Alter Boss schießt gegen neuen Chef: Joseph S. Blatter legt mit seiner Kritik an FIFA-Präsident Gianni Infantino nach und fordert nun ein Verfahren der hauseigenen Ethikkommission.
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Der Amtsvorgänger feuert die nächste Salve auf seinen Nachfolger: Ex-FIFA-Präsident Joseph S. Blatter hat nach den Football-Leaks-Enthüllungen über das besondere Verhältnis seines Amtsnachfolgers Gianni Infantino zu dem Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber und Staatsanwalt Rinaldo Arnold Konsequenzen gefordert. Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes müsse "eine Untersuchung gegen Infantino einleiten", sagte der 82-Jährige der französischen Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch.
Blatter forderte von Infantino Antworten auf die vielen offenen Fragen. "Wo ist die Transparenz, die Infantino während seiner Wahl gepredigt hat?", sagte der Schweizer: "Er sollte sich selbst der Ethikkommission stellen, um zu beweisen, dass sie transparent arbeitet."
Infantinos Geschenke an den Staatsanwalt
Die Football-Leaks-Enthüllungen bezüglich Infantino hatten Vorwürfe zu Tage gebracht, wonach Arnold von Infantino mehrere Geschenke angenommen haben soll. Als Gegenleistung sollte er den Kontakt zwischen Infantino und Lauber herstellen. So wollte Infantino angeblich an Informationen über den Stand der Ermittlungen im Korruptionsskandal kommen.
Blatter selbst war Ende 2015 von der FIFA-Ethikkommission im Zuge des FIFA-Korruptionsskandals wegen Verdachts der ungetreuen Geschäftsführung gesperrt worden. Wenige Wochen später wählte der FIFA-Kongress Infantino zum neuen Verbandschef.
jw/qu (mit sid, dpa)
Ausgeblattert: Das Ende einer FIFA-Karriere
Die FIFA-Ethikkommission beendet vorzeitig die Ära Joseph Blatter im Fußball-Weltverband. Vier Jahrzehnte lang hat der Schweizer die FIFA geprägt - und alle Krisen ausgesessen. Am Ende aber stolpert er doch.
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Scherbenhaufen
Die FIFA-Ethikkommission suspendiert nicht nur seinen Präsidenten Joseph Blatter, sondern auch dessen designierten Nachfolger, UEFA-Chef Platini. Für den Franzosen dürften damit seine Ambitionen auf den Posten des höchsten Fußballfunktionärs erledigt sein. Blatter jedoch steht vor den Scherben seines Lebenswerks.
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Steile Karriere
Als Blatter 1975 zur FIFA kommt, hat er bereits einige interessante Posten in seinem Lebenslauf. Zentralsekretär des Schweizerischen Eishockeyverbandes, Pressechef der Schweizer Sportverbände und Direktor für Öffentlichkeitsarbeit bei einem führenden Schweizer Uhrenhersteller. Auf Betreiben von Adidas-Chef Adolf Dassler landet er bei der FIFA und wird dort 1981 Generalsekretär.
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Ganz nach oben
Nach 17 Jahren als Generalsekretär unter FIFA-Präsident Joao Havelange sieht der ehrgeizige gelernte Diplom-Volkswirt seine Chance gekommen, selbst das Präsidentenamt zu übernehmen. 1998 gewinnt er gegen den eigentlich favorisierten damaligen UEFA-Präsidenten Lennart Johansson (l.) und wird Nachfolger Havelanges. Direkt danach gibt es Gerüchte, er habe sich seine Stimmenmehrheit erkauft.
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Riesige Verluste
Regelmäßig wird Blatter finanzielles Missmanagement vorgeworfen. Ein Jahr nach seiner Wahl geht sein eigener Generalsekretär Michel Zen-Ruffinen (r.) in die Offensive und beschuldigt Blatter, im Bereich Marketing 100 Millionen US-Dollar Verlust gemacht zu haben. Blatter verhindert eine interne Untersuchung, übersteht eine Klage vor einem Schweizer Gericht und schmeißt Zen-Ruffinen hochkant raus.
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And the winner is… Deutschland!
Im Sommer 2000 wird der Schweizer auch für den deutschen Fußball zum entscheidenden Mann. Alles hängt an seinen Lippen, als er verkündet, dass die WM 2006 nach Deutschland geht. Die deutschen Fans freuen sich auf das Sommermärchen - Blatter arbeitet derweil daran, seine Hausmacht innerhalb der FIFA zu zementieren. 2002 gelingt die Wiederwahl - wieder begleitet von Gerüchten über Stimmenkauf.
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Stimmenbeschaffer aus Nah-Ost
Enger Vertrauter Blatters ist in dieser Zeit Mohammed bin-Hammam, FIFA-Exekutivmitglied aus Katar. Als Blatter 2007 beginnt, in ihm einen Konkurrenten zu sehen, entzweien sich die beiden. 2011 tritt Bin-Hammam bei der Präsidentenwahl gegen Blatter an - und sieht sich plötzlich mit Bestechungsvorwürfen konfrontiert. Er zieht seine Kandidatur zurück und wird später von der FIFA lebenslang gesperrt.
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Zwei Lichtgestalten
Eng ist damals Blatters Verhältnis zu WM-Botschafter Franz Beckenbauer. Beckenbauer gibt sich auch Jahre später, als sich Korruptionsvorwürfe häufen, stets diplomatisch in Bezug auf den FIFA-Präsidenten. Auch als Blatter 2012 behauptet, die WM 2006 sei "gekauft" und als Beckenbauer 2014 kurzzeitig von der FIFA suspendiert wird, sagt der Kaiser: "Zwischen uns bleibt nichts hängen."
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Im Kreise der Mächtigen
Gerne umgibt sich Blatter mit den Großen und Mächtigen der Welt. UN-Generalsekretäre, der eine oder andere Staatspräsident, der Papst - mit allen trifft sich der mächtigste Mann im Fußball früher oder später. 2004 geht er bei Südafrikas Volksheld Nelson Mandela fast ein und aus - schließlich hat Blatter versprochen, die nächste WM nach Afrika zu bringen und das Land am Kap erhält den Zuschlag.
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Die Hauptperson bin ich
Blatter genießt seine Macht. Er reist durch die Welt, lässt sich hofieren und empfangen wie ein Staatsgast. Besonders gerne ist er bei den kleineren Verbänden in Afrika und Asien zu Gast, die in ihm eine Mischung aus dem Messias und Mutter Theresa sehen. Blatter ist großzügig, spendiert hohe Geldsummen und lässt es zu, dass man ihm huldigt wie einem Halbgott.
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Europa als Quertreiber
Vor allem in Europa gibt es dagegen Gegenwind für Blatter: Spätestens als der entgegen seiner Ankündigung erklärt erneut zu kandieren, würden UEFA-Präsident Platini (2.v.r.) und DFB-Präsident Niersbach (r.) Blatter lieber heute als morgen loswerden. Eine echte Handhabe oder Beweise gegen ihn haben sie nicht. Zudem scheuen sie eine eigene Kandidatur.
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Gegen alle Widerstände
Auch der Versuch, einen anderen geeigneten Gegenkandidaten aufzubauen scheitert. Die Verhaftungen mehrerer FIFA-Funktionäre unmittelbar vor dem Kongress in Zürich, verhindern die Wahl ebenfalls nicht. Am Ende siegt wieder Blatter, weil alle anderen Kandidaten sich zurückgezogen haben. Direkt nach der Bestätigung im Amt, teilt Blatter kräftig gegen seine Kritiker aus.
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Rücktritt ja, aber nicht sofort
Vier Tage nach seiner umstrittenen Wiederwahl schmeißt FIFA-Präsident Sepp Blatter die Brocken hin. Er kündigt seinen Rücktritt für Anfang 2016 an. 17 Jahre lang ist der eitle Schweizer nun schon erster Mann der FIFA. Das will er unbedingt auch noch so lange bleiben, bis sein Nachfolger feststeht. Allen Forderungen nach einem sofortigen Rücktritt erteilt er eine Absage.
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Abgang
Dann aber ermittelt die Schweizer Justiz gegen ihn persönlich. Der Vorwurf: Verkauf von WM-Fernsehrechten zu Dumpingpreisen an seinen ehemaligen Vize Jack Warner, dazu eine dubiose Millionenzahlung an Michel Platini. Das Faß läuft über, die FIFA-Ethikkommission zieht Blatter aus der Verkehr - und auch Platini.