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Politik

Tod eines Umstrittenen

26. November 2016

Er regierte 57 Jahre und gilt nicht nur in linken Kreisen als politische Ikone. Fidel Castro, selbst ernannter und ewiger Revolutionär, ist tot. Kubas Regime trauert, aber längst nicht alle weinen mit.

USA Exil-Kubaner jubeln nachdem Fidel Catro gestorben ist
Von wegen Trauer: Die Exil-Kubaner in Miami feiernBild: picture alliance/dpa/G. De Cardenas

Donald Trump machte es kurz: "Fidel Castro ist tot!", twitterte er am Samstagmorgen. Später legte er nach: Der Revolutionsführer sei "ein brutaler Diktator" gewesen. Als US-Präsident schon gewählt, aber noch nicht im Amt, versprach Trump, seine Regierung werde alles dafür tun, um dem kubanischen Volk den Weg "in Richtung Wohlstand und Demokratie" zu ebnen.

Klare, aber auch diplomatische Worte fand Noch-Präsident Barack Obama, der die kubanische Nation als "Freund und Partner" bezeichnete. Beinahe sechs Jahrzehnte lang hätten "Streit und schwerwiegende politische Differenzen" die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba geprägt. Er habe sich bemüht um eine neue Zukunft, die sich auf Gemeinsamkeiten konzentriere, so Obama.

Ein Tag für Kubas Exilanten

Eher sparsam in der Wortwahl fällt das Telegramm aus dem Vatikan aus, worin Papst Franziskus dem kubanischen Volk sein Beileid ausspricht. Es sei eine "traurige Nachricht", er werde für den Verstorbenen beten, schrieb er. Anders als andere ehemals kommunistische Staaten hatte Castro, obwohl Atheist, nie ganz mit der Katholischen Kirche gebrochen. Noch im September 2015 war Franziskus in Havanna mit Castro zusammengetroffen. 

26. November 2016: Ein einfacher letzer Gruß vor dem kubanischen Botschaftsgebäude in BerlinBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Von großer Sympathie für den ewigen Revolutionär gezeichnet ist die Stellungnahme des brasilianischen Befreiungstheologen Leonardo Boff. Er habe den kubanischen Staatschef "als charismatische Persönlichkeit sehr geschätzt", sagte er Boff, der zurzeit zu Besuch in Berlin ist. Castro sei "seinen Ideen des Sozialismus immer treu geblieben". Er würdigte auch den jesuitischen Hintergrund Castros. Er habe die christlichen Traditionen gekannt.    

Ganz andere Töne schlagen fast alle Exilkubaner an. Vor allem die, die im US-Bundesstaat Florida leben. "Gut, dass er tot ist", sagt ein junger Mann dem Reporter in Havanna ins Mikrofon. "Jetzt fehlt nur noch der Bruder", ergänzt der 22-Jährige und macht aus seinem Zorn auf Castro und seinen Bruder Raúl kein Hehl. Er müsse sich prostituieren, um über die Runden zu kommen. Was der Inselstaat brauche, seien Jobs und die gebe es nicht.

Regelrecht gefeiert wird Castros Tod unter den Exilkubanern in Miami. Mit Autokorsos und Hupkonzerten zelebrieren die jahrzehntelangen politischen Gegner des Máximo Líder die Nachricht vom Ableben des historisch umstrittenen Staatsmannes. Keinen Grund zum Trauern hat auch die Gemeinde der Exilkubaner in Spanien. "Über den Tod eines Menschen freue ich mich nie, aber für uns Kubaner ist es eine gute Nachricht", sagte Antonio Guedes, Präsident der Kubanischen Liberalen Union ULC, im Gespräch mit der DW: "Castros Tod ist ein kleiner, aber wichtiger Schritt hin zum Ende seines menschenverachtenden Regimes."

Revolutionäre Romantik und echter Glaube an die Idee

Die ersten politischen Reaktionen aus aller Welt fallen diplomatischer aus. Frankreichs Staatspräsident François Hollande würdigt Castro als "eine Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts". Er habe die kubanische Revolution sowohl mit ihren Hoffnungen als auch mit ihren Enttäuschungen verkörpert, sagte er in Paris und erinnerte daran, dass Frankreich stets die Menschenrechtsverletzungen in Kuba angeprangert, sich gleichzeitig aber immer gegen das US-Embargo ausgesprochen habe. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy sprach den Kubanern per Twitter sein Beileid aus, dabei nannte der konservative Politiker Castro eine "Figur von historischer Bedeutung". 

Zu Besuch im anderen Deutschland: Castro in Ost-Berlin im Juni 1972 Bild: picture-alliance/AP Photo/R. More

Ein "Symbol einer Epoche", so die Worte des Kremlchefs Wladimir Putin am Morgen in einem Telegramm an Kubas Staatschef Raúl Castro. "Fidel war ein aufrichtiger und verlässlicher Freund Russlands", so Putin. Michael Gorbatschow, letzter Präsident der Sowjetunion, erinnerte an Castros Widerstand gegen die "härteste Blockade" der USA, aus der Kuba gestärkt hervorgegangen sei.  

Geradezu lyrisch mutet die allererste Reaktion aus Moskau an. Sowohl Castro als auch sein Kampfgefährte Che Guevara hätten ein Leben voll von "revolutionärer Romantik und echtem Glauben an die Idee" geführt, schrieb der russische Außenpolitiker Konstantin Kossatschow auf Facebook. Allerdings gestand der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im russischen Föderationsrat ein, dass Kuba "unter ihm keine aufblühende Oase" war.

Gennadi Sjuganow, Chef der Kommunistischen Partei Russlands sprach sich dafür aus, Kuba weiter zu unterstützen und sich als treuer Freund zu erweisen. Verbalen Trost spendete auch Chinas Staatschef Xi Jinping. Das chinesische Volk habe einen "guten und wahrhaftigen Genossen verloren", ließ er ausrichten und: "Genosse Castro wird immer weiterleben."

Castro, eine Ikone der Linken

Besonders zahlreich waren die Reaktionen auf Castros Tod in Lateinamerika. Er war wie mein "zweiter Vater", sagte Fußball-Legende Diego Armando Maradona in Buenos Aires, er sei fürchterlich traurig. "Fidel hat sich auf den Weg in die Unsterblichkeit jener gemacht, die ihr ganzes Leben kämpfen", twitterte Venezuelas sozialistischer Regierungschef Nicolás Maduro. Rafael Correa, Staatschef in Ecuador, würdigte den Verstorbenen als einen Großen, der von uns gegangen sei. Und Fidels ehemaliger Guerilla-Kommandeur Salvador Sánchez Cerán, derzeit Präsident von El Salvador schrieb: "Fidel wird für immer im Herzen der solidarischen Völker leben, die für Gerechtigkeit, Würde und Brüderlichkeit kämpfen." Getoppt wird diese Einschätzung nur noch von Evo Morales. Der bolivianische Präsident nennt Castro schlicht einen "Giganten der Geschichte".

Gern auch im Sport der Größte: Castro, schon hoch betagt als Baseballer Bild: Reuters/A. Winning

Nüchterner fallen die Reaktionen in Brüssel aus. "Eine historische Persönlichkeit des vergangenen Jahrhunderts", sei Castro gewesen, erklärte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und "die Verkörperung der kubanischen Revolution". Über sein Vermächtnis werde die Geschichte entscheiden. Und Martin Schulz, Noch-Präsident des Europaparlaments, schrieb auf Twitter: "Fidel Castro hat Kuba, Lateinamerika und die Weltpolitik geprägt. Ein Kapitel der Geschichte schließt sich. Die EU schaut gemeinsam mit dem kubanischen Volk in die Zukunft."