seiner landwirtschaftlichen Anbauflächen benötigt. Zu den Hauptlieferanten gehören Russland und Belarus.

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Die Suche nach alternativen Quellen und steigende Energiekosten stellen den Sektor vor eine Herausforderung, sagt Eduardo Daher, Direktor des Brasilianischen Landwirtschaftsverbands ABAG. Am stärksten betroffen seien Sojabohnen, Mais und Zuckerrohr, für die rund 73 Prozent der Düngemittel in Brasilien verbraucht werden. Die Vorräte reichten nur noch einige Monate.

Dringend Alternativen gesucht

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro versucht die Lage zu nutzen, um ein umstrittenes Bergbau-Gesetz durchzubringen, denn das Land verfügt tatsächlich über erhebliche Rohstoffreserven zur Düngerproduktion. Das Gesetz würde den Rohstoffabbau in Indigenen-Gebieten erlauben. 

Brasiliens Landwirtschaftsministerin Tereza Dias sieht sich derweil bereits in Kanada und dem Nahen Osten nach neuen Lieferanten um. Gemeinsam mit anderen Staaten der südamerikanischen Handelsallianz Mercosur hat sie Anfang März bei der FAO beantragt, dass Düngemittel von den Wirtschaftssanktionen gegen Russland ausgenommen werden.

"Die Landwirtschaft hat weltweit ein großes Problem, alle sehen sich nach alternativen Düngerlieferanten um", sagt Daher vom Landwirtschaftsverband. "Wir beten für ein schnelles Ende des Krieges und für einen guten Sommer mit der richtigen Menge Niederschlag."

Aus dem Englischen von Jan D. Walter