Infantino auf Konfrontationskurs mit UEFA
26. Oktober 2018An diesem Freitag wird es wohl heiß hergehen, wenn das FIFA-Council, das höchste Gremium des Fußball-Weltverbands, in Kigali, der Hauptstadt Ruandas, zusammensitzt. Punkt 4 der Tagesordnung ("Zukunft von Wettbewerben") birgt Potential für heftige Diskussionen bis hin zum Streit: Es geht um die künftige Ausgestaltung der FIFA Klub-WM und der Nations League sowie die kommerzielle Strategie dahinter.
25 Milliarden Dollar in zwölf Jahren
Im vergangenen Juni, kurz vor der WM in Russland, hatte das Council die umstrittenen Pläne von FIFA-Chef Gianni Infantino noch auf Eis gelegt. Infantino wollte die Klub-WM auf 24 Teams aufblähen und alle vier Jahre ausspielen lassen sowie an Stelle des Confederation Cups eine globale Nations League auf den Weg bringen. Sein Köder waren angeblich garantierte Einnahmen von 25 Milliarden Dollar (rund 22 Milliarden Euro) über einen Zeitraum von zwölf Jahren.
Das Geld sollte von einem internationalen Finanzkonsortium aufgebracht werden. Infantino wollte nicht verraten, wer sich hinter dem Angebot verbirgt. Nach Medienberichten wird das Konsortium vom japanischen Telekommunikations- und Medienkonzern Softbank angeführt, auch Saudi-Arabien und China sollen beteiligt sein.
Infantinos Vorstoß scheiterte zunächst vor allem am Widerstand der Europäischen Fußball-Union UEFA, die in einer neuen, größeren Klub-WM eine Konkurrenzveranstaltung zur Champions League witterte. Angeblich will der FIFA-Chef in Kigali jetzt einen weiteren Vorschlag auf den Tisch legen, der die UEFA-Vertreter endgültig auf die Palme bringen dürfte.
Klub-WM mit mehr Teams einmal im Jahr?
Die Nachrichtenagentur AP und die britische Zeitung "The Guardian" berichten übereinstimmend unter Berufung auf FIFA-Quellen, Infantino wolle die um Teilnehmer aufgestockte Klub-WM jetzt sogar alljährlich ausspielen lassen - immer im Juli oder August, wobei der FIFA-Chef auch für andere Terminvorschläge offen sei. Das wäre eine offene Provokation der UEFA, deren Präsident Aleksander Ceferin schon die vorhergehenden Pläne als "hochgradig zynisch" und als "skrupellosen Merkantilismus" abgelehnt hatte. Ähnlich hatte sich Andrea Agnelli geäußert, Präsident von Juventus Turin und Nachfolger von Karl-Heinz Rummenigge als Vorsitzender der einflussreichen "European Club Asscociation". Agnelli bezeichnete die Finanzprognose Infantinos als "dubios" und wies darauf hin, dass der Fußball-Terminkalender bis 2024 schon stehe. Zuletzt meldete sich auch DFB-Präsident Reinhard Grindel zu Wort. Gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" lehnte er das Vorhaben strikt ab. Seiner Meinung nach fehlten "wichtige Grundlagen für eine solch weitreichende sportpolitische Weichenstellung."
Real und Barca auf Infantinos Seite
Infantino zeigte sich von dem Widerstand der Europäer unbeeindruckt. Schon im Mai lud er angeblich Vertreter von sieben europäischen Topklubs zu einem Geheimtreffen nach Zürich ein: Neben Juventus Turin die spanischen Renommiervereine FC Barcelona und Real Madrid, den FC Bayern, Paris St. Germain, Manchester United und Manchester City. Real und Barca hat der FIFA-Chef offenbar bereits überzeugen können.
Erster Etappensieg für Infantino?
Und auch im FIFA-Council könnte sich inzwischen die Stimmungslage geändert haben. Schließlich stellt die UEFA nur neun der 36 Mitglieder, sprich ein Drittel. Unter den restlichen zwei Dritteln dürfte sicher der eine oder andere sein, der bei der Aussicht auf garantierte Einnahmen von mehr als 100 Millionen Euro pro Klub-WM-Teilnehmer glänzende Augen bekommt. Laut AP haben die Vertreter der anderen Kontinentalverbände Infantino bereits signalisiert, dass sie grundsätzlich eine Reform der Wettbewerbe unterstützen würden. Es wird ohnehin nicht damit gerechnet, dass der FIFA-Präsident bereits in Kigali über die detaillierten Pläne abstimmen lassen wird - wohl aber über seine grundsätzliche Absicht, die Klub-WM neu zu gestalten und an die Stelle des Confederation Cups eine globale Nations League treten zu lassen. Für Infantino wäre es ein erster Etappensieg.