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FIFA erlaubt Torlinientechnik

Andreas Sten-Ziemons5. Juli 2012

Das Regelkomitee des Weltverbandes macht den Weg frei für eine Revolution im Fußball. Nachdem Schiedsrichter bislang auf Tatsachenentscheidungen angewiesen waren, dürfen sie nun technische Hilfsmittel nutzen.

Der deutsche Nationaltorwart Manuel Neuer steht in der Luft und sieht den Ball hinter sich auf den Boden fallen. Der Schuß des englische Spielers Frank Lampard kommt hinter der Linie auf, der Schiedsrichter lässt aber weiterspielen. Die Deutsche Nationalelf gewinnt das Viertelfinale der WM 2010 im südafrikanischen Bloemfontein mit 4:1 (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

War der Ball hinter der Linie oder war er es nicht? Diese zentrale und oft heiß diskutierte Frage im Fußball könnte bald vor der endgültigen und zweifelsfreien Klärung stehen. Sie soll nämlich künftig auch durch technische Hilfsmittel beantwortet werden. Das hat das FIFA-Regelkomitee IFAB in Zürich nach langen Beratungen entschieden. Die obersten Regelhüter des Fußball-Weltverbandes geben damit grünes Licht für die Einführung technischer Systeme, die dem Schiedsrichter anzeigen, ob der Ball die Torlinie überschritten hat oder nicht. Eine Revolution für den Fußball und die Arbeit der Schiedsrichter, die bisher nur auf ihre eigenen Augen und die Hilfe ihrer Assistenten an der Seitenlinie angewiesen waren.

Technik-Revolution bei der FIFA

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Doch die nach bestem Wissen und Gewissen gefällten "Tatsachenentscheidungen" der Herren in Schwarz hatten in der Vergangenheit oft für Ärger gesorgt. Dann nämlich, wenn das Fernsehen mit seinen Zeitlupen aus zahllosen Kameraperspektiven bewies, dass das Urteil der Unparteiischen falsch war. So wie zuletzt bei der Fußball-EM, als der Schiedsrichter Co-Gastgeber Ukraine im entscheidenden Gruppenspiel gegen England ein reguläres Tor nicht anerkannte.

Zwei funktionierende Alternativen

Das soll nun anders werden, dank "Hawk-Eye" und "GoalRef". Diese beiden Systeme, die bereits in der Praxis erprobt worden sind, sollen den Schiedsrichtern ihre Arbeit künftig erleichtern. Das englische System "Hawk-Eye" kommt bereits bei anderen Sportarten wie Tennis oder Cricket zum Einsatz. Mehrere Kameras werden so positioniert, dass sie aus unterschiedlichen Perspektiven mehrere hundert Bilder pro Sekunde aufnehmen. So kann die Position des Balles in 3-D-Simulationen bis auf wenige Millimeter genau dargestellt werden. Das System wurde vom britischen Mathematiker Dr. Paul Hawkins entwickelt, es hat aber einen Nachteil: Ist die Sicht auf den Ball behindert, kann auch die modernste Kamera nichts zeigen. Außerdem ist das System nicht gerade preiswert.

So sieht der "GoalRef"-Ball von innen aus - die Flugeigenschaften sollen sich durch den Chip nicht ändernBild: Oliver Braun

Bei der deutschen Alternative "GoalRef" vom Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) in Erlangen, die bereits im Handball erprobt wurde, befindet sich ein Chip im Ball und ein Magnetfeld am Tor. An der Strafraumgrenze und hinter dem Tor werden dünne Stromkabel verlegt. Computerunterstützt wird dem Schiedsrichter sofort auf einer speziellen Armbanduhr ein Signal übermittelt, sobald der Ball die Torlinie in vollem Umfang überquert. Das System funktioniert ähnlich wie der Diebstahlschutz im Kaufhaus. Der Chip kann theoretisch in jeden Ball eingesetzt werden.

Ohne Gegenstimme

Die Entscheidung des FIFA-Gremiums fiel einstimmig aus. Allerdings soll der Einsatz der neuen Systeme auf FIFA-Ebene vorerst nur für die Club-WM im Dezember in Japan, den Confederations Cup 2013 und die WM 2014 in Brasilien gelten. Genehmigt wurde auch der weitere Einsatz von Torrichtern. Dabei handelt es sich um zwei zusätzliche Unparteiische, die hinter der Torauslinie einige Meter neben dem Tor stehen und bei Tor- und Elfmeterentscheidungen assistieren sollen. Die Entscheidung darüber, welche technischen Hilfsmittel oder ob Torrichter zum Einsatz kommen, darf jeder Veranstalter selbst treffen. So könnte es sein, dass die englische Liga künftig "Hawk-Eye" und Torrichter einsetzt, während in der Bundesliga "GoalRef" das Hilfsmittel der Wahl ist.

Die infrage kommenden technischen Systeme müssen allerdings zuvor noch vom Weltverband zertifiziert werden. Mit der Entscheidung findet eine jahrelange Diskussion über den Technik-Einsatz im Fußball wohl ein vorläufiges Ende.