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Politik

Buchhändler "will nicht aus China ausreisen"

10. Februar 2018

Der Fall des in China festgehaltenen Hongkonger Buchhändlers hat eine bizarre Wende genommen: In einem orchestrierten Interview erklärt Gui Minhai, das Land gar nicht verlassen zu wollen.

Gui Minhai (Archivbild)
Gui Minhai (Archivbild)Bild: PEN International

Nach seinem erneuten Verschwinden ist der in China festgehaltene Hongkonger Buchhändler Gui Minhai wieder aufgetaucht: In einem von den Polizeibehörden offensichtlich sorgfältig arrangierten Interview sagte der 53-Jährige aus, doch nicht ausreisen zu wollen. Er erwäge sogar, seine schwedische Staatsbürgerschaft aufzugeben. Das Interview mit ausgesuchten Medien aus China, Hongkong und Taiwan fand in einer Haftanstalt in Ningbo (Provinz Zhejiang) statt.

Der Streit um den Buchhändler hat zu einer schweren Belastung der Beziehungen mit Schweden geführt. Der 53-Jährige unterstellte "einigen Politikern" in Schweden, ihn in einem Wahljahr zu benutzen, "um der chinesischen Regierung Ärger zu machen", wie ihn die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" aus dem Interview zitierte. Schweden und auch Deutschland sowie andere EU-Staaten hatten seine Freilassung gefordert. 

Deutschlands China-Botschafter Michael Clauss (Archivbild)Bild: picture alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Der deutsche Botschafter in China, Michael Clauss, erklärte vor einigen Tagen, das chinesische Vorgehen gegen den schwedischen Staatsbürger und damit gegen einen EU-Bürger sei beispiellos. "Viele befürchten, dass es in Zukunft auch die Bürger anderer EU-Staaten treffen könnte."

Ende Januar war Gui unter den Augen von zwei schwedischen Diplomaten von Sicherheitsbeamten in Zivil aus einem Zug nach Peking geholt und abgeführt worden. Er hatte sich nach schwedischen Angaben in der Botschaft wegen einer neurologischen Krankheit medizinisch untersuchen lassen wollen. Die schwedischen Behörden verurteilten die "brutale Intervention gegen einen Schweden". Die Diplomaten hätten ihm wegen seiner Krankheit nur konsularische Unterstützung geleistet. In dem Interview gab Gui jetzt an, schwedische Diplomaten hätten ihn "angestiftet" und bedrängt, das Land zu verlassen. Am Ende sei er ihnen "auf den Leim gegangen", zitierte ihn die Zeitung. 

Demonstranten befestigen Anfang 2016 ein Bild des Buchhändlers an der Vertretung Chinas in HongkongBild: picture-alliance/AP Photo/V. Yu

Laut "South China Morning Post" hat das Polizeiministerium im Anschluss mitgeteilt, dass Gui jetzt festgehalten werde, weil er unter dem Verdacht stehe, "Staatsgeheimnisse" ans Ausland gegeben zu haben. Auf die Frage, ob er das Land verlassen wolle, sagte Gui in dem Interview: "Ich hoffe, ich kann in China leben." Schweden habe seinen Fall "aufgebauscht". "Mein wunderschönes Leben in China ist ruiniert worden, und ich würde der schwedischen Regierung nie wieder trauen." 

Menschenrechtsorganisationen verurteilten das Interview als "inszeniert". Die Wortwahl verrate, dass damit ausländische Kritik zurückgewiesen werden solle. Auch wurde bemängelt, dass Gui ohne Zugang zu einem Anwalt oder konsularische Hilfe inhaftiert sei. 

Gui Minhai ist einer von fünf Buchhändlern aus Hongkong, die politisch heikle Bücher über China herausgegeben und vertrieben hatten, bis sie 2015 unter merkwürdigen Umständen verschwanden. Alle fünf tauchten in China auf. Bis auf Gui sind alle wieder auf freiem Fuß. Drei von ihnen schweigen über die Vorfälle. 

Gui Minhai war im Oktober 2015 im Urlaub in Thailand verschwunden. Seine Familie vermutet, dass er von chinesischen Agenten verschleppt worden war. In Chinas Staatsfernsehen tauchte Gui dann wieder auf und gab ein Geständnis ab, das nach Ansicht von Menschenrechtsgruppen schon nicht freiwillig erfolgte: Er habe vor mehr als zehn Jahren in China Fahrerflucht mit Todesfolge begangen und wolle seine Strafe antreten, gab er an. Seit Absitzen einer Haftstrafe im Oktober wird Gui nach Angaben seiner Familie an der Ausreise aus China gehindert. Er lebte demnach zuletzt unter Beschränkungen in Ningbo. 

Das Verschwinden der Buchhändler hatte unter den sieben Millionen Hongkongern große Sorgen über ihre Meinungsfreiheit und Rechtssicherheit ausgelöst. Seit der Rückgabe der ehemals britischen Kronkolonie 1997 an China wird Hongkong nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" autonom regiert.

stu/jj (afp, dpa)
 

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