50 Jahre Hofer Filmtage, das ist ein Grund zum Feiern. Ein wenig geschummelt haben die Veranstalter mit dem Jubiläums-Jahr allerdings. Fröhlich gefeiert wird sowieso nicht. Festival-Chef Heinz Badewitz starb 2016.
Der verstorbene Festivalchef Heinz Badewitz und Wim Wenders bei den Hofer FilmtagenBild: Evelyn Kutschera
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50 Jahre Hofer Filmtage: Das größte "kleinste Filmfestival der Welt"
Hof ist Kult. Kein anders deutsches Filmfestival hat einen derart guten Ruf. Das hat auch mit seinem langjährigem Leiter Hans Badewitz zu tun. Im Frühjahr ist er gestorben, das Jubiläumsprogramm in Hof erinnert an ihn.
Bild: Evelyn Kutschera
Blick in den Kinohimmel
Heinz Badewitz, langjähriger Leiter der Hofer Filmtage, und Wim Wenders kannten sich seit Beginn des Festivals. Im März 2016 starb der Gründer der Hofer Filmtage überraschend. Der Schock in der Filmwelt saß tief. Nun kommen alle zur Jubiläumsausgabe (25.- 30.10.16) in das kleine Provinz-Städtchen in Franken. Auch Wim Wenders, der seinen neuen Film "Die schönen Tage von Aranjuez" mitbringt.
Bild: Evelyn Kutschera
Die Retrospektive schaut zurück
Normalerweise präsentiert die renommierte Retrospektive in Hof das filmische Werk einer Regisseurin oder eines Regisseurs. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Das Festival blickt auf die eigene Geschichte zurück - weil es ein Jubiläum zu feiern gilt. Und weil Badewitz die Seele des Festivals war. Mit ihm "konnten" alle - sogar Rainer Werner Fassbinder, hier bei einem Treffen in Hof 1971.
Bild: Hofer Filmtage
Eröffnungsfilm: "Die Blumen von Gestern"
Das Festival startet am Dienstag (25.10.2016) natürlich mit einem brandaktuellen, neuen Film. "Die Blumen von Gestern" eröffnet die Jubiläumsausgabe in Hof. Der Film von Regisseur Chris Kraus erzählt in komödiantischer Form ein heikles Thema: der Umgang mit dem Holocaust. Die zentrale Frage ist: Wie gehen diejenigen damit um, die viele Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs geboren wurden?
Neuer Film von Feo Aladag
Die österreichische Schauspielerin und Regisseurin Feo Aladag wurde 2010 mit ihrem mitreißenden "Ehrenmord"-Drama "Die Fremde" bekannt. Dafür bekam sie den Deutschen Filmpreis. Ihr vierter Film "Der Andere - eine Familiengeschichte" erzählt, wie sich das Schicksal eines Flüchtlings aus Mali unerwartet mit dem Leben eines Berliner Polizeibeamten und dessen Vater verwebt.
Bild: Hofer Filmtage
Dokumentarfilm "Die Farbe der Sehnsucht"
Die Hofer Filmtage zeigen in diesem Jahr über 120 neue Produktionen, die meisten davon als Welturaufführung. Auch Dokumentarfilme bereichern traditionell das Festivalprogramm. Regisseur Thomas Riedelsheimer präsentiert "Die Farbe der Sehnsucht" - eine Reise durch fünf Länder. In dem Film werden Menschen vorgestellt, die sehr emotional über Themen wie Heimat und Freiheit philosophieren.
Bild: Hofer Filmtage
Liebe & Kunst
Auch Dominik Graf ist dem Hofer Festival seit langem freundschaftlich verbunden. In diesem Jahr bringt er seinen neuen Fernsehfilm "Am Abend aller Tage" mit. Doch Filme von Graf sind immer cineastische Leckerbissen - geeignet auch für die große Leinwand. "Am Abend aller Tage" erzählt die Geschichte um ein verschwundenes Bild, und einen jungen Mann, der sich bei der Suche nach dem Gemälde verliert.
Bild: Hofer Filmtage
Globalisierte Filmwelt
Das Festival in Hof wirft immer einen Blick auf Produktionen aus Europa und Übersee. Der serbische Regisseur Goran Paskaljevic zeigt "Dev Bhoomi, Land of the Gods". Ein Mann kehrt nach langer Abwesenheit in sein Dorf im Himalaya zurück und muss sich einleben. Der Film ist ein Beispiel für die international zusammenwachsende Filmwelt. Wo sieht man sonst schon eine serbisch-indische Co-Produktion?
Bild: Hofer Filmtage
Neues Italienisches Kino
Das Kino Italiens kriselt schon seit Jahren. Doch immer wieder gelingen italienischen Regisseuren kleinere, unspektakuläre Filme, die tiefe Einblicke in die moderne Gesellschaft der Nach-Berlusconi-Ära erlauben. Regisseur Paolo Virzì ist einer der interessantesten Filmemacher einer mittleren Generation. Sein neues Werk "Die Überglücklichen" ist ein cineastisches Porträt zweier vitaler Frauen.
Bild: Hofer Filmtage
Französische Premieren
Französische Filme sind hingegen auch im deutschen Kinoalltag sehr präsent. Hof zeigt in diesem Jahr den neuen Film von Regisseur Philippe Lioret, einem der besten seiner Zunft. "Le fils de Jean" handelt von einem allein erziehenden Franzosen, der erfährt, dass sein leiblicher, ihm gänzlich unbekannter Vater im kanadischen Quebec gestorben ist. Daraufhin reist er nach Kanada - mit seinem Sohn.
Bild: Hofer Filmtage
Herzog & Achternbusch und andere...
Neben aktuellen Produktionen aus Deutschland und aller Welt werden die 50. Filmtage Hof in diesem Jahr auch Rückschau auf die eigene Festivalgeschichte halten. Insbesondere "bayrische" Regisseure wie Werner Herzog (li) oder Herbert Achternbusch, hier in früheren Zeiten in Hof, stehen da im Mittelpunkt. Herzog, der inzwischen in Hollywood lebt und arbeitet, hat sein Kommen zugesagt.
Bild: Hofer Filmtage
Denkwürdige Begegnungen in Hof
Das Festival in der bayrischen Provinz war immer schon eine originelle Begegnungsstätte für Filmemacher. Wer hätte noch gewußt, dass ausgerechnet ein Film wie "Zombie - Dawn of the Dead" von Horrorspezialist George A. Romero bei der 12. Ausgabe der Filmtage 1978 Deutschland-Premiere feierte. Dolmetscherin für den Regisseur war damals eine gewisse Doris Dörrie (r.), die in den USA Film studierte.
Bild: Hofer Filmtage
Film & Fußball auf dem Rasen
Fast ebenso legendär wie die Filmschau des Festivals ist das alljährlich ausgerichtete Fußballspiel zwischen dem FC Filmwelt und dem FC Hofer Filmtage. Hier fanden legendäre Begegnungen auf dem Rasen statt. Bekannte Regisseure wie Wim Wenders, Sönke Wortmann und Werner Herzog gingen hier mit Plätzen in der Torschützenliste in die Festivalgeschichte ein.
Bild: Hendrik Ertel
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Hof ist nicht das größte Filmfestival in Deutschland, und auch nicht das älteste. Auf jeden Fall aber ist es das "kultigste". Der Slogan "Hof: Home of Films" hat sich bei Fans und Kinoexperten schon lange eingebürgert und irgendwie trifft er den Kern der Veranstaltung in der bayrischen Provinz. In Hof schlägt das Herz und atmet die Seele des deutschen Films.
Dabei muss man erst einmal dorthin kommen: Wer schon mal in die abgelegene Gegend im ehemaligen deutsch-deutschen Grenzgebiet Oberfranken gereist ist, um das Festival zu besuchen, war sicherlich erstaunt, dass es dort in der Provinz überhaupt so etwas gibt: ein internationales Filmfestival!
Mitte der 1960er Jahre aus der Taufe gehoben
Hof ist nicht der Nabel der Welt - und der Filmwelt schon gar nicht. Und doch hat sich hier eines der originellsten und auch wichtigsten Festivals der Republik etabliert. Dabei ging es streng genommen damit gar nicht in Hof los, sondern in München. Ein paar junge Filmenthusiasten hatten 1966 beschlossen, ein Festival zu gründen, doch mit den in München ansässigen Kinos kam man nicht zurecht. Und so zog man ein Jahr später in die Geburtsstadt von Heinz Badewitz, ins fränkische Hof.
Badewitz war einer von drei Initiatoren der Veranstaltung, die 1967 zunächst lediglich ein paar Kurzfilme zeigte. Im Jahr darauf folgte ein weiterer Entwicklungsschub, auch weil man in Hof unbedingt einen Film zeigen wollte, der von den berühmten "Oberhausener Kurzfilmtagen" nicht berücksichtigt worden war.
In den 1970er Jahren schaffte es Heinz Badewitz mit seiner unnachahmlichen Mischung aus Charme und Fachwissen aus Hof das zu machen, was es heute noch ist: ein wichtiger Treffpunkt der deutschen und auch internationalen Filmszene. Kein anderes Filmfestival in Deutschland ist so eng mit dem Namen des Leiters verbunden. Wer ihn kennenlernen durfte, begriff schnell, was diesen Kultur- und Filmfan ausmachte: eine unvergleichliche Offenheit und Freundlichkeit, gepaart mit einem Sinn für neue Talente. Das führte dazu, dass später weltberühmte Regisseure immer wieder gern in die Provinz nach Hof reisten.
Der "Neue Deutsche Film", der mit Namen wie Fassbinder, Wenders und Herzog verbunden ist, hatte Kopf und Hirn vielleicht bei der renommierten Berlinale, sein Herz schlug aber im fränkischen Hof. Dorthin kamen alle immer gern. Und das will schon etwas heißen: Als die deutsch-deutsche Grenze noch bestand, war die Autofahrt dorthin lang und beschwerlich, die Zugverbindungen in die Provinz wenig komfortabel. Und auch nach 1989 wurde Hof nicht gerade zum Mittelpunkt Deutschlands. Der Beliebtheit des Festivals tat das keinen Abbruch.
Viele Talente aus dem In- und Ausland
Die "Hofer Filmtage", die für viele deutsche Filmemacher ein Startschuss für die große Karriere bedeuteten, hatten auch im Ausland einen guten Ruf. Badewitz lud Jahr für Jahr bekannte und auch noch gänzlich unbekannte Regisseure aus aller Welt ein: aus Europa und den USA, aus Australien und Neuseeland. Manche, die ihre ersten Filmversuche dort vorgestellt hatte, wurden Jahrzehnte später mit Retrospektiven geehrt - wie Jim Jarmusch, Amos Kollek oder Wayne Wang.
Stellvertretend für die vielen Hof-Fans seien hier nur zwei Regisseurinnen/Regisseure genannt, die zum Jubiläum auch Glückwünsche sandten. Der US-Amerikaner Bob Rafelson, Ikone des Independent-Films ("Five Easy Pieces"), dem Hof 2010 eine Retrospektive ausrichtete, sagte: "Wenn man einmal Zeit mit Heinz Badewitz verbracht hat, begleitet das einen durchs ganze Leben. Sein Filmwissen war unglaublich, aber wichtiger noch war seine Leidenschaft fürs Kino! Er hat einem den Verstand verdreht, um Raum für seine Gedanken zu schaffen. Und er war unendlich großzügig. Mit ihm schmeckten sogar die Würste gut!"
Eröffnet die 50. Hof-Ausgabe: Chris Kraus' Film "Die Blumen von Gestern"Bild: Filmfest Hof
Maren Ade: "Heinz Badewitz war das Festival"
Deutschlands neue Regiehoffnung Maren Ade ("Toni Erdmann") übermittelt dies: "Meine Kurzfilme und auch mein erster Langspielfilm 'Der Wald vor lauter Bäumen' hatten in Hof Premiere. Das Tolle an Hof war für mich immer, dass wirklich alle Filme geschaut haben. Ich habe da für mich vieles entdeckt, internationale Sachen und unvergessliche Retrospektiven wie die von Amos Kollek, Paul Morissey oder Ulli Lommel. Und unvergessen bleibt Heinz für mich - er war einfach das Festival mit seiner ganzen Energie und Empathie und Liebe zum Kino. Es ist wahnsinnig traurig, aber ich wünsche mir, dass Hof in seinem Sinne so weitergeht."
Hof wäre nicht Hof, wenn es auch in diesem Jahr nicht das machen würde, wofür Heinz Badewitz vor allem stand: neue Filme zeigen. Und so wird das Festival mit dem Kinofilm "Die Blumen von Gestern" eröffnet, dem vierten Spielfilm von Chris Kraus - auch einem alten Freund der Hofer Filmtage.