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FIFA-Turnier: Großer Schritt für afghanische Fußballerinnen

Matt Pearson
17. Oktober 2025

Nach der Rückkehr der Taliban nach Afghanistan flohen viele Fußballerinnen aus dem Land. Nun startet eine Frauen-Flüchtlingsmannschaft erstmals bei einem Turnier des Weltverbands FIFA - in Dubai.

Torfrau Montaha Moslih bei einer Trainingseinheit der afghanischen Frauen-Fußball-Flüchtlingsmannschaft in Melbourne
Torfrau Montaha Moslih - hier beim Training in Melbourne - steht im afghanischen Kader für das FIFA-Turnier in DohaBild: Kelly Defina/Getty Images

"Es kommen viele Emotionen hoch, eine Mischung aus Aufregung und Vorfreude auf das Turnier", sagt die afghanische Verteidigerin Najma Arefi der DW. "Aber gleichzeitig ist es auch eine große Verantwortung." Vier Jahre nach der neuerlichen Machtergreifung der Taliban werden aus Afghanistan geflohene Fußballerinnen wieder offiziell für ihr Heimatland antreten.

Im Rahmen der "FIFA Unites: Women's Series" trifft die neu gegründete afghanische Frauenfußballmannschaft für Flüchtlinge vom 23. bis 29. Oktober bei einem Mini-Turnier in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf die Nationalteams aus dem Tschad, Libyen und dem Gastgeberland.

"Es geht nicht nur darum, das Trikot der afghanischen Frauenmannschaft zu tragen", sagt Arefi. "Es geht auch darum, so viele afghanische Frauen zu vertreten, die zum Schweigen gebracht wurden und keine Stimme haben, um sich der Welt mitzuteilen. Ihnen wurden alle Menschenrechte verwehrt."

Seit die Taliban 2021 nach dem Abzug der US- und NATO-Truppen wieder die Macht in Afghanistan übernahmen, wurden Frauen und Mädchen im Land fast vollständig ihrer Rechte beraubt. Nur für dringende Besorgungen und voll verschleiert dürfen sie ihre Häuser verlassen - und nur wenn, ein Mann sie begleitet. Von weiterführenden Schulen und Universitäten sind sie ausgeschlossen. Und Frauen dürfen auch keinen Sport treiben.

Leben "wie im Gefängnis"

Für Frauen wie die damals 17 Jahre alte Arefi war die Ausreise aus ihrem Heimatland die einzig sinnvolle Option. "Ich habe etwa einen Monat lang unter dem Taliban-Regime gelebt. Als Mädchen war das ein Albtraum", berichtet die 21-Jährige. "Ich habe auch drei jüngere Schwestern. Eines der größten Probleme zu dieser Zeit war, dass die Taliban-Soldaten junge Mädchen [gegen ihren Willen - Anm. d. Red.] heirateten. Diese Nachricht verbreitete sich, und meine Eltern waren sehr, sehr besorgt, was sie mit uns machen sollten."

An Fußballspielen sei gar nicht zu denken gewesen. "Als Sportlerinnen war es für uns zu dieser Zeit noch riskanter und gefährlich, dort zu leben", erinnert sich Arefi. "Ich konnte nicht einmal aus dem Haus gehen, um einzukaufen oder irgendetwas anderes zu tun. Ich lebte wie in einem Gefängnis."

Taliban schränken Internet-Zugang ein

Arefi hat sich inzwischen dauerhaft in England niedergelassen. Sie versucht, mit so vielen Familienmitgliedern und Freunden wie möglich in Afghanistan in Kontakt zu bleiben. Doch die massiven Einschränkungen des Zugangs zu sozialen Medien und die Abschaltung des Internets Ende September durch die Taliban haben die Menschen in Afghanistan noch weiter isoliert, insbesondere die Frauen.

Sie sollen beim Turnier in Dubai für Afghanistan spielenBild: Kelly Defina/Getty Images

"Wir hoffen sehr, dass sie uns zuschauen [die FIFA überträgt die Spiele des Turniers per Livestream - Anm. d. Red.] und uns als Inspiration für sich selbst wahrnehmen können", sagt Abwehrspielerin Arefi. "Denn im Moment läuft in Afghanistan so viel schief."

Neue FIFA-Strategie 

Wie sie sind viele afghanische Fußballerinnen ins Ausland geflohen. Eine Flüchtlingsmannschaft, die in der regionalen Liga der australischen Metropole Melbourne spielt, war de facto das afghanische Frauen-Nationalteam und wollte auch als solches anerkannt werden. Seit Jahren kämpfen die Spielerinnen dafür - angeführt von Khalida Popal, der Kapitänin der früheren Nationalmannschaft.

Zunächst stießen ihre Forderungen beim Weltverband FIFA auf taube Ohren - bis zum vergangenen Mai. Da verkündete die FIFA eine neue "umfassende Strategie, um afghanische Frauen bei der Teilnahme am Fußball zu unterstützen, unabhängig davon, ob sie im Land leben oder außerhalb des Landes ansässig sind".

Ein erster wichtiger Schritt war die Einladung zu dem bevorstehenden Turnier in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Erstmals seit 2021 wurde dafür offiziell ein Frauen-Kader Afghanistans bekanntgegeben. Von den 23 Spielerinnen, die nach Dubai reisen, leben 13 in Australien, fünf in Großbritannien, drei in Portugal und zwei in Italien. Trainiert werden sie von Pauline Hamill, einer ehemaligen schottischen Nationalspielerin.

Emotionales Wiedersehen

Im St. George's Park in der englischen Kleinstadt Burton upon Trent, dem Trainingszentrum des englischen Fußball-Verbands FA, trafen sich Ende August afghanische Fußballerinnen zu einem von der FIFA organisierten Auswahlcamp. Ein emotionaler Moment, denn viele kannten sich von früher.

"Einige der Mädchen kamen aus anderen Ländern. Wir haben uns herzlich umarmt, voller Freude, uns nach so langer Zeit wiederzusehen", sagt Najma Arefi. "Als wir den Platz betraten, hatte ich nicht das Gefühl, dass wir so lange getrennt waren. Denn der Fußball hat uns wieder als Team zusammengebracht und uns ermöglicht, unsere Widerstandsfähigkeit und unsere Verbundenheit zu zeigen."

Najma Arefi hat ihre Lebensfreude wiedergefundenBild: Molly Darlington/FIFA/Getty Images

Arefi bringt den Fußball mit der Ausbildung, die ihr in Afghanistan verwehrt geblieben ist, unter einen Hut. Ihre Erfahrungen in der Heimat haben sie motiviert, Strafrecht und Sozialarbeit zu studieren. Im kommenden Jahr will sie an die Universität zu gehen.

"Ich möchte Menschenrechtsanwältin werden und mich für Frauen und Mädchen einsetzen, die nicht die Möglichkeiten nutzen können, die ich hier habe." Und die afghanische Fußballerin hat eine Botschaft an die Taliban: "Wir sind immer noch da. Wir kämpfen immer noch für die Stimme, die ihr uns genommen habt."

Dieser Artikel wurde aus dem englischen Original "Football: Afghanistan women take big step to recognition"adaptiert.

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